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       # taz.de -- Reformideen im Radsport: Berg mit Fanzone
       
       > Die Radsportteams wollen mit Hilfe aus Saudi-Arabien mehr Geld
       > generieren. Aus dem Freiluftsport mit Zugang für alle soll ein
       > Bezahlmodell werden.
       
   IMG Bild: Noch sind alle ohne Platzkarte da: Alpenetappe bei der Tour de France, hier aus 2023
       
       Nizza taz | Regenwolken ballten sich am Himmel über Nizza. Dort endete am
       vergangenen Wochenende [1][die Fernfahrt Paris–Nizza]. Die Wolken stehen
       symbolisch auch für ein Projekt, das den Radsport verändern kann: One
       Cycling. Die Befürworter sehen in ihm den frischen (Geld-)Regen, der für
       Wachstum sorgen soll. Die Kritiker halten es mehr mit dem bedrohlichen
       Aussehen. One Cycling wird vom saudischen Investmentfonds PIF finanziert.
       Das Projekt könnte den Umsonst-und-draußen-Sport in einen Bezahlsport auch
       an der Strecke verwandeln.
       
       Die wichtigsten Protagonisten waren allesamt in Nizza zu sehen. Richard
       Plugge, Teamchef von Visma – Lease a Bike, feierte im Mannschaftsbus den
       Sieg seines Fahrers Matteo Jorgenson bei der Rundfahrt. Auch Patrick
       Lefevere lachte. Der Boss von Soudal Quick Step konnte sich über den
       Tageserfolg seines Schützlings Remco Evenepoel freuen.
       
       Lefevere und Plugge sind die Wegbereiter des Projekts One Cycling. Beide
       schlitterten im Herbst knapp an einer finanziellen Katastrophe vorbei.
       Lefevere drohte das Geld auszugehen, um seinen Star Evenepoel,
       [2][Weltmeister immerhin, Klassikersieger und Vuelta-Champion], weiter mit
       dem branchenüblichen Salär bezahlen zu können. Plugge hatte Probleme, einen
       Nachfolger für den ausscheidenden Hauptsponsor Jumbo zu finden. [3][Beide
       spekulierten kurz mit einer Fusion]. Die wurde abgesagt.
       
       Nebenprojekt der gescheiterten Fusion ist nun aber One Cycling. Mit Hilfe
       von saudischen Investoren soll ab 2026 genügend Geld für eine neue
       Rennserie bereitgestellt werden, bei der auch die Teams finanziell
       partizipieren. 250 Millionen Euro will der Public Investment Fund (PIF) der
       fossilen Monarchie laut der Nachrichtenagentur Reuters bereitstellen.
       
       ## Reformen aus Riad
       
       Als Vehikel dafür wurde im letzten August in Riad die Sportinvestmentfirma
       SRJ gegründet. Sie soll, so hieß es damals offiziell, „globale Sportevents
       erwerben und neue kreieren“. Auch an die Organisation von Fanaktivitäten
       sowie die Entwicklung von Sporttechnologien ist gedacht. Einen Chef gibt es
       mit dem Australier Danny Townsend bereits.
       
       Der Ex-Fußballer stand im Zentrum eines Shitstorms von Fans, als er in
       seiner Funktion als Chef des Sydney FC mit einer Subvention der
       Regionalregierung von New South Wales das traditionell an den
       bestplatzierten Klub vergebene Austragungsrecht der Finalserie der A-League
       eben nach Sydney holen wollte. Der Mann hat also Erfahrung mit staatlichen
       Geldern im Profisport. Er scheut sich nicht, Altbekanntes auf den Kopf zu
       stellen. Und auch von Gegenwind in der Öffentlichkeit lässt er sich nicht
       stoppen.
       
       Gute Voraussetzungen für den neuen Job. Denn One Cycling soll mit einigen
       strukturellen Problemen des Straßenradsports aufräumen. Dabei wird aber
       auch vielen Akteuren auf die Füße getreten.
       
       Fangen wir mit den positiven Aspekten an. Bisher sind die Rennställe nur
       marginal an den Einnahmen der Rennveranstalter beteiligt. Das stört die
       Teamchefs. „Die ganze Basis ist fragil. Zu 95 Prozent finanzieren wir uns
       aus Sponsoreneinnahmen. Wir haben wenig andere Einnahmen“, sagt etwa Ralph
       Denk, Chef von Bora-hansgrohe.
       
       ## Widerstand vom mächtigen Tour-Veranstalter
       
       [4][Tourveranstalter ASO], ein Unternehmen der Industriellenfamilie Amaury,
       geschätztes Vermögen 300 Millionen Euro, wehrte sich bisher erfolgreich,
       vom Kuchen etwas abzugeben. Mit dem saudischen Investor soll sich das nun
       ändern. Angedacht sind auch Veränderungen im Rennkalender. Parallelen wie
       etwa Paris–Nizza und Tirreno Adriatico sollen aufgelöst werden. „Es ist so,
       als würden in der Formel 1 die Rennen von Monaco und Silverstone am selben
       Wochenende ausgetragen“, ätzt Teamchef Denk.
       
       Allerdings, so gibt er gegenüber der taz zu, brauche es nicht unbedingt
       einen saudischen Investor, um dieses Problem zu lösen. „Dazu braucht es nur
       gesunden Menschenverstand“, meint der Oberbayer. Die Hoffnung ist, dass der
       neue Player SRJ mit dem saudischen Geld in dieser Hinsicht ein Katalysator
       der Vernunft sein könnte.
       
       An der Frage, wie neue Einnahmen für den Radsport generiert werden könnten,
       entzündete sich bereits eine kleine Debatte. Denk, der One Cycling
       befürwortet, wie auch die Initiatoren des Projekts, stellt sich Fanzonen
       mit Eintritt vor. „Bei Bergetappen könnten die ersten beiden Berge frei
       zugänglich sein. Am letzten Berg gibt es eine Fanzone mit Eintritt und
       Gastronomie und vielleicht auch einem Freigetränk für Fans“, schlug etwa
       Denk vor.
       
       Christian Prudhomme, Chef der ASO, brachte sich in dem Zusammenhang als
       Verteidiger der Fankultur in Stellung. „Die größte Stärke des Radsports
       ist, dass es für die Leute an der Straße ein frei zugänglicher Sport ist.
       Das muss so bleiben“, meinte er zum französischen Magazin cyclisme actu. In
       Nizza war er auch vor Ort, wollte auf Anfrage der taz aber nicht zu diesem
       Thema sprechen. Bei Visma – Lease a Bike, einem der Initiatoren von One
       Cycling, verwies man auf den Chef Richard Plugge.
       
       Der steckte aber nicht einmal kurz die Nase aus dem Teambus heraus. Patrick
       Lefevere, der andere Initiator, verschwand nach dem Etappensieg seines
       Stars Remco Evenepoel in der flämischen Journalistentraube. Rede und
       Antwort stand allein Ralph Denk. Er sah es als „Auszeichnung für unseren
       Sport, dass sich überhaupt ein Investor dafür interessiert“. Das wirkt ein
       wenig so wie Anfang der 1990er Jahre in Ostdeutschland, als ehemalige
       volkseigene Betriebe um Investoren buhlten. Ein paar Jahre später waren die
       meisten Anlagen stillgelegt. Genaues Prüfen steht also an. Anfragen der taz
       beantwortete SRJ bisher nicht.
       
       15 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Auftakt-des-Profiradrennens-Paris-Nizza/!5576376
   DIR [2] /Dominator-bei-der-Spanienrundfahrt/!5875184
   DIR [3] /Profiradsport-im-Umbruch/!5962099
   DIR [4] https://www.aso.fr/en/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tom Mustroph
       
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