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       # taz.de -- Europäischer Umweltschutz: EU verhängt Mikroplastikverbot
       
       > Brüssel will die Verschmutzung der Umwelt mit Mikroplastik bis 2030 um 30
       > Prozent reduzieren. Dafür wird der Verwendung ein Riegel vorgeschoben.
       
   IMG Bild: Ab 2031 wird der Einsatz von Granulat, das auf Kunstrasen gestreut wird, verboten
       
       Brüssel taz | Sie sind im Kunstrasen, auf Spielplätzen, in Kosmetika oder
       sogar in Fischen und anderen Lebensmitteln: Winzige Plastikpartikel,
       sogenanntes Mikroplastik, stellen eine erhebliche Umweltbelastung dar. Nun
       will die [1][Europäische Union] den Verkauf von Mikroplastik und Produkten,
       denen die schädlichen Partikel zugesetzt sind, verbieten.
       
       Das Verbot soll bereits ab dem 15. Oktober in Kraft treten, sagte
       EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius in Brüssel. „Die Beschränkung
       betrifft sehr kleine Partikel, ist aber ein großer Schritt zur Verringerung
       der vom Menschen verursachten Umweltverschmutzung“, so Sinkevičius.
       Allerdings sollte man keine Wunder erwarten.
       
       Es geht zunächst nur darum, die Verschmutzung von Ozeanen und Umwelt mit
       Mikroplastik bis 2030 um 30 Prozent reduzieren. Das Verbot löst das Problem
       nicht auf einen Schlag – dafür sind bereits zu viele Plastikpartikel im
       Umlauf. Langfristig sollen die neuen Regeln die Abgabe von einer halben
       Million Tonnen Mikroplastik verhindern.
       
       Mit dem Begriff Mikroplastik werden schwer abbaubare, synthetische Polymere
       mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern bezeichnet. Die Partikel
       reichern sich in Tieren – vor allem in Fischen und [2][Schalentieren] – an
       und können daher auch in Lebensmittel gelangen. Plastiktüten und anderer
       Kunststoffmüll sind nicht gemeint.
       
       ## Viel Mikroplastik auf Sportplätzen
       
       Am meisten Mikroplastik findet sich nach Darstellung der EU-Kommission im
       Granulat auf Kunstrasenplätzen und anderen Sportanlagen. Dort soll das
       Verbot allerdings erst nach acht Jahren in Kraft treten. Man wolle den
       Betreibern von Sportplätzen „die Zeit geben, auf Alternativen umzusteigen“,
       heißt es in Brüssel.
       
       Schneller soll es bei Mikroperlen oder kosmetischem Glitter gehen: Hier
       soll das EU-Verkaufsverbot schon am 15. Oktober greifen. Allerdings gibt es
       auch Ausnahmen. Produkte, die in der Industrie verwendet werden oder bei
       der Verwendung kein Mikroplastik freisetzen, sind vom neuen, EU-weiten
       Verkaufsverbot nicht betroffen.
       
       Hier zeigt sich, dass es nicht nur um Umweltschutz geht, sondern auch um
       Industriepolitik. Der EU-Beschluss „trägt zum ökologischen Wandel in der
       Industrie bei und fördert innovative, mikroplastikfreie Produkte“, betont
       Binnenmarktkommissar Thierry Breton. „Die Industrie, die in solche
       innovativen Produkte investiert und sie entwickelt hat, wird
       wettbewerbsfähiger und widerstandsfähiger.“
       
       Die EU-Kommission bleibt ihrer Philosophie treu: Alle Maßnahmen zum Umwelt-
       und Klimaschutz sollen auch die Industrie schützen beziehungsweise helfen,
       neue Produkte und Märkte zu erschließen. Ob dies bei Mikroplastik gelingen
       kann, ist jedoch unklar. „Wir sind längst nicht am Ziel“, räumt der Verband
       der Chemischen Industrie (VCI) ein.
       
       ## Verband setzt auf abbaubare Kunststoffe
       
       In manchen Fällen könne der Verzicht auf Kunststoff die nachhaltigste
       Lösung sein, so der VCI. In anderen Fällen liege die Lösung in der
       Entwicklung und Anwendung biologisch abbaubarer Kunststoffe. Allerdings
       gebe es wiederum andere Produkte, die auf eine besondere Langlebigkeit des
       Kunststoffs angewiesen seien.
       
       Die EU-Kommission stützt sich bei ihrem überraschenden Vorstoß – er war
       nicht angekündigt – auf Untersuchungen der Europäischen Chemikalienagentur.
       Sie kam zu dem Schluss, dass Mikroplastik, das bestimmten Produkten bewusst
       zugesetzt wird, unkontrolliert in die Umwelt gelangt – und empfahl,
       Beschränkungen zu erlassen.
       
       Die EU-Staaten und das Europaparlament haben bereits zugestimmt. Die große
       Frage ist nun, ob das Verbot auch konsequent umgesetzt wird. Daran sind
       Zweifel erlaubt. Denn im Hintergrund liefern sich die chemische Industrie
       und Plastik- und Verpackungshersteller eine heftige Lobbyschlacht mit der
       EU.
       
       So läuft die Chemieindustrie gegen die geplante Überarbeitung der
       [3][Chemikalienverordnung REACH] Sturm. Sie wurde bereits mehrfach
       verschoben und taucht nun auf der Agenda der EU-Kommission gar nicht mehr
       auf. Widerstand gibt es auch gegen eine geplante EU-Reform, die den
       Verpackungsmüll auf breiter Front bekämpfen soll.
       
       26 Sep 2023
       
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