# taz.de -- Ende der Münchner Sicherheitskonferenz: Eine Bühne für die Ratlosigkeit
> Die diesjährige Sicherheitskonferenz war eine Unsicherheitskonferenz.
> Dabei bräuchte es gerade jetzt ein Diskussionsforum für Frieden und
> Abrüstung.
IMG Bild: Der ukrainische Präsident trat am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz auf
In diesen bedrückenden Zeiten gebe es einen Silberstreif am Horizont,
versprach der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, am
Wochenende. Man müsse nur aufmerksam genug danach suchen. Heusgen wollte
Mut machen. Aber seine Worte der Hoffnung konnten nur mühsam übertünchen,
dass die Münchner Sicherheitskonferenz eine Unsicherheitskonferenz war.
Erkennbar war das Treffen auch entlang der drängenden Fragen des Globalen
Südens konzipiert. Wie ein Tusch sollte wohl das Eröffnungspanel wirken,
bei dem Christoph Heusgen mit den Präsidenten von Ghana und Kolumbien, mit
UN-Generalsekratär Antonio Guterres und mit der Premierministerin von
Barbados, [1][Mia Mottley], über eine gerechtere Welt und die Bewältigung
der Klimakrise sprach:„Growing the Pie: A Global Order That Works for
Everyone“. Doch diese Aufbruchstimmung wurde überschattet.
Die Sicherheitskonferenz war dominiert von Nachrichten über Frontverläufe
und den Tod unschuldiger Menschen: in der Ukraine, in Israel und Gaza sowie
in Sibirien, [2][wo pünktlich zur Konferenzeröffnung Alexei Nawalny
verstarb], als hätte der Teufel Regie geführt. Am Wochenende sah der Teufel
verdammt aus wie Wladimir Putin.
Der geopolitische Befund, diagnostiziert von 50 Staats- und Regierungschefs
und -chefinnen, war weitgehend einheitlich: In der Ukraine ist die Lage
düster, es fehlt an Munition, Soldaten und einer Perspektive. Da kann der
ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj noch so oft den Sieg über
Russland beschwören, der irgendwann kommen wird (was soll er auch sagen).
Amerika im Würgegriff von Donald Trump ist aktuell schon kein verlässlicher
Partner mehr. Plötzlich steht Europa ziemlich nackt und alleine auf der
Bühne.
## Kein Mittel gegen die Eskalationitis
Daran muss man sich erst gewöhnen, wenn man sich vorgenommen hat, nach der
Devise „Nie wieder Krieg“ alt zu werden. Der Fortschritt in Europa wird
neuerdings in Millimetern gemessen: in 155 Millimetern genau genommen, dem
Kaliber für die deutsche Panzerhaubitze. Die vornehmste Aufgabe der Politik
scheint dieser Tage die Eröffnung neuer Waffenfabriken zu sein.
In dieser süßsauren Bedrückung gerät aus dem Blick, wie gefährlich die Welt
am Virus der Eskalationitis erkrankt ist. Nichts scheint undenkbar: ein
russischer Angriff aufs Baltikum und Polen, russische Atombomben im All,
[3][europäische Atombomben in Deutschland].
Schon klar, mit einem Mörder wie Putin ist kein ukrainischer Staat zu
machen und kein dauerhafter Frieden, jedenfalls nicht ohne brutale
Konzessionen – wenn überhaupt. Eine Alternative zu weiteren
Waffenlieferungen an die Ukraine und zur Verstärkung der europäischen
Rüstungsindustrie scheint nicht in Sicht. Und trotzdem: Wo sind die
Diskussionen über eine Welt ohne, weniger oder zumindest nicht mit noch
mehr Waffen? Wer bietet eine Bühne für die Suche nach Ab-, nicht
Aufrüstung? In München stand diese Bühne nicht.
Naiv? Bestimmt. Aber zugleich nötiger als je zuvor seit dem Ende des Kalten
Krieges. Der Silberstreif, von dem Heusgen sprach: Noch ist er nicht
sichtbar.
18 Feb 2024
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## AUTOREN
DIR Barbara Junge
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