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       # taz.de -- Tauschen statt kaufen: Gegen das Image von Second Hand
       
       > Noch immer ist es etwas gewöhnungsbedürftig, gebrauchte Dinge anzunehmen.
       > Die Berliner Tausch-Leih-Tage wollen dem entgegenwirken.
       
   IMG Bild: Die Freebox am Abenteuerspielplatz in der Kollwitzstraße
       
       Berlin taz | Vor dem [1][Abenteuerspielplatz „Kolle 37“] in der
       Kollwitzstraße ist am Freitagnachmittag eine lange Tafel aufgebaut. Immer
       wieder fährt ein Kind auf einem Fahrrad mit Anhänger vorbei, auf dem „Taxi“
       steht, und lädt Pizza auf den Tischen ab, die die Kinder selbst gebacken
       haben. Passant*innen reagieren neugierig, aber zurückhaltend auf das
       Nachbarschaftsessen. Zögerlich setzen sich manche dann doch dazu, essen ein
       Stück Pizza und fragen nach, was es mit dem Angebot auf sich habe.
       
       Die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung „Kolle 37“ existiert seit 1990 in
       Prenzlauer Berg. Das Nachbar*innenessen, das am Freitag vor der Einrichtung
       organisiert wurde, war nur eine von vielen Aktionen, auf die am Wochenende
       im Rahmen der Berliner Tausch-Leih-Tage aufmerksam gemacht wurde. Die
       Aktionstage wurden von Zero Waste Berlin ins Leben gerufen, ein Projekt des
       BUND Berlin, das Berliner*innen zu nachhaltigem Konsum inspirieren
       möchte.
       
       „Die Tausch-Leih-Tage sollen dazu anregen, den eigenen Konsum zu
       reflektieren, Produkte länger zu nutzen und Neukäufe zu reduzieren“,
       erklärt Tamina Hipp, Projektkoordinatorin von [2][Zero Waste Berlin]. Der
       Abenteuerspielplatz stellt dafür seit etwa anderthalb Jahren eine „Freebox“
       zur Verfügung: Sie kann von der Straße aus betreten werden, nicht mehr
       gebrauchte Produkte können hier abgelegt und bei Bedarf umsonst mitgenommen
       werden. „Ressourcen sind nun einmal knapp, mit der Freebox haben wir hier
       also einen gewissen Kreislauf ins Leben gerufen, um dem entgegenzuwirken“,
       erklärt Jerôme Fink. Er ist Erzieher und arbeitet seit elf Jahren in der
       „Kolle 37“.
       
       Die Kinder- und Jugendeinrichtung nahm die Tausch-Leih-Tage auch zum
       Anlass, um auf ihr Angebot als Freizeiteinrichtung aufmerksam zu machen und
       mit Nachbar*innen über die Zukunft im Kiez zu sprechen. Auch das ist
       ganz im Sinne der Aktion: „Wir legen die Tausch-Leih-Tage jedes Jahr mit
       dem Tag der Nachbarschaft zusammen, um den Aspekt der Gemeinschaft zu
       betonen“, erklärt Tamina Hipp.
       
       ## „Wir brauchen Verbündete“
       
       Auf Austausch und Vernetzung legt die „Kolle 37“ generell viel Wert: Als
       offenes Angebot setzt sie auf Freiwilligkeit. „Gleichzeitig sind wir eine
       Bildungseinrichtung, die im öffentlichen Diskurs leider kaum eine Rolle
       spielt“, erklärt Fink. Das sei ein Problem: Da sich die „Kolle 37“ in
       freier Trägerschaft befinde und nicht ausreichend öffentlich gefördert
       werde, sei sie in der Vergangenheit immer wieder in finanzielle
       Schwierigkeiten geraten. Auch deshalb sei es so wichtig, sich zu vernetzen,
       sagt Fink: „Der Kiez hat sich mit den Jahren verändert, und wenn wir hier
       irgendwann mal rausgeworfen werden sollten, brauchen wir Verbündete.“
       
       Stadtweit werden Berliner*innen während der Tausch-Leih-Tage dazu
       aufgerufen, Veranstaltungen zum Thema Teilen und Tauschen durchzuführen.
       „Durch die Aktionstage soll aber auch darauf aufmerksam gemacht werden,
       dass es bereits zahlreiche etablierte Angebote in Berlin gibt“, erklärt
       Tamina Hipp. Nicht nur während der Tausch-Leih-Tage können
       Sharing-Angebote, Schenkboxen, Fairteiler oder Werkzeugverleihe in Berlin
       über die sogenannte „Re-Map“ gefunden werden, eine Webseite, auf der Zero
       Waste Berlin alle städtischen Angebote zum Thema Wiederverwertung sammelt.
       
       Eines dieser etablierten Angebote ist der [3][Ressourcenladen „Resi“] in
       der Bouchéstraße in Alt-Treptow: Seit einem Jahr hat der Laden mittlerweile
       geöffnet und wird vom „Prima Klima Lebenswelt e. V.“ finanziert. Im Laden
       werden verschiedene Workshops, zum Beispiel zum Thema „nachhaltiges
       Basteln“, und Repair-Cafés angeboten, bei denen man beim Reparieren von
       Textil- und Elektrogegenständen unterstützt wird.
       
       Außerdem verleiht der Laden kostenlos Lastenräder und diverse andere
       gespendete Gegenstände. „Nur ein Pfand muss immer hinterlassen werden, der
       in etwa dem Wert der ausgeliehenen Sache entspricht“, erklärt Edda Nadine
       Neugebauer, die über das Stadtteilzentrum fest im „Resi“ angestellt ist.
       
       Dass Leihangebote wie der Resi-Laden so gut angenommen würden, sei immer
       noch nicht selbstverständlich, erklärt Tamina Hipp von Zero Waste Berlin:
       „Knackpunkt ist das Image von Secondhand. Früher war das normal, Dinge
       weiterzureichen, und unter Bekannten ist es das vielleicht immer noch“,
       sagt sie. Aber von Fremden etwas anzunehmen sei in manchen Kreisen immer
       noch verpönt. „Dabei ist das eine Wertschätzung der Dinge, ihnen ein
       zweites Leben zu schenken.“
       
       30 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.kolle37.de/
   DIR [2] https://zero-waste-berlin.de/
   DIR [3] https://www.resi-ressourcen.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Clara Zink
       
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