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       # taz.de -- Zwischen Kopf und Kirche: Die heilige Rübe
       
       > Der Kölner Gereonskopf hinter der gleichnamigen Kirche ist so archaisch
       > wie unverwüstlich. Drum herum weht ein Hauch zwischen Realität und
       > Legende.
       
   IMG Bild: Schon seit Jahrhunderten eine christliche Tradition: streiten um den Schädel
       
       Den Gereonskopf kennt eigentlich jeder. Na ja, zumindest jeder, der durchs
       Gereonsviertel in der Kölner Innenstadt läuft, gleich unterhalb des Doms.
       Und das sind viele: TouristInnen, AnwohnerInnen, auch Studenten vom nahen
       Priesterseminar des allseits beliebten Kardinals [1][Rainer Maria Woelki].
       
       Wenn [2][der heilige Gereon] wüsste, was Woelki so alles treibt, drehte er
       sich wohl im Grabe um. Das heißt: Ein ordentliches Grab hat er ja nicht,
       der einstige Anführer der Thebäischen Legion, die im dritten Jahrhundert
       für den römischen Kaisers Diokletian gegen Christen vorgehen sollte.
       Allerdings: Gereon, selbst bekennender Christ, weigerte sich, legte samt
       Mannschaft die Waffen nieder. Also wurden er und alle 318 Geführten anno
       304 geköpft, so die Legende.
       
       Die Körper der Märtyrer soll man in einen Brunnen genau dort geworfen
       haben, wo der Kopf jetzt liegt: bärtig, behelmt, mit leeren Augen auf die
       Rückseite der Gereonskirche blickend. Das mit dem Auslöschen von Erinnerung
       hat allerdings nicht geklappt, im Gegenteil: Die von der Bezirksvertretung
       initiierte, mäzenfinanzierte Granitskulptur des Künstlers Iskender Yediler
       ist acht Tonnen schwer, mehr als mannshoch und liegt seit 2005 unbehelligt
       in einem kleinen Park.
       
       ## Pause am Schädel
       
       Daneben verläuft zwar eine belebte Straße, aber der Park selbst ist doch
       erstaunlich ruhig. Man sitzt hier sehr heimelig auf Bänken unter Bäumen.
       [3][Joseph Beuys] soll hier mal drei Linden gepflanzt, dazu Basaltsteine
       aufgestellt haben. Ich sitze zwar gelegentlich dort, habe sie aber bisher
       nicht gefunden. Und der Kopf – nun, direkt heimelig fühlt man sich nicht
       neben diesem Monolithen, Zeugnis einer sehr verspäteten Heiligenverehrung.
       Er wirkt wie ein Asteroid aus vergangener Zeit. Und vermutlich auch für die
       Ewigkeit, denn den bekommt man einfach nicht geklaut.
       
       Das wäre ja auch schlimm, schließlich ist er Schutzpatron Kölns und hilft
       wohl auch gegen Kopfschmerz. Jedenfalls soll ein Bischof mal von seinem
       Kopfschmerz geheilt worden sein, nachdem er Staub aus besagtem
       Märtyrerbrunnen eingeatmet hatte. Gefunden wurde dieser Brunnen allerdings
       nie.
       
       Erwiesen ist hingegen, dass der 350 geweihte Vorgängerbau der romanischen
       Gereonskirche auf einer frühchristlich-[4][römischen] Kultstätte stand:
       vermutlich ein Mausoleum auf einem Gräberfeld.
       
       Von der Gereonslegende ist dann erstmals im neunten Jahrhundert die Rede.
       Und nachdem die Märtyrer dem Kölner Erzibischof Anno II. angeblich im Traum
       Schläge angedroht hatten, weil sie nicht angemessen verehrt wurden, ließ er
       die Kirche im Jahr 1060 erweitern und ihre Gebeine in der Krypta bestatten.
       
       Um 1120 fand man weitere Gräber. Eins barg einen vornehm gekleidet Leichnam
       mit Teilen eines Schwerts. Man beschloss, dass dies der heilige Gereon sei,
       und widmete ihm die Kirche. Die wegen ihres – auf dem Oval des römischen
       Vorgängerbaus basierenden – Zehnecks (Dekagons) bis heute eine Rarität
       unter Kölns romanischen Kirchen ist.
       
       ## Tatort: Kloster
       
       Und sie verbirgt ihre Vergangenheit nicht: Wenn man dem Gereonskopf den
       Rücken zudreht und um die Kirche herum auf den Vorplatz geht, stolpert man
       fast über die knöchelhohen Steinquader, die den Grundriss des einstigen
       Gereonsklosters markieren.
       
       Und gegenüber, in gut kalkulierter Blickachse, liegt das Historische Archiv
       von 1894 mit feinen neogotischen Spitzbogenfenstern. Nicht zu verwechseln
       übrigens mit dem [5][1971 eröffneten Stadtarchiv], das 2009 spektakulär
       einstürzte.
       
       Das charismatische alte Archivgebäude indes ist seit 2014 ein Hotel. Und
       wer gelegentlich den „Köln-Tatort“ guckt, hat es sicher schon gesehen: Die
       Kommissare Schenk und Ballauf haben dort nämlich schon oft recherchiert.
       
       17 Oct 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Petra Schellen
       
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