# taz.de -- Freiheit von Frauen in Syrien: Radfahren als Revolution
> Als Frau zu radeln ist in Syrien nicht gerne gesehen, doch eine Gruppe
> Frauen setzt sich darüber hinweg. Sie wollen Freiheit – und den Planeten
> retten.
IMG Bild: Rauf aufs Rad – Frauen in Syrien erkämpfen sich auch so ihre Freiheit
Eine richtige Bewegung ist in Nordostsyrien mittlerweile entstanden: Der
Trend, dass Frauen Rad fahren, begann vor zwei Jahren mit der 29-jährigen
Lokaljournalistin Medea Ghanem aus Qamischli, einer Stadt im kurdisch
kontrollierten Nordosten des Landes. Eines Morgens machte sie sich nicht
wie sonst mit dem Taxi oder Bus auf zur Arbeit, sondern mit dem Rad. Statt
wie sonst eine Stunde, brauchte sie nur 20 Minuten.
Dabei war diese Zeitersparnis damals nur ein positiver Nebeneffekt ihrer
Entscheidung. Der Grund war ein anderer: „An dem Abend, bevor ich einfach
losgefahren bin“, erzählt sie, „saß ich vor dem Fernseher und sah mir einen
Film über die Umweltkatastrophen an, die unser Planet in den nächsten
Jahren erleben wird. Ich geriet in Panik und fragte mich: Was kann ich tun,
um der Erde nicht weiter zur Last zu fallen? Da fiel mir mein Rad ein.“
Die Vorteile, die damit einhergingen, überwogen schnell das Unbehagen: kein
Warten mehr an Bushaltestellen, keine Belästigung in öffentlichen
Verkehrsmitteln, kein Stau und obendrein das gute Gewissen, etwas zum
Erhalt des Planeten beizutragen. „Außerdem“, sagt sie, „macht
[1][Radfahren] den Kopf frei.“
Auch andere Frauen konnte sie sehr schnell von den Vorzügen des Radfahrens
überzeugen. Sie möchte ihnen die Angst davor nehmen, als radelnde Frau zum
Opfer von Tratsch und Klatsch in der Nachbarschaft zu werden.
Nach und nach gelang es ihr, eine Gruppe von 35 Frauen zu begeistern, die
nun in ihrem Alltag das Rad nutzen. Body Bicycle nennen sie sich – und
wollen noch mehr Mitstreiterinnen gewinnen. Selbst das erste Radrennen für
Frauen, das je im Nordosten von Syrien stattgefunden hat, haben sie
organisiert.
Ghanem geht es vor allem um eines: Zu zeigen, wie jeder mit ganz einfachen
Mitteln dazu beitragen kann, die Umwelt zu schützen. „Ich betrachte mich
als Kämpferin gegen die [2][Klimakrise]“, sagt sie, „und ich bin stolz
darauf. Ich weiß, dass ich als Einzelne nicht viel bewirken kann, aber ich
versuche es zumindest.“ Und: „Mein Fahrrad ist meine Waffe im Kampf gegen
die Luftverschmutzung.“
Malva Ali, Qamischli, Syrien
2 Jul 2023
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