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       # taz.de -- Verdis Requiem mit Ballett: Über der Asche schweben
       
       > Christian Spuck wird Intendant des Staatsballetts Berlin. Er stellte sich
       > mit der Inszenierung von „Messa da Requiem“ in der Deutschen Oper vor.
       
   IMG Bild: Bilder der Trauer und Bestürzung in der „Messa Da Requiem“ von Christian Spuck
       
       Trauer hat einen Klang und Trauer hat einen Körper. In der Deutschen Oper
       Berlin wird er gebildet aus vielen Menschenleibern, die sich in einer Welle
       übereinanderbeugen für ein großartiges Bild des kollektiven Schmerzes. Es
       sind die Körper der Sänger:innen des großen Rundfunkchors Berlin und des
       Ensembles des [1][Staatsballetts Berlin,] die zusammen die „Messa da
       Requiem“ von Giuseppe Verdi interpretieren.
       
       Inszeniert hat die Messa der [2][Choreograf Christian Spuck] zuerst 2016 in
       Zürich. Doch weil er ab Beginn der kommenden Spielzeit 2023/24 Intendant
       des Berliner Staatsballetts wird, hat er Inszenierung und Choreografie hier
       neu einstudiert, ein Auftakt von großer Wucht.
       
       In Verdis „Messa Da Requiem“ glaubt man das Züngeln der Flammen der Hölle
       zu hören und das Flehen der Verdammten am Tag des Jüngsten Gerichts. Wenn
       dazu die Hände des Chors wie Flämmchen in der Luft tanzen, und sie wehende
       Töne, den Körper vorgelehnt, als ob sie sich gegen einen Sturm stemmen
       müssten, in den Raum entlassen, entstehen wahrlich ergreifende Momente.
       
       Es geschieht viel in diesem Requiem von Verdi. Schon allein in der Musik
       des Orchesters, das Nicholas Carter leitete, und das die Stimmen der vier
       Solist:innen dramatisch rahmt, wenn sie in lateinischen Worten anrührend
       singen.
       
       Sie erzählen so von dem Tag des Zorns, halten Rückschau auf ihr Leben,
       zittern vor Furcht und hoffen auf Rettung. Ihre Körper und Stimmen bilden
       oft leuchtende Inseln in dem dunklen Meer der Trauer, als das man den Chor
       ansehen kann. Allein wie Spuck dies inszeniert hat, würde schon genügen.
       
       ## Durch den Staub kriechen, durch die Luft fliegen
       
       Nun ist es aber ein Ballett-Abend. Die Choreografie ist einerseits
       abstrakt, verzichtet also auf Narration, nutzt andererseits aber viele
       Duette in klassischer Paarkonstellation. Schwarzer Staub aus Asche wirbelt
       auf, wenn die Füße der Tänzerinnen, die von ihren Partnern gehalten im
       Kreis gewirbelt werden, knapp über dem Bühnenboden schweben. Fallende und
       stürzende Körper und Menschen, die durch den Staub kriechen, sind
       wiederkehrende Figuren. Aber auch das Schweben und beinahe Fliegen der
       Tänzerinnen, die von vielen männlichen Armen durch die Luft getragen
       werden.
       
       In den tänzerischen Bilder liegt ein Moment des Trostes, ein Weiterpochen
       der Lebensenergie und Flimmern des Begehrens dort, wo etwas zu Grabe
       getragen wird und Abschied genommen werden muss. Einmal spielt ein Paar mit
       vier Händen und Armen, die sich immer wieder berühren, suchen, halten,
       umeinander winden, lösen und neu finden eine Sequenz, die wie ein
       Versprechen ist, nicht alleine gelassen zu werden und immer wieder Halt zu
       finden.
       
       Manchmal spielt die Choreografie leichten Sinnes mit den Noten, reiht die
       Bewegungen spielerisch aneinander, lässt den Tanz sich an die Musik
       zärtlich schmiegen. Das ist ein ästhetischer Genuss.
       
       Der Abend kann begeistern und ergreifen. Doch seine große Emotionalität ist
       vor allem der Musik Verdis geschuldet. Der Tanz, so schön er ist, fügt dem
       wenig eigene Akzente hinzu, bringt selten eine eigene Spannung hinein.
       
       Seit im [3][Januar 2020 Sasha Waltz und Johannes Öhmann] ihre Intendanz am
       Staatsballett Berlin vorzeitig aufgaben, hatte das Ensemble keine einfache
       Zeit. Mit der Intendanz von Christian Spuck sollte es nun ein stärkeres
       eigenes Profil erhalten. Der Auftakt mit Verdis „Messa Da Requiem“ setzt
       zwar ein starkes Zeichen, ist aber ausgerechnet in choreografischer
       Hinsicht auch etwas enttäuschend traditionell.
       
       17 Apr 2023
       
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   DIR Katrin Bettina Müller
       
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