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       # taz.de -- Sozialerhebung des Studierendenwerkes: Ein Drittel lebt prekär
       
       > Die 22. Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerkes zeigt, wie sehr
       > Studierende mit steigenden Mieten und Lebenskosten kämpfen.
       
   IMG Bild: Für Erstsemester ist die Wohnungssuche schwer. Manche bleiben erst mal bei den Eltern wohnen
       
       Berlin taz | Mehr als ein Drittel aller Studierenden muss mit weniger als
       800 Euro im Monat auskommen. Das ist ein zentrales Ergebnis der 22.
       Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerkes (DWS), die am Mittwoch in
       Berlin vorgestellt worden ist.
       
       Die Sozialerhebung misst seit 1951 die wirtschaftliche und soziale
       Situation der Studierendenschaft. Zuletzt war dies 2016 der Fall. Für die
       aktuelle Erhebung wurden im Sommer 2021 rund 180.000 Studierende befragt –
       so viele wie nie.
       
       DWS-Vorstandsvorsitzender Matthias Anbuhl sprach bei der Pressekonferenz im
       Bundesbildungsministerium (BMBF) von einer besonderen Sozialerhebung. „Sie
       wurde von Mai bis September 2021 durchgeführt, also über einen Zeitraum, in
       dem die Coronaviruspandemie abklang – und Krieg, Inflation und Preiskrise
       nicht absehbar waren“. Viele Belastungen der vergangenen anderthalb Jahre
       spiegelten sich also noch gar nicht in den Ergebnissen wider.
       
       Die vorliegenden Daten bereiten Anbuhl dennoch Grund zur Sorge. Neben der
       gestiegenen Zahl von [1][psychisch belasteten Studierenden] treibt ihn vor
       allem die zunehmende „soziale Polarisierung“ um. So gab in der
       Sozialerhebung einerseits jede:r Vierte an, mehr als 1.300 Euro im Monat
       zur Verfügung zu haben. „Dieses Viertel gilt sicher nicht als
       armutsgefährdet“, so Anbuhl. Andererseits teilten aber 16 Prozent der
       Studierenden mit, weniger als 500 Euro im Monat zur Verfügung zu haben.
       „Wir sorgen uns um diese Studierenden, die finanziell zu kämpfen haben“, so
       Anbuhl. Elf Prozent sagten sogar, von ihren monatlichen Einnahmen nicht
       leben zu können.
       
       ## Miete im Schnitt 410 Euro
       
       Ein Grund für diese Zahlen liegt in den seit Jahren steigenden Mietkosten.
       Laut der Sozialerhebung gaben Studierende 2021 im Schnitt 410 Euro für ein
       WG-Zimmer aus. Miete ist der größte Ausgabenposten. Und vermutlich dürfte
       die Mietbelastung heute noch deutlich höher liegen. Nach einer
       [2][aktuellen Studie des Moses Mendelssohn Instituts] sind im vergangenen
       Jahr in vielen Hochschulorten die Preise für WG-Zimmer weiter stark
       gestiegen. Im Schnitt kostet ein WG-Zimmer mittlerweile 458 Euro – das
       Wohngeld für Bafög-Empfänger:innen liegt knapp hundert Euro unter
       diesem Wert.
       
       Anbuhl appellierte deshalb an die Bundesregierung, die Bafög-Sätze der
       Lebensrealität anzupassen und die [3][noch ausstehenden strukturellen
       Reformen] dringend anzupacken. Im Koalitionsvertrag hatten die
       Ampelparteien unter anderem versprochen, das Bafög elternunabhängiger zu
       machen und die Förderung über die Regelstudienzeit hinaus zu ermöglichen.
       
       Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF, erkennt in der
       Sozialerhebung auch „einen Auftrag für die nächsten Reformschritte“. Einen
       konkreten Zeitpunkt dafür nannte er nicht. Brandenburg wies aber darauf
       hin, dass nicht alle Studierenden finanzielle Probleme hätten. „Der
       übergroße Anteil sieht den Lebensunterhalt gesichert. Das ist die gute
       Nachricht.“
       
       Rahel Schüssler vom bundesweiten Studierendenverband fzs sieht das anders.
       „Die soziale Lage der Studierenden war 2021 dramatisch schlecht, und hat
       sich durch die Inflation weiter zugespitzt.“ Gerade die Kosten, [4][die
       Studierende alltäglich bezahlen müssten], seien massiv gestiegen. Die
       Ausbildung in Deutschland bezeichnet sie als „Armutsfaktor“.
       
       ## Bafög reicht nicht
       
       Kritik an der Bundesregierung kommt auch von der Bildungsgewerkschaft GEW
       und der Linkspartei. GEW-Vorsitzender Andreas Keller betonte, dass sich die
       Inflation inzwischen auf hohem Niveau stabilisiert hätte, ohne dass die
       Bafögsätze weiter gestiegen seien. „Wir brauchen eine Erhöhung des
       Höchstsatzes von derzeit 934 Euro auf mindestens 1.200 Euro“, forderte
       Keller. Die Sätze müssten in Zukunft zudem regelmäßig und automatisch an
       die Lebenshaltungskosten angepasst werden.
       
       Nicole Gohlke, bildungspolitische Sprecherin der Linkenfraktion im
       Bundestag nannte es „unbegreiflich“, wie die Ampel wichtige Reformen zur
       Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden immer wieder verschleppe.
       Gohlke forderte neben der Anpassung der Bafögsätze, die „große Lücke der
       Wohnraumversorgung für Studierende“ endlich zu schließen.
       
       Auch Ampelpolitiker:innen mahnten zur Eile bei den ausstehenden
       Reformen. So bezeichnete die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im
       Bundestag Nina Stahr es als „dringend“, die im Koalitionsvertrag
       vereinbarte Bafög-Strukturreform zügig auf den Weg bringen. „Die Ergebnisse
       machen deutlich, dass wir Studierende noch stärker unterstützen müssen“, so
       Stahr.
       
       Stahrs Amtskollege Oliver Kaczmarek von der SPD bezeichnete die
       Sozialerhebung als „Mahnung“ und äußerte den Wunsch, die Bafög-Beträge „so
       schnell wie möglich“ wieder zu erhöhen. Ob und wann das passiert, ist
       allerdings unklar. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung in einer
       Novelle des Bafög die Bedarfssätze, die Freibeträgen und die Wohnpauschale
       erhöht. Bereits zu dem Zeitpunkt lautete die Kritik, dass die Erhöhungen
       nicht ausreichten, um die Inflation auszugleichen.
       
       24 May 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR Ralf Pauli
       
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