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       # taz.de -- Haltung im Journalismus: Die Maximen umschreiben
       
       > Junge Journalist:innen sind im Vergleich zu älteren subjektiver,
       > aktivistischer, thesenhafter. Das Netzwerk Medienethik will vermitteln.
       
   IMG Bild: Bei einer Demo im Juni 2021 gegen die Stadtautobahn A100 in Berlin wird auch die Presse abgeführt
       
       München taz | Gibt es einen alten und einen neuen Journalismus? Nutzen
       junge Menschen völlig andere Medien völlig anders als die Älteren? Und was
       soll Journalismus? Zum Beispiel wahrheitsgemäß informieren, einordnen,
       aufklären, enthüllen, unterhalten? Oder auch zum Aktivismus aufrufen und
       sich dabei selbst in den Vordergrund stellen?
       
       Viele Fragen sind das, die durch den Konferenzsaal der Münchner Hochschule
       für Philosophie wabern. Das Netzwerk Medienethik hat zu seiner Jahrestagung
       geladen. Dieses wird von wissenschaftlichen sowie journalistischen
       Organisationen getragen.
       
       Es scheint ein großer Graben zu bestehen zwischen dem, was Jung und Alt
       konsumieren. Mehr als 1.000 Beiträge und Reportagen von Funk hat sich Janis
       Brinkmann angeschaut. Das ist ein Angebot von ARD und ZDF an junge Menschen
       zwischen 14 und 29 Jahren. Darin geht es häufig um Klimawandel,
       Naturzerstörung, Tierquälerei, Rassismus oder LGBTQ.
       
       ## Thesenjournalismus kommt an
       
       Brinkmann ist Publizistik-Professor an der Hochschule Mittweida. Über den
       Bericht etwa, in dem Aktivist:innen mit Journalist:innen des
       Y-Kollektivs in eine Ferkelfabrik einbrechen und die Missstände
       dokumentieren, meint er: „Ich bin da als Zuschauer schockiert,
       fassungslos.“
       
       Die Journalist:innen dort berichten viel aus der Ich-Perspektive,
       werden ständig selbst im Bild gezeigt, ihre Ergriffenheit über diese oder
       jene Zustände ist wesentlicher Teil der Storys. „Subjektiver Journalismus“
       wird das manchmal genannt. Brinkmann spricht von [1][„haltungsgeprägtem
       Thesenjournalismus“].
       
       Funk ist sehr erfolgreich in seiner Zielgruppe. Die Boulevardisierung ist
       in den Beträgen ebenso klar zu sehen wie eine Heroisierung der
       Journalist:innen selbst. Brinkmann bezeichnet das als „Journalismus,
       der manchmal wie Aktivismus aussieht“. 1.000 bis 2.000 Nutzerkommentare
       erhält Funk pro Sendung – eine gewaltige Zahl.
       
       ## „Cool bleiben, ohne kalt zu sein.“
       
       Mit diesem Journalismus kann Beatrice Dernbach so gar nichts anfangen. Die
       Professorin von der Technischen Hochschule Nürnberg erinnert an den
       legendären ARD-Moderator Hanns Joachim Friedrichs und dessen Motto: „Cool
       bleiben, ohne kalt zu sein.“
       
       Das „Ich“ hat in journalistischen Arbeiten wenig bis gar nichts zu suchen.
       Dernbach verlangt etwa – eigentlich ein Basic –, dass sich
       Journalist:innen auf mehrere Quellen stützen sollen. Janis Brinkmann
       sieht das ähnlich: „Wer über den [2][Hambacher Forst] berichtet, muss auch
       bei RWE nach einer Stellungnahme fragen.“
       
       Und so wird bei der Tagung – Teilnehmer sind hauptsächlich
       Kommunikationswissenschaftler und Studierende – durchaus anerkannt, wenn
       junge Menschen Funk machen oder konsumieren, anstatt sich als Alternative
       nur noch kommerziellem Trash auf dem Handy hinzugeben. Ein Mann sagt
       wehmütig: „Wer liest denn noch Zeitungen wie die edle FAZ?“ Wenn vorwiegend
       Alt über Jung spricht, so schwingt auch eine gewisse Herablassung mit.
       
       ## Nachhaltiger Journalismus ist kein Thema
       
       „Nachhaltigkeit in der Medienkommunikation“ lautet der Titel der
       zweitägigen Veranstaltung. Was ist das? Der Begriff bleibt schleierhaft.
       „Nachhaltigkeit“ wird als Wort etwas brachial wie eine Klammer um ganz
       verschiedene Themen gezwängt. Am ehesten denkt man bei nachhaltigem
       Journalismus daran, Themen und Entwicklungen länger zu verfolgen. Es nicht
       bei Beiträgen mit kurzem Knalleffekt zu belassen, sondern Ereignisse und
       Entwicklungen bis an deren Ende zu verfolgen. Doch das ist kein Thema.
       
       „Achtsamkeit ist gerade in Krisen ausbaufähig – mehr davon.“ Das sagt
       Marlis Prinzing und bringt damit einen erfreulichen Kontrapunkt in die
       Tagung. Speziell im Gegensatz zu den etwas ergrauten Eminenzen, die
       Journalismus vor allem als Tätigkeit aus der Distanz heraus sehen. Prinzing
       hat die Berichterstattung über die [3][Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer
       2021] untersucht. „Empathie“ ist für sie dabei ein „Qualitätsfaktor“. Sie
       ist Journalistin und Journalistik-Professorin in Köln.
       
       Prinzing erzählt, dass Journalist:innen mit anteilnehmender,
       empathischer Recherche im Ahrtal weit bessere und tiefere Berichte
       hervorbringen konnten als jene Kolleg:innen, die von außerhalb zu Einsätzen
       geschickt worden waren und das Geschehen distanziert wahrnahmen. Die
       Empathischen arbeiteten und lebten häufig selbst vor Ort und hatten damit
       auch persönliche Bezüge. „Emotionen“, so sagt sie, „sind wichtig für eine
       sachgerechte Berichterstattung.“
       
       26 Feb 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Patrick Guyton
       
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