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       # taz.de -- Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe: Klimaklatsche für Bundesregierung
       
       > Großer Erfolg für Umweltschützer: Oberverwaltungsgericht urteilt, dass
       > die Bundesregierung ihr Klimaschutz-Programm nachschärfen muss.
       
   IMG Bild: Die Emissionen müssen runter – doch die Sektorenziele, etwa für Verkehr, hat die Ampel abgeschafft
       
       Berlin taz | „Das ist eine verdiente Ohrfeige für die
       Pseudo-Klimaschutzpolitik der Bundesregierung“. Mit dieser Einschätzung
       freute sich Jürgen Resch über jenes Urteil, das das Oberverwaltungsgericht
       Berlin-Brandenburg am späten Donnerstag gesprochen hat. Die Deutsche
       Umwelthilfe DUH – Resch ist einer ihrer Geschäftsführer – hatte die
       Bundesregierung wegen mangelndem Klimaschutz verklagt. Das Gericht gab der
       DUH in allen Anklagepunkten recht und verurteilte die Regierung, konkrete
       Maßnahmen zum Erreichen des deutschen Klimaziels aufzulegen.
       
       Im Fokus der Verhandlung standen die sogenannten Klimaschutz-Programme:
       [1][2019 hatte die damalige Bundesregierung von Angela Merkel (CDU) ein
       Klimaschutz-Gesetz beschlossen], das vorsah, die deutschen Emissionen bis
       zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken.
       
       Erreicht werden sollte das mit dem sogenannten Klimaschutz-Programm, also
       konkreten politischen Maßnahmen. Um wirklich sicherzustellen, dass jeder
       einzelne Sektor seine Emissionen senkt – etwa Verkehr, Bau, Industrie,
       Landwirtschaft –, wurde nach dem Vorbild der britischen Klima-Gesetzgebung
       ein Expertenrat eingesetzt, der überprüfen soll, ob die im
       Klimaschutz-Programm beschriebenen Maßnahmen ausreichen, um auf den
       notwendigen Reduktionspfad zu gelangen.
       
       Die Deutsche Umwelthilfe befand die beschriebenen Maßnahmen zu unkonkret
       und klagte 2021 dagegen: Aus der Maßnahme „Stärkung des öffentlichen
       Nahverkehrs“, wie es im Klimaschutz-Programm heißt, könne beispielsweise
       niemand ablesen, wie viele Tonnen Treibhausgas tatsächlich gespart werden.
       Ein anderes Beispiel sei die „Abschaffung klimaschädlicher Subventionen“:
       Solange die Regierung nicht klar benenne, welche Subvention sie
       abzuschaffen plant, sei der Reduktionseffekt nicht in Tonnen zu messen.
       
       Dass es erst jetzt – drei Jahre nach Klageeinreichung – zu einem Urteil
       kam, liege an der Ampelkoalition, so der Vorwurf der DUH. Dreimal sei der
       Verhandlungstermin von der Regierung verschoben worden, „mit teils
       fadenscheinigen Begründungen“, findet Jürgen Resch, zuletzt sei die
       Regierung wenige Tage vor der Verhandlung damit gescheitert, den Termin
       erneut zu verlegen. „Diese Regierung versucht sich vor dem Klimaschutz zu
       drücken“, so Resch.
       
       ## Regierung musste schon einmal nach Urteil nachbessern
       
       Doch bevor es in den Gerichtssaal 301 am Oberverwaltungsgericht geht, muss
       die veränderte Rechtslage erörtert werden: 2021 hatten mehrere Personen,
       darunter neun junge Menschen, eine Verfassungsbeschwerde gegen das
       Klimagesetz von 2019 eingereicht. Das Bundesverfassungsgericht
       [2][urteilte, dass dieses die Freiheits- und Grundrechte der kommenden
       Generationen beeinträchtigt].
       
       Der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) war sich nicht
       zu schade, nach dem Urteil zu erklären: „Die Entscheidung gibt uns die
       Chance, für mehr Generationengerechtigkeit zu sorgen.“ Dabei war er
       maßgeblich an jener Gesetzgebung beteiligt, die zugunsten seiner Generation
       formuliert worden war.
       
       Wegen des Urteils musste die Koalition aus Union und SPD ein neues
       Klimaschutz-Gesetz erarbeiten. Ziel ist jetzt, die deutschen Emissionen 65
       Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Wirksam wurde das Gesetz kurz
       vor der Bundestagswahl 2021. Und wieder soll ein Klimaschutz-Programm die
       notwendigen Maßnahmen zum Erreichen des Zieles festschreiben. Das legte die
       Ampel-Regierung im Oktober 2023 fest. Für die DUH war das rot-grün-gelbe
       Programm aber ebenso schlecht: „zu wolkig formuliert, zu unkonkret“,
       kritisierte DUH-Anwalt Remo Klinger am Donnerstag im Gerichtsaal.
       
       Die neueste juristische Wendung stammt vom 26. April dieses Jahres: Da hat
       die Ampel [3][ein eigenes Klimaschutz-Gesetz auf den Weg gebracht].
       Allerdings ist das noch nicht in Kraft. „Deswegen ist das neue
       Klimaschutz-Gesetz für dieses Verfahren unerheblich“, erklärte die
       Vorsitzende Richterin Ariane Holle. Und damit sind wir im Gerichtssaal, der
       mit vielleicht einhundert Besuchern gut gefüllt war. Ihr sei wichtig, das
       Verfahren öffentlich zu verhandeln, sagte Holle, „damit es Teil der
       öffentlichen Debatte wird“.
       
       ## Muss die Ampel ihre Politik komplett neu aufstellen?
       
       Am deutlichsten wurde das juristische Tauziehen bei der Einschätzung des
       Klimaschutz-Programms von 2023: Die Verteidigung argumentierte, dass ein
       solches rechtlich nicht verpflichtend vorzulegen sei, die Bundesregierung
       habe es „freiwillig“ erarbeitet.
       
       DUH-Anwalt Klinger erklärte dagegen, das Programm sei das „zentrale
       rechtliche Dokument des deutschen Klimaschutzes.“ Folgt der zuständige 11.
       Senat dieser Ansicht, gehen Beobachter davon aus, dass die Ampel ihre
       Klimaschutz-Politik komplett neu aufstellen muss.
       
       In ihrer Urteilsbegründung erklärte die Vorsitzende Richterin Holle, dass
       das vergangenen Oktober beschlossene Klimaschutz-Programm die gesetzlichen
       Vorgaben nicht vollständig erfüllt: „Die Bundesregierung muss darauf
       achten, dass alle Maßnahmen des Klimaschutzprogramms prognostisch geeignet
       sind, die Klimaziele zu erreichen und die jährlichen Emissionsmengen
       einzuhalten.“ Dies müsse „methodisch einwandfrei“ sein und dürfe nicht auf
       unrealistischen Prognosen beruhen. Denn die im Klimaschutzgesetz
       festgelegten Klimaziele seien verbindlich. Absehbar sei aber, dass bereits
       in diesem Jahr viele Sektoren die im Klimaschutzgesetz festgelegten
       Treibhausgas-Mengen überschreiten.
       
       Schon am Freitag allerdings könnte die Rechtslage wieder eine andere sein.
       Im Bundesrat wird dann nämlich jenes Klimaschutz-Gesetz beraten, das die
       Ampel auf den Weg gebracht hat. Im Bundestag kritisierte die Union,
       [4][dass die Koalition die vormals verbindlich festgeschriebenen
       Sektorziele gestrichen hat]. Damit werde „das Herzstück entrissen“.
       Umweltverbände haben deshalb die Union aufgefordert, im Bundesrat das
       Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu überweisen.
       
       16 May 2024
       
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