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       # taz.de -- Sexualisierung von Frauenmode: Etwas bauchfrei, ein nuttiger Schuh
       
       > Frauen und ihre Kleidung werden ständig sexualisiert. Anstatt die Blicke
       > der Männer verantwortlich zu machen, müssen sich Frauen vor ihnen
       > schützen.
       
   IMG Bild: Nicht von pfeifenden und flüsternden Typen die Laune verderben lassen
       
       Das Schönste am Älterwerden ist, dass mir die Meinungen anderer zunehmend
       egal werden. Ich bin 36 Jahre alt und trage heute Kleidung, die ich mich
       mit 18 niemals traute anzuziehen. Und damit meine ich nicht ausgefallene,
       farbenfrohe Fummel, die Phase habe ich noch nicht erreicht, aber ich freue
       mich schon sehr auf meine [1][Iris-Apfel-Ära]. Ich meine kurze Shorts,
       knappe Kleidchen, zu tiefe Dekolletés, viel Netz.
       
       Während ich früher versuchte, jedes Speckröllchen zu kaschieren und bloß
       nicht zu „schlampig“ zu wirken, gehe ich heute an besonders heißen Tagen
       auch mal in Strandmode zu meinem Späti und nehme in Kauf, dass der
       Verkäufer den Blick verschämt zu Boden richtet.
       
       Ich lebe in Berlin und natürlich ist es gemessen an der hiesigen
       Kleidungskultur null radikal halbnackt auf der Straße zu spazieren. Doch
       gerade junge Frauen laufen immer Gefahr, ungewollt sexualisiert zu werden,
       sobald sie sich freizügiger kleiden.
       
       Und damit meine ich nicht nur die Rechtfertigung sexualisierter Gewalt,
       welche der Buchtitel von [2][Birgit Kelles „Dann mach doch die Bluse zu“]
       von 2013 ekelhaft auf den Punkt brachte. Sondern auch die ständig neu
       aufkeimende Diskussion um Minirockverbote an Schulen, als sei das Problem
       ein nacktes Mädchenbein und nicht der Blick des Lehrers darauf.
       
       ## Schülerinnen nicht Lehrer tragen Konsequenzen
       
       Ich erinnere mich, wie zu meiner Schulzeit unsere Klassenlehrerin mal eine
       Mitschülerin im rückenfreien Top nach Hause schickte, mit den Worten: „Wir
       sind hier nicht im Bordell.“
       
       Heute scheint diese Denke teilweise schon die Schüler_innen selbst befallen
       zu haben, wie ein gefährlicher Pilz. Erst im Mai haben die Schüler_innen
       der Tutzinger Benedictus-Schule eine [3][Kleiderordnung] vorgeschlagen:
       Eine Handbreit bauchfrei soll erlaubt sein, Top-Träger sollen breiter als
       der BH-Träger sein, Hot-Pants verboten werden, Hosen nicht unter der Hüfte
       hängen.
       
       Das ist nicht nur ein erschreckend restriktiver Umgang mit weiblich
       gelesenen Körpern, die diese Regeln in erster Linie ja betreffen. Es
       widerspricht auch einfach jedem Modebewusstsein, da so gut wie jedes
       Y2K-Trendpiece in Eigenregie verboten wird.
       
       Erschütternd ist, dass es anscheinend auch immer noch Männer gibt, die sich
       in den Kleidungsstil ihrer Partnerinnen einmischen. Erst kürzlich gab es
       zwei prominente Fälle: Nachdem ein Video der US-Schauspielerin Keke Palmer
       viral ging, in welchem sie ein sehr schickes, transparentes Kleid trägt und
       von R&B-Sänger Usher ein romantisches Ständchen gesungen bekommt,
       [4][kommentierte ihr Lebensgefährte Darius Jackson das Video] mit den
       Worten: „Was soll dieses Outfit? Du bist eine Mutter.“
       
       ## Zum Schutz auf Freizügigkeit verzichten
       
       Während Jackson daraufhin mit einem Shitstorm konfrontiert wurde, trauten
       sich andere Frauen mit ähnlichen Erfahrungen zu Wort: die Sportlerin Sarah
       Brady machte Nachrichtenverläufe mit ihrem Ex-Freund, dem Hollywoodstar
       Jonah Hill, öffentlich, in denen er Brady [5][auf manipulative Weise dazu
       auffordert, keine Fotos von sich im Bikini oder Badeanzug zu posten.]
       
       Brady ist professionelle Surferin – das muss sie nicht sein, um diese
       Aufforderung als grenzüberschreitend zu erkennen, aber Bademode ist
       buchstäblich ihre Arbeitskleidung. Trotzdem hat sie sich ihrem Ex damals
       gebeugt, stellt Brady verärgert fest.
       
       Auch ich, muss ich zugeben, nehme lieber ein Taxi, wenn ich aufgebrezelt
       zur einer Party gehe, um mir auf dem Weg nicht schon die Laune verderben zu
       lassen von pfeifenden und flüsternden Typen.
       
       Und wenn ich zu Fuß gehen muss, trage ich keine hohen Absätze, seit ich
       einmal bei Dunkelheit von einer Gruppe von Männern belästigt wurde, die –
       so nehme ich an – auf das Geräusch meiner Stiefel aufmerksam wurden. Im
       Grunde schränke ich mich also heute noch ein, aber aus Schutz. Und nicht
       weil ich Angst habe, was die Leute bloß denken sollen. Vielleicht liegt
       dazwischen aber gar nicht so ein großer Unterschied.
       
       14 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Stilikone-Iris-Apfel/!5710544
   DIR [2] /Plaedoyer-fuers-Hausfrauen-Dasein/!5059732
   DIR [3] https://www.br.de/nachrichten/kultur/bauchfrei-im-unterricht-was-ist-in-der-schule-erlaubt,Td51jMp
   DIR [4] https://www.insider.com/keke-palmer-boyfriend-darius-daulton-mom-dress-usher-concert-2023-7
   DIR [5] /Missbrauch-von-Therapiesprech/!5943335
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fatma Aydemir
       
       ## TAGS
       
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