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       # taz.de -- Theaterstück „Monosau“ in Berlin: Hier wird gearbeitet
       
       > Das ist keine Party, sondern Maloche. „Monosau“ nach Texten von Jonathan
       > Meese an der Berliner Volksbühne spielt mit Sprache, Mythen und Macht.
       
   IMG Bild: Scheint viel Spaß zu haben: Martin Wuttke in „Monosau“
       
       Why not? Warum eigentlich nicht? Das scheint die Leitfrage dieser
       Volksbühnenproduktion zu sein. Warum nicht einfach die „Monosau“ machen und
       den Text von Republiksschalk Jonathan Meese, der für sein wildes Konvolut
       aus beschriebenen Zetteln und getippten Episoden zunächst keinen Verlag
       finden konnte, als Vorlage eines Theaterstücks nehmen?
       
       Und so wie „Why not?“ keine Frage, sondern sozusagen der Passierschein für
       jede launige Entscheidung ist, so nimmt er auch für diesen Theaterabend den
       Anspruch an Ernst und Schwere.
       
       Denn „Monosau“ ist Gaga, Dada, eine totale Collage an Mythen, Märchen,
       Schlager und Schlagworten, Sprachmontage und Bühnenparty für die sieben
       Schauspieler:innen – darunter Volksbühnen-Größen wie Kerstin Graßmann
       und [1][Martin Wuttke.] Und die „Monosau“ ist ein ziemlich verlässliches
       Produkt der Künstlermarke Jonathan Meese.
       
       Meese soll zwar nicht Regie geführt haben und bei den Proben abwesend
       gewesen sein ([2][Kunst ist doch Diktatur!)]. Auch für die Kostüme wird
       trotz Meese-artig dahingekritzelter Text-Remixe wie „erzlichst“ (das „Erz“
       taucht ja häufig bei ihm auf) oder „zwitscher dir alle“ an Armen, Beinen
       und Bäuchen der Schauspieler:innen vielmehr Tabea Braun genannt.
       
       ## Eulenspiegelartiger Prophet
       
       Doch Meese ist sozusagen der Spiritus dieser Aufführung, und zwar wie man
       es von ihm erwartet: als Anti-Wagner, als eulenspiegelartiger Prophet, der
       über seine Texte und herumliegenden Programmzettel den „Untergang des
       Gesamtkunstwerks Deutschlands“ in den großen Saal der Volksbühne schallen,
       den Narziss zunächst in den Brunnen und dann in den Heiligen Gral schauen
       lässt und vielleicht sogar mit ein bisschen ernsthafter Sehnsucht Paul
       McCartney darum bittet, doch auch einmal an uns zu denken.
       
       Und dann erscheint Jonathan Meese irgendwann wirklich, als flackernde
       Projektion auf einem Ballon, mit bekanntem Spitzbart und Sonnenbrille. Man
       könnte denken, es handele sich um jenen vermutlichen Spionageballon, der
       kürzlich vor der Küste North Carolinas auftauchte. Man kann auch die
       Hohlspiegelbildschirme aus der dystopischen Untergrundwelt des Films
       „Twelve Monkeys“ darin erkennen, mit denen eine Art Diktatorenkollektiv
       seine Bürger überwacht.
       
       Auf ironische Weise postapokalyptisch diktatorisch soll Meese jedenfalls
       auf dem Ballon daherkommen: „Wir schreiben das Jahr 2023“, wiederholt die
       Projektion immer wieder, als habe die zugehörige Videokassette sich im
       Abspielgerät verheddert. Und: „Kuckt euch mal Mad Max an!“
       
       Dazu hört man Beethoven. In unterschiedlichen Ausführungen, als
       Synthesizer-Variante wie von Wendy Carlos bei Stanley Kubricks „Clockwork
       Orange“ und als instrumentales Post-Heavymetal-Cover mit Cello und
       E-Gitarre, live gespielt vom Solistenensemble Kaleidoskop. „Monosau“ ist
       eine recht berechenbare Meese’sche Wellenbrecherfahrt durch Mythen und
       Medien. Und Bühnenbildnerin Nina von Mechow setzt sie ebenso voraussagbar
       in eine Szene aus deutscher Romantik, Betonmoderne und Berliner
       Straßenrealismus.
       
       ## Lustig durch den Quark gezogen
       
       Obwohl über zwei Stunden gesprochen wird, reicht es, nur ab und zu mal
       zuzuhören. Dann schnappt man Textsequenzen wie das von Benny Claessens
       kinky eingesprochene „Ich bin meine eigene Thematik und das ist der
       Thermoboy“ auf oder das von Franz Beil im Ton eines stupiden Helden
       wiedergegebene „Oh Gold, oh Gold, nichts als Kraft, mit dir trinke ich auf
       Brüderschaft“. Das ist lustig, wie Jonathan Meese einfach mal alles in der
       deutschen Hoch- und Subkultur bis hin zur gerade virulent debattierten
       Identitätspolitik mit durch den Quark zieht.
       
       Es bleibt aber sehr quatschig. Dazu tragen die sieben
       Schauspieler:innen bei. Für sie scheint die in Eigenregie inszenierte
       „Monosau“ eher ein Selbstzweck zu sein. Aus Meeses Textkonvolut wählten sie
       jeweils nach Vorliebe Passagen aus. Und sie haben sichtbar ihren Spaß
       daran, mal nackt, mal als Meese-Kopie im Adidas-Trainingsanzug oder mal als
       absurde Märchenfigur ihre zusammenhanglosen Fünf-Minuten-Sequenzen zu
       spielen.
       
       Eine Message will man mit diesem kollektiv entwickelten Theaterstück wohl
       auch senden: Hier wird gearbeitet. Wenn die Souffleuse (mit Meese-Bart)
       stets auf der Bühne zu sehen ist, wenn Kerstin Graßmann derbe einwirft, wie
       kompliziert der auswendig zu lernende Text sei, oder über Songlängen hinweg
       Licht- und Bühnentechnik vorm Publikum gedreht werden, ist das keine Party,
       sondern Maloche.
       
       „Wir sind die Proleten der Kunst geworden“, verheißt der Ballon-Meese dann
       auch. Trotzdem wird zum Schluss getanzt. Why not?
       
       23 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Sophie Jung
       
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