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       # taz.de -- Die Wahrheit: Zäher als sein Ruf
       
       > Deutsches Brot bekommt immer schlechtere Noten, besonders im eigentlich
       > brotaffinen Ausland. Ein schockierender Bericht aus dem Weltbackofen.
       
   IMG Bild: Wahnsinnig unangenehmer Geschmack: Deutsches Brot
       
       „Kernig“, „körnig“, „knusperlecker“ – einer Umfrage des britischen
       Meinungsforschungsinstituts U-Gov zufolge wird deutsches Brot lediglich in
       Deutschland selbst hochgeschätzt. Die Nachbarn auf dem Kontinent finden es
       hingegen „klebrig“, „schlecht zu kauen“ und „massiv wie Zement“, wie eine
       Online-Umfrage unter rund 30.000 Befragten aus 14 europäischen Ländern
       ergab. Während Briten, Dänen und Niederländer an deutschen Brotsorten in
       erster Linie die fehlende „Weichheit“ und „Fluffigkeit“ bemängelten,
       vermissten Franzosen, Spanier und Italiener vor allem die Gleichzeitigkeit
       von krachender Kruste und luftiger Krume. Eine Mehrheit der Befragten in
       beinahe allen Ländern nannte deutsches Brot überdies „äußerst lästig“,
       „unelegant“ und „beinahe widerlich“.
       
       Gerade die herausragende Brotvielfalt Deutschlands, die von Werbern im
       Auftrag der Branche seit Jahren auf rund 3.200 Sorten taxiert wird, obwohl
       das ohnehin niemand nachzählt, wird im europäischen Ausland, wo man sich
       meist auf zwei oder drei elementare Sorten beschränkt, als „übertrieben“,
       „komplett überflüssig“ und „geradezu lächerlich“ wahrgenommen. Dass die
       meisten dieser unnötigen Brotsorten darüber hinaus grotesk kindische Namen
       tragen, die sich beim Kunden als regional verwurzelt und liebenswert
       anbiedern wollen – von „Urkornkrusti“ über „Gelderländer
       Traditionsschnappi“ bis „Dinkeldonnergottheimatwuppi“ –, sorgt
       hierzulande oft für Stirnrunzeln und Naserümpfen, hat sich auf dem Rest des
       Kontinents aber wegen der Sprachbarriere noch gar nicht herumgesprochen.
       
       Was unter den Umfrageteilnehmern, die angaben, mindestens einmal schon Brot
       aus Deutschland probiert zu haben, offenbar regelmäßig für Missmut und Zorn
       gesorgt hat, ist der teils unangenehme, teils nichtssagende Geschmack. Dem
       Urteil „Vom säuerlichen Geschmack des deutschen Roggenbrots muss ich mich
       übergeben“ stimmt die überwältigende Mehrheit der Menschen in den
       Mittelmeerländern zu (87 Prozent) und immerhin noch jeder zweite in den
       nichtskandinavischen Ländern (51 Prozent). Den Satz „Selbst Weißbrot können
       die Deutschen nicht, dazu fehlen ihnen Leichtigkeit, Lebensfreude und eine
       Prise Salz“ würden spontan 43 Prozent aller Umfrageteilnehmer
       unterschreiben. Weitere Ergebnisse: Einfache Brötchen seien in Deutschland
       „meist brutal hart, pappartig und hohl“ (78 Prozent), Grau-, Land- und
       Bauernbrot „pure Langeweile“ (81 Prozent), und 47 Prozent der Europäer
       finden darüber hinaus, deutsche Backwaren wirkten „oft zu vollgestopft mit
       Körnern und dann noch übermäßig mit Kernen und Saaten bestreut“.
       
       ## Sauerster Sauerteig
       
       „Selbst die ganzen Bio-, Manufaktur- und Nobelbäcker, die in den letzten
       Jahren aus dem Boden geschossen sind, ändern an diesem desaströsen Eindruck
       nichts“, bedauert die Umfrageleiterin Dr. Veronica Singh von der deutschen
       Sektion von U-Gov. „Sie sind einfach nur teurer!“ Und ihr Kollege Dr.
       Alexander Crumb ergänzt: „In den anderen Ländern ist man sich überwiegend
       einig, dass Brot aus Weizen sein muss, dann ist es hell und
       leckerschmecker. Probieren Sie mal ein bulgarisches Baguette! In
       Deutschland experimentiert man dagegen ständig mit bedenklichen
       Getreidesorten wie Dinkel, Roggen oder sogar Emmer und versaut dann alles
       mit sauerstem Sauerteig.“ Dass die Krusten deutscher Brote überall als
       steinharte Schale wahrgenommen würden, sei deshalb kein Wunder.
       
       Ob in Europa „die überwältigende Unbeliebtheit der sogenannten deutschen
       Brotkultur vom deutschen Nationalcharakter herrührt, vermögen wir nicht zu
       sagen“, erläutert Dr. Singh dazu weiter. „Viele Europäer sagen aber:
       ‚EU-Gelder nehmen wir immer gern aus Deutschland, aber das Brot? Das gäbe
       es bei uns nicht einmal als Viehfutter!‘“ Und Dr. Crumb gibt zu bedenken:
       „Wenn das deutsche Brot wirklich so gesund, vollwertig und
       ballaststoffreich wäre, müssten die Deutschen doch insgesamt messbar
       gesünder sein als andere Nationen, die allein weiches oder wahlweise
       krosses Brot aus Weißmehl verzehren. Bessere Werte also etwa bei Magen-Darm
       oder Lebenserwartung. Darauf gibt es aber keine Hinweise.“
       
       Seine Kollegin Dr. Singh ist sich allerdings sicher: „Dass das deutsche
       Brot so ausnehmend unbeliebt ist, hat unbedingt mit dem deutschen
       Größenwahn zu tun, der sich und anderen einfach kein realistisches Abbild
       der Welt gönnt. Wenn das Brot so gut wäre – warum will es dann niemand
       kopieren? Solche Fragen stellt sich hier niemand.“
       
       Dr. Alexander Crumb überprüft nun schließlich in einer Umfrage folgende
       Hypothese: „Mit normalen deutschen Brötchen kann man keine guten Hamburger
       machen, weil sie nicht weich genug sind.“ Erst Zwiebeln und Fleischscheibe,
       so Dr. Crumb, dürften den Zähnen nämlich Widerstand bieten.
       
       27 Jul 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mark-Stefan Tietze
       
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