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       # taz.de -- Erfolg für Palästina-Komitee Stuttgart: Meinungsfreiheit für Israelboykott
       
       > Die Stadt Stuttgart will „antisemitischen Gruppen“ keinen Platz auf ihrer
       > Webseite einräumen. Vor Gericht erlitt sie nun eine Niederlage.
       
   IMG Bild: Am 15. Mai 2021 finden in Stuttgart pro-palästinensische Demonstrationen statt
       
       STUTTGART taz | Das Stuttgarter Palästina-Komitee darf Veranstaltungen auf
       der Webseite der Stadt Stuttgart ankündigen. Das entschied das örtliche
       Verwaltungsgericht an diesem Freitag. Ein entsprechendes Verbot der Stadt
       verstoße gegen die Meinungsfreiheit.
       
       Das Komitee setzt sich als zivilgesellschaftliche Gruppe für die Rechte der
       Palästinenser ein und kritisiert Israel als „Apartheidstaat“, der seine
       arabischen Bürger diskriminiere. Die Gruppe unterstützt auch die
       [1][BDS-Kampagne] (Boykott – Desinvestitionen – Sanktionen), die sich für
       einen [2][Israelboykott] einsetzt, um Israel zum Rückzug aus
       völkerrechtswidrig besetzten Gebieten zu zwingen.
       
       Viele Jahre waren das Komitee auch als örtliche Initiative auf der
       städtischen Webseite www.stuttgart.de gelistet und durfte seine
       Veranstaltungen dort ankündigen. Dies kritisierte Ende 2018 jedoch ein
       Journalist der Jerusalem Post. Die Stadt betreibe indirekt Werbung für die
       BDS-Kampagne. Kurze Zeit später entzog die Stadt dem Komitee den Zugang zur
       kommunalen Webseite.
       
       Als das Komitee 2021 eine Klage androhte, um wieder Zugang zur städtischen
       Webseite zu bekommen, berief sich die Stadt Stuttgart auf ihre
       Antidiskriminierungserklärung von 2019. Danach lehne die Stadt jede Form
       von „Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung, Antisemitismus, Ausgrenzung
       und Rassismus“ ab. Außerdem bezog sich die Stadt auf eine Resolution des
       Deutschen Bundestags von 2019. Darin werden alle Kommunen aufgefordert,
       keine Räume und Ressourcen an Gruppen zu vergeben, die die BDS-Kampagne
       unterstützen. Die Israelboykott-Kampagne sei antisemitisch, weil sie
       teilweise das Existenzrecht Israels infrage stelle.
       
       ## stuttgart.de ist eine öffentliche Einrichtung
       
       Diese Argumentation der Stadt lehnte das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart
       nun aber ab. Die städtische Internetseite sei eine „öffentliche
       Einrichtung“. Das Palästina-Komitee müsse hierzu den gleichen Zugang
       bekommen wie andere örtliche Organisationen auch.
       
       Das VG Stuttgart ließ ausdrücklich offen, ob die BDS-Kampagne antisemitisch
       ist, denn darauf komme es hier nicht an. Auch antisemitische Positionen
       stehen laut Gericht grundsätzlich unter dem Schutz der Meinungsfreiheit. Es
       gebe auch kein Gesetz, das Eingriffe in die Meinungsfreiheit derer erlaubt,
       die die BDS-Kampagne unterstützen. Nach Einschätzung der Stuttgarter
       Richter:innen wäre ein derartiges Gesetz sogar verfassungswidrig, weil
       es sich speziell gegen eine bestimmte Meinung richten würde. Die
       [3][Anti-BDS-Resolution] des Bundestags gilt nur als Meinungsäußerung des
       Parlaments ohne gesetzliche Bindungswirkung.
       
       Es gebe zudem keine Anhaltspunkte, so das VG Stuttgart, dass die
       BDS-Kampagne die geistige und friedliche Sphäre der Auseinandersetzung
       verlasse und zu konkreten Gefährdungslagen führe. Die gegen den Staat
       Israel gerichtete Boykottbewegung stachele nicht zum Hass gegen die
       jüdische Bevölkerung in Deutschland auf.
       
       Der juristische Erfolg für das Palästina-Komitee kommt nicht überraschend.
       Bereits im Januar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass
       Kommunen ihre Räume nicht pauschal für Veranstaltungen zum Thema
       Israelboykott sperren dürfen. Ein entsprechender Beschluss des Münchener
       Stadtrats verletze die Meinungsfreiheit.
       
       Az.: 7 K 3169/ 21
       
       22 Apr 2022
       
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