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       # taz.de -- Israel überrascht bei U20-WM: Gesellschaftliches Zusammenspiel
       
       > Regierungschef Netanjahu versucht, die israelische Fußballsensation bei
       > der U20-WM zu instrumentalisieren. Doch Sport funktioniert anders als
       > Politik.
       
   IMG Bild: Ausgelassene Freude: Israels U20-Team feiert den sensationellen Erfolg gegen Brasilien
       
       Wer unbedingt will, kann die Fußballwelt durch die Augen eines Benjamin
       Netanjahu betrachten. Bloß kommt dann halt so etwas bei raus: „Unsere
       Jugendmannschaft hat dem Staat Israel großen Stolz verliehen.“ I[1][sraels
       rechter Regierungschef], der sich mit noch rechteren Ministern umgibt,
       lobte das U20-Team, das bei der Weltmeisterschaft in Argentinien in einem
       sensationellen Viertelfinale Brasilien mit 3:2 geschlagen hat.
       
       Brasilien ist für den Weltfußball ein Talentepool, seine U20 war schon
       fünfmal Weltmeister. Israel hingegen ist erstmals dabei. Aber bei dieser WM
       war alles anders. Brasilien ging vergangenen Samstag in Führung (56.
       Minute), Israel glich aus (59.). Verlängerung. Brasilien ging in Führung
       (91.), Israel glich aus (93). Und in der 105. Minute traf Israel erneut.
       Besondere Vorkommnisse: Israel verschoss in der 114. und in der 115. Minute
       zwei Elfmeter. Dennoch gelang die Sensation.
       
       Die israelischen Torschützen: Anan Khalaili, ein junger Araber. Hamza
       Shibli aus einem Beduinendorf im nördlichen Israel. Und Dor Turgeman aus
       der Hafenstadt Aschdod – südlich von Tel Aviv. Daraus zu folgern, die Jungs
       hätten „dem Staat Israel“, wie ihn Netanjahu sich vorstellt, „großen Stolz“
       gebracht, hat mit Sport nichts zu tun. Wenn israelische Juden, Araber und
       Beduinen gemeinsam gewinnen, dann verweist das auf die Stärke der
       Gesellschaft, nicht des Staates.
       
       Die israelische Gesellschaft ist nicht zuletzt die, die seit Monaten
       [2][gegen Netanjahus rechtsextreme Regierung demonstriert]. Es ist eine,
       die sich aus vielen Ethnien, Religionen und anderen Gruppen zusammensetzt.
       Dass nicht alle vom Staat gleich behandelt werden, ist ein politisches
       Problem, das, taucht es im Fußball auf, zu Misserfolg führt. Dort braucht
       man nämlich alle Fähigkeiten. Youssef Shibli, der Vater des Torschützen
       Hamza, sagte nach dem Spiel: „Die Leute nehmen diese Spieler jetzt wahr.“
       Genau so funktioniert Demokratie, dass alle wahrgenommen werden.
       
       ## Verwechslung zwischen Staat und Gesellschaft
       
       Dor Turgeman, der jüdische Israeli, der den Siegtreffer erzielte, gab dem
       Erfolg eine andere politische Note. Am Tag des Viertelfinals waren drei
       israelische Soldaten getötet worden. „Wir haben mit den Nachrichten aus
       Israel einen schwierigen Tag durchgemacht. Dieser Sieg ist für die Familien
       der Opfer.“
       
       Auch der Trainer Ofir Haim sprach den Angehörigen sein Beileid aus und
       sagte: „Dieser Sieg ist für das ganze Land.“ „Das Land“ klingt nicht nur
       anders als „der Staat“, es ist auch etwas anderes. Das Land sind die
       Menschen, die dort leben, arbeiten und Fußball spielen. Der Staat ist das
       Gebilde, das Netanjahu und seine Leute versuchen, für ihre Zwecke
       umzugestalten.
       
       Außerhalb Israels gibt es indes Kräfte, die für sich Gründe haben, Staat
       und Gesellschaft zu verwechseln. Dass die U20-WM [3][nicht wie zuerst
       geplant in Indonesien stattfindet], hat damit zu tun. Dort hatte der
       Gouverneur der Region Bali verkündet, er werde das israelische Team nicht
       auf seine Insel lassen. Womit er seinen Antisemitismus begründet hat, ist
       unbekannt, aber dass er damit eine vielfältige und demokratische
       israelische Gesellschaft unterstützen wollte, dürfte ausgeschlossen sein.
       
       Sollte Israel am heutigen Donnerstag gegen Uruguay gewinnen, trifft es im
       Finale am Sonntag auf Italien oder Südkorea. Mazal tov.
       
       8 Jun 2023
       
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