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       # taz.de -- Wer mit wem in Schleswig-Holstein?: Ölpfütze auf dem Weg nach Jamaika
       
       > Die schleswig-holsteinische CDU würde gern die bestehende Koalition
       > fortsetzen. Konflikte mit den Grünen könnte es beim Thema Ölförderung
       > geben.
       
   IMG Bild: Mitten im Watt: Protest gegen zusätzliche Ölbohrungen der Mittelplate (klein am Horizont)
       
       Rendsburg taz | Die CDU will auf der Jamaika-Regierungsinsel der
       Glückseligen bleiben: Schleswig-Holsteins Wahlsieger Daniel Günther hat
       sich von einem Parteitag das Votum abgeholt, mit Grünen und Liberalen über
       eine gemeinsame Regierung zu verhandeln. Dieses Bündnis hätte im Landtag 53
       von 69 Sitzen. Ihnen gegenüber stünde eine 16-köpfige Opposition aus SPD
       und der Minderheitenpartei SSW. Während Grüne und FDP ihre
       Gesprächsbereitschaft signalisieren, warnen die kleineren Parteien vor der
       „XXL-Koalition“.
       
       „Klar, [1][Oppositionsarbeit geht auch mit wenigen“, sagt SSW-Sprecher Per
       Dittrich]. Schließlich komme es auf pointierte Reden und klare Positionen
       an. „Wir haben gelernt, mit wenigen Personen schnell zu laufen.“ Aus den
       Wahlen geht die Vertretung der dänischen und friesischen Minderheit sogar
       gestärkt hervor: „Wir sind jetzt zu viert, und vielleicht ist damit auch
       ein größerer Mitarbeiterstab drin“, sagt Dittrich.
       
       Er weiß aber auch: „Wenn es an Facharbeit in den Ausschüssen geht, haben
       die Regierungsfraktionen einen Vorteil, weil sie deutlich mehr Zugang zu
       Informationen haben. Als Opposition recherchierst du auf eigene Faust und
       musst mehr strampeln.“
       
       Mehr Arbeit, die auf weniger Schultern lastet: Damit wird sich die [2][SPD
       auseinandersetzen müssen. Sie besetzt im neuen Landtag nur noch zwölf
       Stühle], bisher waren es 21. Von der Fortsetzung des Jamaika-Bündnisses
       hält die Landesparteichefin und amtierende Fraktionsvorsitzende Serpil
       Midyatli wenig: „Diese Koalition wäre schlecht für unser Land“, sagt sie
       der taz.
       
       ## Knappe Antworten der Umworbenen
       
       Statt Probleme zu lösen, würde „noch mehr als in den vergangenen fünf
       Jahren die politische Befriedung und Gesichtswahrung der ungleichen Partner
       im Mittelpunkt stehen“. Das sei in Zeiten von steigenden Preisen,
       Wohnungsnot und einem sich verschärfenden Klimawandel viel zu wenig.
       
       Während die künftige Opposition viel zu sagen hat, halten die umworbenen
       Vielleicht-Regierungspartnerinnen ihre Antworten knapper: [3][„Daniel
       Günther hat Jamaika vorgeschlagen], wir sind gesprächsbereit“, sagt Aminata
       Touré, Teil der Grünen-Doppelspitze im Wahlkampf. „Klar ist aber auch, dass
       Schwarz-Grün unsere Präferenz ist.“
       
       Die FDP-Spitze saß am Donnerstag in Kiel zusammen. „Wir beraten die Lage“,
       sagte Landesgeschäftsführer Jan Voigt der taz. Ein Statement gab es bis
       Redaktionsschluss von der Parteispitze um Heiner Garg und Spitzenkandidat
       Bernd Buchholz nicht.
       
       Dafür hatte Ex-Fraktionschef Wolfgang Kubicki bereits am Mittwoch den
       Kieler Nachrichten gesagt, die Idee einer Jamaika-Neuauflage sei
       „charmant“. Zwar hätten die Liberalen vor der Wahl gesagt, sie würden sich
       nicht beteiligen, wenn sie nicht gebraucht würden. „Aber die Grünen werden
       im Zweifel genauso viel oder so wenig gebraucht wie wir“, sagte Kubicki.
       
       Tatsächlich ist die CDU mit 34 Sitzen so stark, dass sie fast allein
       regieren könnte. Sie könnte daher mit jeder anderen Partei, sogar mit den
       vier Abgeordneten des SSW eine stabile Mehrheit bilden. Günther verwies
       darauf, dass Jamaika die Wunschkoalition einer großen Mehrheit in der
       Bevölkerung sei – das hatten Umfragen vor der Wahl ergeben.
       
       Günther hatte vor der Wahl mehrfach seinen Entschluss betont, das Bündnis
       fortzusetzen. Dass er es tatsächlich tun würde, hatten Medien und auch die
       anderen Parteien bezweifelt. Denn Dreierbündnisse sind nicht nur
       schwieriger zu handhaben, sondern bedeuten auch, Posten und Ministerien zu
       teilen. Nach dieser Logik wäre für die CDU die klassische
       Schwarz-Gelb-Kombi die naheliegendste Variante. Schwarz-Grün, das es in
       Schleswig-Holstein noch nicht gegeben hat, würde das Bild einer modernen
       Landes-CDU verstärken.
       
       Allerdings hat Jamaika der Partei offensichtlich nicht geschadet. Die CDU
       habe starke Positionen durchsetzen können, sagte Günther beim Parteitag.
       Per Dittrich vom SSW sagt es anders: „Die haben die Gräben, die es zwischen
       den Parteien gibt, mit Geld zugeschüttet.“ Serpil Midyatli befürchtet
       Stillstand statt Aufbruch: „Die Programme von Grünen, CDU und FDP passen
       nicht zusammen. Im Umkehrschluss bedeutet das für die nächsten fünf Jahre
       noch mehr Formelkompromisse, Prüfaufträge und ein,Weiter so'.“
       
       Streit werde es vor allem um die Energiewende geben, glaubt Dittrich: „Da
       knallt es im Landtag.“ Ein Beispiel ist neben dem Streit um das geplante
       Flüssiggasterminal die Frage, wie lange und in welchem Umfang noch Erdöl im
       Wattenmeer gefördert wird. Dort, am Rand des Nationalparks, betreibt
       Wintershall Dea die Bohrinsel Mittelplate.
       
       ## SPD sieht Nationalpark gefährdet
       
       Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Betreiberfirma das Feld erweitern
       will. Den Antrag stellte Wintershall bereits 2019. Mehrere Umweltverbände
       hatten die künftige Landesregierung aufgefordert, sich gegen die Pläne zu
       stellen und bis 2030 die Förderung im Watt generell zu beenden.
       
       Auch zu diesem Thema gibt es eine knappe Antwort von Aminata Touré: „Eine
       Ausweitung der Förderung an der Mittelplate wird es nicht geben. Die
       Vorbedingung ist nicht erfüllt, sodass keine neuen Förderungen anstehen.“
       Allerdings hatten die [4][Jamaika-Fraktionen im März einen gemeinsamen
       Antrag gestellt mit dem Ziel der „vorübergehenden Erweiterung der
       Erdölförderung über die Plattform Mittelplate]“. Im Gegenzug solle ein
       Datum für das Ende der Förderung festgelegt werden – allerdings nennt der
       Antrag nur das vage Ziel „vor 2041“.
       
       SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller sagt dazu: „Der Eingriff in diesen
       hochsensiblen Naturraum steht nicht im Verhältnis zu der möglichen
       Fördermenge an Öl. Die Grünen müssen sich sehr genau fragen, ob sie eine
       solche Politik in einer neuen Koalition mit CDU und FDP mittragen wollen.“
       
       12 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wahl-in-Schleswig-Holstein/!5852837
   DIR [2] /Koalitionssuche-in-Schleswig-Holstein/!5853300
   DIR [3] /Politiker-Daniel-Guenther-ueber-die-CDU/!5844734
   DIR [4] https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/03700/drucksache-19-03741.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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