URI:
       # taz.de -- Zweite Staffel „Bridgerton“: Angenehmes Hintergrundrauschen
       
       > Auch die Fortsetzung der Kostümkitsch-Serie ist ganz netter Eskapismus.
       > Doch es fehlt der Sex. Die politische Ebene ist dafür überflüssig.
       
   IMG Bild: Sie lieben sich und dürfen nicht: Ms. Sharma (Simone Ashley) und Mr. Bridgerton (Jonathan Bailey)
       
       Eigentlich kann ich Ihnen nicht wirklich etwas über den Inhalt der
       [1][zweiten Staffel von „Bridgerton“] erzählen. Ich habe nicht konsequent
       aufgepasst, dafür ist diese Staffel zu langatmig. Sie ist hingegen perfekt,
       um ein aufkommendes Einsamkeitsgefühl zu bekämpfen. Die zweite Staffel
       liefert das perfekte Grundrauschen. Bei spontaner Lust auf Seriengucken
       kann man zu jedem Zeitpunkt wieder einsteigen. Es macht keinen Unterschied.
       
       Schon die erste Staffel des [2][Kostümkitschs] aus dem Produktionshaus von
       Shonda Rhimes war schon langweilig. Doch als diese erschien, einen Tag nach
       Weihnachten 2020, saßen wir Zuschauer:innen kollektiv zu Hause im
       Corona-Lockdown. Und was blieb einem da anderes übrig, als sich durch alle
       Streamingangebote zu arbeiten.
       
       „Bridgerton“ war der perfekte Eskapismus, gespickt mit pompösen Kostümen
       und einer irrelevanten Rahmenhandlung. Was „Bridgerton“ so attraktiv
       machte, war, dass man sein Hirn nicht einschalten musste. Stattdessen
       wohnte man extravagenten Soirées des Londoner Adels des 19. Jahrhunderts
       bei und verfolgte die schnulzige Liebesgeschichte zwischen Daphne
       Bridgerton (Phoebe Dynevor) und [3][Simon Besset (Regé-Jean Page)]. Staffel
       eins überzeugte durch schlechte Sexszenen, die an Soft-Pornos erinnerten.
       Die prüde Daphne hatte keine Ahnung von ihrer eigenen Sexualität, das Wort
       Masturbation traute sie sich kaum auszusprechen, und wie Kinder entstehen,
       wusste sie auch nicht. Simon lehrte sie bald, was Lust und Leidenschaft
       ist.
       
       Ja, auch die erste Staffel war kein Meisterwerk. Aber es gab wenigstens
       etwas zu gucken (schöne Hauptdarsteller:innen) und etwas zum Aufregen. In
       der aktuellen Staffel spielt Daphne eine kleine Rolle, ihr Mann Simon
       fehlt. Nun ist Daphnes Bruder Anthony (Jonathan Bailey) auf der Suche nach
       einer Frau. Nach der Liebe sucht er nicht, das stellt er klar, sondern nach
       einer Frau mit „gebärfreudigem Becken“.
       
       ## Ernst gemeint oder Parodie?
       
       Im Verlauf trifft Anthony auf Kate Sharma (Simone Ashley). Eine Frau, die
       zu glauben scheint, was sie will: Unabhängigkeit, keinen Ehemann, dafür
       einen feinen englischen Herrn für ihre kleine Schwester Edwina Sharma
       (Charithra Chandran).
       
       Das Streben nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung mancher weiblicher
       Charaktere wird zentral in der zweiten Staffel. Auch eine Bridgerton,
       Eloise (Claudia Jessie), macht sich Gedanken darüber wie es wäre, nicht zu
       heiraten und somit nicht dem zu entsprechen, was die Gesellschaft für sie
       vorgesehen hat. Später besucht Eloise noch feministische Veranstaltungen.
       
       Diese Versuche, politischer zu werden, gelingen leider nicht. Sie wirken
       erzwungen und zum restlichen Seriengeschehen nicht zugehörig. Das führt
       unweigerlich dazu, dass man an mancher Stelle im Ungewissen bleibt, ob die
       Serie ernst gemeint ist oder gerade versucht zu parodieren. Dass die Serie
       schlechter geworden ist, liegt am Ende aber vielleicht gar nicht an
       „Bridgerton“, sondern an der Tatsache, dass der Lockdown vorbei ist und wir
       April haben.
       
       6 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Netflix-Serie-Bridgerton/!5735396
   DIR [2] /Neue-Sky-Serie-The-Nevers/!5764755
   DIR [3] /Fantasien-beim-Sex/!5742140
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erica Zingher
       
       ## TAGS
       
   DIR Streaming
   DIR Netflix
   DIR TV-Serien
   DIR Kitsch
   DIR Serien-Guide
   DIR Serien
   DIR TV-Serien
   DIR Die Couchreporter
   DIR Kolumne Unisex
   DIR Serien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Abkehr vom Binge-Watching bei Serien: Ein Häppchen die Woche
       
       Alle Serienfolgen am Stück: Mit dem Streaming kam das Bingen. Nun kehren
       Anbieter zurück zum wöchentlichen Erscheinungsrhythmus.
       
   DIR „The Gilded Age“ auf Sky: Unaufgeregte Unterhaltung
       
       Dank besonderer Kostüme ist „The Gilded Age“ zwar schön anzusehen. Doch
       abgesehen davon bleibt die Serie auf dem Niveau einer Seifenoper.
       
   DIR Neue Sky-Serie „The Nevers“: Superheldinnen im Korsett
       
       Diese Frauen können Übernatürliches und werden dafür verachtet. „The
       Nevers“ erzählt von weiblicher Selbstermächtigung im 19. Jahrhundert.
       
   DIR Fantasien beim Sex: Zuweilen braucht’s Kopfkino
       
       Manchmal reicht es beim Sex nicht, sich aufs Hier und Jetzt und den oder
       die Partner*in zu konzentrieren. Zum Glück gibt's die Fantasie.
       
   DIR Netflix-Serie „Bridgerton“: Dramen ohne Tote
       
       Die neue Netflix-Serie „Bridgerton“ handelt von der britischen Upperclass
       im 19. Jahrhundert. Zum Glück nimmt sie sich viele historische Freiheiten.