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       # taz.de -- Sportgeschichte des Pistolen-Duells: Goldmedaille für Satisfaktion
       
       > Das Duell mit der Pistole war einmal olympische Sportart: 1906 in Athen.
       > Getötet wurde dabei niemand, die Duellanten schossen mit Wachskügelchen.
       
   IMG Bild: Eher unsportlich: Duellszene aus „She's Oil Mine“ mit Buster Keaton, circa 1941
       
       Besser gutlos als ehrlos, hieß es über Jahrhunderte, und so flogen auch
       noch vor gut hundert Jahren Pistolenkugeln hin und her, um Satisfaktion zu
       verschaffen und die Ehre wiederherzustellen, Begrifflichkeiten, die heute
       lächerlich anmuten, aber zu Zeiten aristokratischer Ehrpusseligkeit und
       Indignation gang und gäbe waren.
       
       Der Schüler von heute lernt das [1][Pistolenduell] nur noch in der
       Literatur kennen, wenn etwa der gehörnte Baron Geert von Innstetten den
       Major von Crampas niedersteckt und [2][Effi Briest], die eigentlich
       Elisabeth von Ardenne hieß, wiederum ehrlos zurückbleibt. 1886 trug sich
       diese durch Gewohnheitsrecht legitimierte Hinrichtung zu, und die adeligen
       Kreise sowie das Offiziercorps fanden auch in den folgenden Dekaden großen
       Gefallen am atavistischen Ritual.
       
       Dumm nur, dass der Spaß vom Ableben oder einer schweren Verletzung eines
       Duellanten getrübt wurde. Paul Devillers, Arzt und Freund des
       Niederschießens, war es, der Abhilfe schaffte. Der Franzose erfand nämlich
       eine Wachskugel, die aus Talg und Bariumsulfat bestand und mit speziellen
       Revolvern der Waffenfabrik Piot-Lepage abgefeuert werden konnte.
       
       Kugeln und Schießeisen mussten freilich gekühlt werden, damit das Geschoss
       auch den Gegner in 20 bis 30 Meter Entfernung erreichte und bei diesem
       einen Abdruck auf der Montur hinterließ. Diese Gaudi muss als Vorläufer von
       Paintball gelten. Wie dem auch sei, Devillers erfand 1901 das blutlose
       Duell, was er drei Jahre später mit der Gründung der Societé L’Assaut au
       Pistolet feierte.
       
       Diese neue Gesellschaft legte die Regeln für den neuen Sport fest,
       autorisierte die angemessene Ausrüstung und arrangierte die
       Wachskugelduelle; diese wurden zumeist freitags auf den Champs Élysées
       abgehalten und müssen Scharen von neugierigen Zuschauern angezogen haben.
       Die ehrenwerte Gesellschaft des [3][Paul Devillers] hatte bald über 100
       Mitglieder, und schon 1906 fand das Pistolenduell einen Platz [4][bei den
       Olympischen Spielen] von Athen, die, nicht kanonisiert, als die
       „Zwischenspiele“ gelten. Geschossen (30 Schuss in Serien à 5 auf Kommando)
       wurde da nicht auf leibhaftige Menschen, sondern aus 25 Meter Entfernung
       auf Attrappen, 1,57 Meter hohe Silhouettenscheiben, die in Sektoren
       unterteilt waren. Die Punktvergabe: Kopf 3, Rumpf Mitte 5, Unterschenkel 1,
       usw.
       
       Pistolen-Duell bei den Olympischen Spielen 
       
       Der Grieche Konstantinos Skarlatos (133 Punkte) gewann vor dem Schweden
       Johan Hübner von Holst (115) den Wettbewerb, der 1908 am Rande der
       Olympischen Spiele von London, diesmal tatsächlich mit Wachskugeln,
       fortgesetzt wurde. Das Duell war nicht Teil des offiziellen Programms,
       genauso wenig wie das Wasserspringen der Frauen oder das
       Cumberland-&-Westmoreland-Ringen. Vor allem Fechter, die sich vorm
       olympischen Wettkampf noch etwas vergnügen wollten, traten zum
       Pistolenduell an.
       
       Das Londoner Magazin The Sketch schrieb 1908: „einer der merkwürdigsten
       Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen“. Das war nicht unbedingt falsch,
       denn die Spiele waren Teil der viel größeren und ungleich bedeutenderen
       Franco-British Exhibition, die vom 14. Mai bis 31. Oktober in White City,
       London, veranstaltet wurde; Ziel war die Festigung der vier Jahre zuvor
       vereinbarten Entente cordiale, eines Vertrages über koloniale
       Einflusssphären in Afrika, zwischen dem Vereinigten Königreich und
       Frankreich.
       
       Der seinerzeit berüchtigte Pistolenschütze Walter Winans erklärte der
       Zeitung Daily Express im Mai 1908: „Es wird gerade genug Risiko in diesen
       Duellen geben, um sie aufregend, wenn auch nicht wirklich gefährlich zu
       machen.“ In der Tat: Es kam kein Schütze ernstlich zu Schaden, einer wurde
       wohl leicht an der Hand verletzt, gleichwohl, der Duellsport verschwand
       fortan aus den Annalen Olympias. Und das ist gut so.
       
       20 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/rechtsgeschichte-zweikampf-duell-reichsgericht/
   DIR [2] https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kalenderblatt/2711-effi-briest-duell-ardenne-100.html
   DIR [3] https://www.mentalfloss.com/article/646824/when-pistol-dueling-was-an-olympic-event
   DIR [4] https://royalarmouries.org/stories/our-collection/bloodless-duelling-at-the-olympics/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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