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       # taz.de -- Meron Mendel über Anerkennung Palästinas: „Ein Staat ist unausweichlich“
       
       > Drei weitere europäische Staaten erkennen Palästina offiziell als Staat
       > an. Auch Deutschland sollte ein Zeichen setzen, findet der Historiker
       > Mendel.
       
   IMG Bild: Flagge ohne Staat: Menschen stehen hinter einer großen Palästina-Fahne in Chan Junis im Oktober 2022
       
       taz: Norwegen, Spanien und Irland haben am Dienstag Palästina [1][als Staat
       anerkannt]. Was will das Trio damit bezwecken? 
       
       Meron Mendel: Das ist ein symbolischer Schritt, der den Druck auf die
       israelische Regierung unter Netanjahu erhöhen soll. Er war überfällig, denn
       nicht erst seit dem 7. Oktober, sondern schon viel länger zeigt die
       Regierung keinerlei Interesse für einen Friedensprozess.
       
       Sie sehen die Anerkennung also als Bestrafung der [2][Netanjahu-Regierung?]
       
       Das ist das falsche Framing. In den internationalen Beziehungen geht es
       darum, Anreize zu schaffen. Die Anerkennung ist ein Versuch, Druck
       aufzubauen, um einen Waffenstillstand in Gaza zu erreichen, und den
       aktuellen Tiefpunkt zu nutzen, um einen Friedensprozess zwischen Israel und
       den Palästinensern in Gang zu setzen.
       
       Nun haben Norwegen, Spanien und Irland allerdings keine Gegenleistung von
       palästinensischer Seite gefordert. Wäre es nicht politisch klüger, auf
       einen Prozess hinzuarbeiten, bei dem Staaten wie Saudi-Arabien eine
       Anerkennung Israels in Aussicht stellen, bei dem sich aber auch die
       Palästinenser zu ernsthaften Verhandlungen verpflichten? 
       
       Mit der Anerkennung gibt man nicht alles aus der Hand. Sie ist eine
       Reaktion auf Netanjahu, der einen palästinensischen Staat immer verhindern
       wollte, durch eine Stärkung der Hamas als Gegengewicht zur
       Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Im Umkehrschluss stärkt man mit
       der Anerkennung Palästinas als Staat die PA.
       
       Man könnte auch argumentieren, dass die Hamas für ihr [3][Massaker belohnt
       wird.] Ohne den 7. Oktober wäre es nicht zur Anerkennung gekommen. 
       
       Nein, das wird sie nicht. Die Hamas ist nicht der Repräsentant des
       palästinensischen Staates. Palästina wird von der PA repräsentiert. Die
       Stärkung der PA ist alles andere als eine Belohnung für die Hamas. Ich
       erinnere an die Bilder von 2006, als Hamas-Terroristen Palästinenser der PA
       von Hochhäusern schmissen.
       
       Die Hamas hat die Anerkennung allerdings begrüßt. 
       
       Sie versucht natürlich, sie als ihre Errungenschaft zu framen. Aber wir
       können nicht jede internationale Entwicklung an der Frage messen, was die
       Hamas sagt oder wie sich Netanjahu dazu verhält. Die Frage ist: Wie können
       wir Anreize schaffen, um kompromissbereite Kräfte auf beiden Seiten zu
       stärken?
       
       Arabische Staaten haben am Montag gefordert, dass andere EU-Staaten dem
       Vorbild des Trios folgen. Der saudische Außenminister argumentierte, Israel
       müsse akzeptieren, dass es ohne palästinensischen Staat nicht existieren
       kann. Sollte Deutschland Palästina auch anerkennen? 
       
       Ich brauche nicht die Saudis, um genau diese Position zu vertreten.
       Deutschland und die gesamte EU sollten damit ein klares Zeichen setzen,
       dass Netanjahus Strategie nicht aufgeht und dass ein palästinensischer
       Staat, der schon in den neunziger Jahren in Aussicht gestellt wurde,
       unausweichlich ist.
       
       Fordern Sie das nur oder rechnen Sie auch damit? 
       
       Wir erleben dieser Tage eine Eskalation in Rafah, und mir scheint, dass die
       israelische Regierung sich von internationalem Druck nicht beeindrucken
       lässt. Wenn Netanjahu diese Politik fortsetzt, ist nicht auszuschließen,
       dass weitere Länder die Anerkennung Palästinas als notwendig betrachten.
       
       Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien und andere haben Palästina vor
       Jahrzehnten anerkannt. Warum ist Westeuropa zögerlich? 
       
       Das hat mit dem Ostblock zu tun. Auch die Sowjetunion hatte Palästina 1988
       anerkannt. Während die meisten west- und nordeuropäischen Staaten die
       US-Linie verfolgten, Palästina erst im Zuge einer Konfliktlösung
       anzuerkennen, ging man dort davon aus, dass Israelis und Palästinenser
       ihren Konflikt früher oder später ohnehin beilegen würden.
       
       Bringen sich die Europäer jetzt wieder als Vermittler in Nahost ins Spiel,
       auch mit Blick auf eine [4][erneute Präsidentschaft Trumps] in den USA? In
       seiner Amtszeit hat er die USA durch eine komplett einseitig proisraelische
       Position unglaubwürdig gemacht. 
       
       Trump würde die Situation noch aussichtsloser machen. Die Rolle der USA als
       Motor für eine konstruktive Lösung ist fast unersetzlich. Die Europäer
       schwächt, dass es in der EU sehr unterschiedliche Positionen gibt, von
       Orbán in Ungarn, der sich als großer Netanjahu-Unterstützer positioniert,
       bis hin zu Spanien und Irland. Es gibt drei Akteure, die nur im
       Zusammenspiel die Karre aus dem Dreck ziehen können: die Amerikaner,
       hoffentlich weiter unter Biden, die EU, die hoffentlich ihre Uneinigkeit
       ein Stück weit überwindet, und die sunnitischen arabischen Staaten. Nur
       wenn die drei gemeinsam ein Gegengewicht zu Iran und Russland schaffen,
       ist ein Ende des Krieges und Bewegung hin zu einer Lösung des
       Nahostkonflikts vorstellbar.
       
       29 May 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
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