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       # taz.de -- Entlastungspaket der Bundesregierung: Bundesländer wollen Mitsprache
       
       > Nach der Vorstellung des dritten Entlastungspakets der Ampel gibt es
       > Zweifel an der Umsetzung und an der Wirksamkeit. Die Länder wollen
       > mitreden.
       
   IMG Bild: Die Ampel-Koalition glaubt an den großen Wurf. Aber das Entlastungspaket steht in der Kritik
       
       Berlin dpa/afp/taz | Nach der Ampel-Einigung auf ein [1][milliardenschweres
       neues Entlastungspaket] hoffen führende Koalitionspolitiker auf Wohlwollen
       und Unterstützung. Entscheidend sei das Ergebnis, „und ich denke, das
       überzeugt“, sagte Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner am
       Sonntagabend in den ARD-„Tagesthemen“ mit Blick auf die langen
       Verhandlungen.
       
       Aus der Opposition kommt dagegen scharfe Kritik. Zudem wollen die
       Bundesländer bei der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen mitsprechen. Die
       Regierungschefs von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, Hendrik Wüst
       (CDU) und Winfried Kretschmann (Grüne), forderten eine baldige
       Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD).
       
       Das Entlastungspaket habe massive Auswirkungen auf die Länderhaushalte,
       sagte Kretschmann. Deswegen müssten die Länder darüber dringend mit dem
       Bund sprechen. Wüst, aktuell Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz,
       sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Montagsausgabe): „Wenn die
       Länder mit bezahlen sollen, müssen sie auch mit entscheiden können.“ Es
       gebe noch viele offene Fragen. „Darüber sollte sehr zeitnah bei einer
       Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler beraten werden.“
       
       Die Ampel-Koalition hatte sich am Sonntag auf ein drittes Entlastungspaket
       verständigt, dessen [2][Umfang die Regierung auf etwa 65 Milliarden Euro
       beziffert]. Es umfasst unter anderem Direktzahlungen für Rentner und
       Studierende, Steuererleichterungen und eine Erhöhung der Regelsätze in der
       Grundsicherung sowie des Kindergelds. Geplant ist auch eine
       Strompreisbremse für einen gewissen Basisverbrauch.
       
       ## Familien sollen entlastet werden
       
       Zudem strebt die Ampel einen bundesweit gültigen Nachfolger für das
       9-Euro-Ticket im Nahverkehr an, und zwar in der Preisspanne von 49 bis 69
       Euro pro Monat. Der Bund will 1,5 Milliarden Euro dafür zuschießen, wenn
       die Länder mindestens ebenso viel zahlen.
       
       Laut Finanzminister Christian Lindner, wird derzeit an Schätzungen zu den
       [3][Entlastungen für Familien] gearbeitet: Eine vierköpfige Familie mit
       31.000 Euro Jahreseinkommen werde um 1500 Euro entlastet, bei 66.000 Euro
       Einkommen seien es 1000 Euro. „Das zeigt: Die Maßnahmen wirken nicht nur
       z.B. bei der Grundsicherung, sondern auch in der „arbeitenden Mitte““, so
       Lindner.
       
       CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte dagegen, der
       Ampel-Kompromiss sei „unkonkret, unvollständig und ungenügend“. „Notwendige
       Maßnahmen gegen die Energiepreisexplosion bleiben ungelöst“, sagte er.
       „Keine Entscheidung zum Weiterbetrieb der Kernkraftwerke, keine
       Entscheidung zur Reduzierung der Gaspreise, keine Entscheidung zum Stopp
       der Gasumlage, keine Klarheit bei der Dämpfung der Energiekosten, weder an
       der Zapfsäule noch beim Gas, noch beim Strom“.
       
       Lindner warb auch für die Pläne zum Abschöpfen sogenannter Zufallsgewinne
       von Stromproduzenten. „Ich bin sehr dafür, dass wir am Strommarkt (…) den
       Rendite-Autopiloten abschalten“, sagte er in der ARD. „Konkret geht's ja
       darum, dass die Produzenten zum Beispiel von Windstrom so bezahlt werden,
       als hätten sie teures Gas eingekauft. Das muss abgeschaltet werden.“
       
       ## Übergewinnsteuer fehlt – FDP hatte blockiert
       
       Die Ampel will „Zufallsgewinne“ von Energieunternehmen infolge [4][extrem
       hoher Strompreise] teilweise abschöpfen und damit die geplante
       Strompreisbremse finanzieren. Hintergrund: Der Preis am Strommarkt richtet
       sich nach den Kosten des teuersten Kraftwerks, das aktuell für die
       Stromerzeugung benötigt wird. Derzeit sind das die Gaskraftwerke. „Die
       Produktionskosten ändern sich jedoch für die meisten Stromproduzenten –
       etwa die Erneuerbaren, Kohle- oder Atomstrom – nicht“, heißt es im
       Ergebnispapier – dadurch entstünden für diese derzeit enorme Gewinne.
       Angedacht ist nun eine Erlösobergrenze.
       
       Im „Heute Journal“ des ZDF betonte Lindner, es gehe nicht um eine
       Übergewinnsteuer. Eine solche Steuer für Energiekonzerne hatten SPD und
       Grüne gefordert, die FDP lehnte sie jedoch ab. „Es geht da um den Preis pro
       Kilowattstunde, es geht da nicht um den Gewinn eines Unternehmens“,
       erläuterte der Finanzminister die Koalitionspläne in der ARD. „Eine
       Übergewinnsteuer hingegen, die hätte Willkür in unser Steuersystem
       gebracht.“
       
       SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sicherte bei den Strommarkt-Plänen Tempo
       zu: „Das muss jetzt zackig gehen. Wir suchen kurzfristig eine gemeinsame
       Lösung auf europäischer Ebene, das läuft bereits“, sagte er den Zeitungen
       der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. „Wenn wir keinen europäischen
       Weg finden, was ich nicht glaube, dann setzen wir die Gewinnabschöpfung
       national um.“ So oder so könnten die Deutschen sich darauf verlassen, dass
       die Preisbremse komme.
       
       Der Wirtschaftswissenschaftler Michael Hüther äußerte sich kritisch zu
       diesem Vorhaben. „Die Besteuerung der Zufallsgewinne bleibt ebenso
       unkalkulierbar wie die daraus folgende Entlastung der Stromkunden“, sagte
       der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft der
       „Rheinischen Post“ (Montag). „Alles in allem: vage Lösung, deren Volumen
       und Wirkung unklar bleibt.“
       
       5 Sep 2022
       
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