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       # taz.de -- Verschärftes Asylrecht: Sein Asylchen verdienen
       
       > Europäische Grenzpolitik funktioniert wie die US-Filmreihe „Tribute von
       > Panem“. Wer schwach ist, geht gegen die immer größeren Widrigkeiten halt
       > drauf.
       
   IMG Bild: Ohne Bleibe: nach dem Brand im Lager Moria in einem vorübergehenden Camp
       
       Davor, sich mit europäischer Grenzpolitik zu beschäftigen, kann man sich
       ganz gut drücken. An die EU-Außengrenzen denken wir in zwei Fällen:
       
       1. Es kommen mehr Geflüchtete nach Deutschland und Rechte schlagen Alarm.
       
       2. Rechte in Nachbarländern schlagen Alarm und wollen innereuropäische
       Grenzen zumachen.
       
       Und weil das so ist, ist Europas Migrationspolitik geprägt vom Wunsch nach
       härteren Außengrenzen. Das zeigt auch [1][die Einigung zwischen den
       EU-Innenminister*innen] von vor einer Woche. Die haben sich mehrheitlich
       darauf verständigt, Asylverfahren zu verschärfen. Das betrifft unter
       anderem Menschen aus Ländern, bei denen im Schnitt weniger als 20 Prozent
       der Asylanträge anerkannt werden, oder aus „sicheren Herkunftsländern“.
       Wenn das Gesetz so käme, müssten diese Personen künftig in streng
       kontrollierten „Aufnahmeeinrichtungen“ an der Schwelle zur EU ausharren,
       bis ihr Antrag geprüft wurde.
       
       Kritiker*innen sprechen davon, [2][dass der Asyldeal zu „mehr Morias“]
       führen wird, also zu Elendslagern wie dem, das 2020 auf Lesbos abgebrannt
       ist. Das Gesetz muss noch mit dem Europäischen Parlament verhandelt werden.
       Der Vorsitzende der Fraktion „Europäische Volkspartei“, Manfred Weber,
       sieht darin [3][die Chance auf eine Rechtslage, „die wirklich
       funktioniert“], sagte er im Bayerischen Rundfunk. Weber erwartet einen
       Rückgang der Flüchtlingszahlen: „Weil dann einfach für jeden, der versucht,
       illegal nach Europa zu kommen, an der Außengrenze Schluss ist.“
       
       ## Häufig LGBT betroffen
       
       Das mit dem Rückgang der Zahlen könnte klappen. Mit dem „funktionierenden
       Recht“ sieht es schon anders aus. Denn viele Leute aus den
       20-Prozent-Ländern und den „sicheren Staaten“ haben ja legalen Anspruch auf
       Schutz. Das betrifft häufig zum Beispiel LGBT-Personen. Und die haben schon
       jetzt Probleme. Bekannt ist, dass LGBT-Asylsuchende häufig eine
       „Beweislast“ aufgehalst bekommen. Oder dass [4][bisexuelle Geflüchtete von
       Richter*innen als „nicht homosexuell genug“] angesehen werden. Ob
       besonders schutzbedürftige Gruppen wie Queers zu ihrem Recht kommen, hängt
       davon ab, ob sie auf der Flucht auf gut informierte Richter*innen
       treffen. Auf qualifizierte Berater*innen, die sich Zeit nehmen können.
       
       Und es hängt davon ab, ob ihre Wohnsituation sicher genug ist, dass sie
       sich überhaupt jemandem anvertrauen. Zusammengepfercht zu sein in einem
       Lager, wo Gewalt Alltag ist, ist dafür abträglich. Das hat [5][ein
       EU-gefördertes Forschungsprojekt] ergeben, bei dem ich – Transparenzhinweis
       – in den letzten Monaten mitarbeiten durfte. Wer Morias schafft, nimmt in
       Kauf, dass etliche legale Fälle gar nicht erst aktenkundig werden. Es ist
       Menschenrecht nach dem „Tribute von Panem“-Prinzip: Wer sich gegen die
       immer größeren Widrigkeiten der Grenzpolitik durchkämpft, hat sich sein
       Asylchen verdient. Wer zu schwach ist, geht halt drauf. „Funktionierende
       Rechtslage“ kann man so was natürlich auch nennen.
       
       16 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Asyl/!t5008253
   DIR [2] https://www.rtl.de/cms/gruene-jugend-kritisiert-plaene-fuer-eu-asylsystem-neue-zaeune-halten-niemand-von-der-flucht-ab-5046823.html
   DIR [3] /Zaehes-Ringen-um-neues-Asyl-System/!5939573
   DIR [4] https://genderblog.hu-berlin.de/nicht-homosexuell-genug-bisexuelle-gefluechtete-im-asylverfahren/?s=09
   DIR [5] https://www.vulner.eu/38066/VULNER-in-brief
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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