# taz.de -- Berlin Pride: Wider den Regenbogenkapitalismus
> Marzahn-Pride und East-Pride zeigen, dass sich die queere Szene
> ausdifferenziert. Alternative CSD-Demonstrationen wie diese sind bitter
> nötig.
IMG Bild: Sonya tanzte 2022 beim Christopher Street Day vor der Siegessäule in Berlin
Als am 30. Juni 1979 das erste Mal ein Christopher-Street-Day (CSD) in
Berlin stattfand, demonstrierten hier gerade mal 450 Menschen für queere
Rechte. 44 Jahre später fanden vergangenes Wochenende gleich zwei
CSD-Demonstrationen statt: [1][Die Marzahn Pride, organisiert vom Verein
Quarteera, ein Verein der sich für die Sichtbarkeit russischsprachiger
LGBTQ*-Menschen in Deutschland einsetzt und die East Pride,] die in diesem
Jahr in Solidarität mit der Community in Uganda stattfand, die sich mit
neuen queerfeindlichen Gesetzen konfrontiert sieht.
Zwei Demonstrationen an einem Tag: Ein Zeichen dafür, dass sich die
[2][Community mit ihren Belangen ausdifferenziert], aber auch, dass
alternative CSD-Demonstrationen bitter nötig geworden sind. Denn obwohl die
große CSD-Parade im Juli Hunderttausende Besucher*innen erwartet ist
sie schon lange mehr ein kommerzielles Straßenfest als Ausdruck von
Protest.
Kritik daran, dass der Berliner CSD zu kommerziell ist, ist nicht neu, aber
berechtigt: Denn eine Parade, bei der ein Wagen bis zu 10.000 Euro Miete
kostet und teilweise gesponsort von H&M, Mercedes Benz und Sony durch die
Hauptstadt zieht, bringt wohl kaum revolutionäre Kraft mit sich. Immerhin
handelt es sich um große Konzerne, die für Ausbeutung stehen und von
diskriminierenden Strukturen in unserer Gesellschaft profitieren.
Es ist ein Widerspruch in sich, wenn bei der Parade – wie letztes Jahr
geschehen – ein buntgeschmückter Wagen des Axel Springer Konzern mitfährt,
der Verlag selbst aber zu Beginn des vergangenen Pride Months bei
„Welt-Online“ Raum für rechtskonservative Falschbehauptungen über
trans*Personen, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen schafft.
## Raum bieten für queere Befreiungskämpfe
Ein CSD, der im Namen des Stonewall-Aufstands in der Christopher Street in
New York stattfindet, wo sich am 28. Juni 1969 mehrere Hundert
trans*Personen, Lesben und Schwule gegen die Queerfeindlichkeit der Polizei
auflehnten, die immer wieder gewaltsame Razzien in Bars durchführten in
denen hauptsächlich Queers verkehrten, steht in der Pflicht, Raum zu bieten
für die tagtäglichen Befreiungskämpfe der Queers. Die größte Sichtbarkeit
haben beim Berliner CSD jedoch Großkonzerne.
Das Problem ist nicht neu: Schon vor 13 Jahren kritisierte Philosoph*in
Judith Butler den Berliner CSD. Butler sollte damals einen Preis für
Zivilcourage auf einer CSD-Bühne verliehen bekommen – und lehnte ab. Der
Grund: Der Berliner CSD war Butler zu oberflächlich, zu kommerziell.
Deshalb ist es für viele Gruppierungen und Vereine, die das ganze Jahr für
queere Rechte kämpfen sinnvoll, sich mit eigenen Demonstrationen neue Räume
zu schaffen. [3][Räume, wo der politische Anspruch nicht vom
Regenbogen-Kapitalismus verschluckt wird]. Alternative Demonstrationen, von
denen die Community selbst und nicht Großkonzerne profitieren.
1 Jul 2023
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## AUTOREN
DIR Max Leyendecker
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