# taz.de -- Saba Shakalio über den weiblichen Zyklus: „Leistungsreserve der Frauen“
> Die Sportwissenschaftlerin Saba Shakalio untersucht die
> Menstruationszyklen von Wasserballerinnen. Forschung beziehe sich meist
> auf Männerkörper.
IMG Bild: Welchen Einfluss hat der Zyklus auf die Leistung: Beim ETV Hamburg werden nun Daten erhoben
taz: Frau Shakalio, performen Sportlerinnen schlechter, wenn sie gerade
ihre Tage haben?
Saba Shakalio: Nein, das ist ein Mythos, dass man während der Tage eine
schlechtere Leistungsfähigkeit hat. Es kann auch andersrum sein. Es gibt
Sportarten, bei denen Frauen während der Periode eine bessere
Leistungsfähigkeit haben. Zum Beispiel beim Schwimmen. Wenn die Periode mit
Schmerzen verbunden ist, kann das die Leistungsfähigkeit aber trotzdem
beeinflussen. An sich hat die Periode aber nicht unbedingt negative
Konsequenzen für die Leistung.
Der Menstruationszyklus wurde im Sport bisher selten ins Training
einbezogen. Wieso?
Weil viel Arbeit hinter einem individualisierten Trainingsplan für Frauen
steckt. Und die Forschungslage in den Trainingswissenschaften ist bezüglich
Frauen dünn. Dort gibt es noch wenig Daten zum Menstruationszyklus. Im
Bereich der Trainingsoptimierbarkeit und der Regenerationsfähigkeit
beziehen sich die Forschungen bisher nur auf männliche Athleten. Dabei
haben Frauen ein komplett unterschiedliches hormonelles und physiologisches
Profil und man kann sie sogar gefährden, wenn man sie genauso trainiert wie
Männer.
Inwiefern?
Es gibt Krankheiten unter Leistungssportlerinnen, wie etwa die Female
Athlete Triade. Dabei können Osteoporose und Menstruationsstörungen
entstehen. Um das Risiko solcher Krankheiten für Athletinnen zu minimieren,
sollte die Trainingsintensität auf den Zyklus angepasst werden.
Wenn es um Männerkörper geht, gibt es also viele Studien und in Bezug auf
Frauen noch sehr wenige?
Ja, denn der Menstruationszyklus [1][wird oft als ein Störfaktor gesehen]
und in der Forschung will man diese vermeiden. Oft werden
Forschungsergebnisse von Männern auf Frauen bezogen, was nicht korrekt ist.
Frauen haben eine unglaubliche Leistungsreserve und können damit im
Leistungssport „trainierbarer“ sein als Männer.
Was meinen Sie damit genau?
Bei Männern diskutiert die Forschung darüber, ob die Leistungsfähigkeit in
Bereichen wie Sprint ausgeschöpft ist. Bei Frauen ist das nicht der Fall.
Wir werden in der Zukunft schnellere, kräftigere Frauen sehen, wenn sich
denn die Forschung auf sie fokussiert und sie einen richtigen Trainingsplan
bekommen. Dafür müssen sich auch die Trainer*innen mehr informieren und
mehr über die weibliche Physiologie lernen. Frau sein reicht dabei nicht,
um einen guten Trainingsplan zu schreiben.
Sie erforschen aktuell zusammen mit der Sporthochschule Köln, wie sich die
Leistungsfähigkeit [2][der Hamburger Bundesliga-Wasserballmannschaft ETV]
während der Zyklusphasen verhält. Wie genau untersuchen Sie das?
Ich messe die Leistungsfähigkeit im Wasser innerhalb von unterschiedlichen
Phasen des Zyklus. Zuerst mache ich eine Zyklusdiagnostik, um
Auffälligkeiten bei den Athletinnen festzustellen. Das mache ich mit
Sensoren, die die Körpertemperatur und damit den Eisprung feststellen.
Damit kann ich sehen, in welcher Zyklusphase sich die Athletinnen gerade
befinden und ob es große Leistungsschwankungen gibt. Leistung messe ich
anhand der Schwimmzeiten.
Wie haben die Wasserballerinnen reagiert, als Sie ihnen gesagt haben, dass
Sie deren Zyklen untersuchen wollen?
Sie waren sehr interessiert zu wissen, wie ihre Leistungsfähigkeit ist. Oft
wussten insbesondere die etwas älteren Sportlerinnen schon, dass sie als
Schwimmerinnen während des Monats eine unterschiedliche Leistungsfähigkeit
haben, aber es wurde ihnen nie erklärt. Im Wasserball fällt es extrem auf,
wie sich die Leistung verändert. An manchen Tagen geht es gar nicht, und an
anderen fühlt man sich wie eine Rakete im Wasser.
Was versprechen Sie sich von dem Projekt?
Mehr über die Trainierbarkeit und die Anpassungsprozesse ans Training
während der verschiedenen Zyklusphasen zu erfahren. In welcher Phase sich
die Athletinnen schneller regenerieren und in welcher Phase sie intensivere
Trainingseinheiten absolvieren können. Dadurch können wir langfristig die
Leistung verbessern, ohne die Sportlerinnen gesundheitlich zu gefährden.
Was wird sich im Leistungssport verändern, wenn dem Menstruationszyklus
dort mehr Aufmerksamkeit gegeben wird?
Wir werden eine Verbesserung der Athletinnen sehen. Das zeigt sich jetzt
zum Beispiel schon beim Fußball, wo Frauen immer bessere Leistungen
erbringen. Die amerikanische Frauenfußballnationalmannschaft und auch
andere Vereine trainieren inzwischen menstruationszyklusbasiert. Es geht
aber auch darum, die Frauen zu schützen, damit sie sich nicht verletzen
oder Krankheiten entwickeln. Um das zu ermöglichen, brauchen wir aber mehr
Daten und mehr Unterstützung bei der Genderforschung im Leistungssport.
7 Feb 2022
## LINKS
DIR [1] /Keine-Hormon-Unterschiede-bei-Emotionen/!5815867
DIR [2] https://etv-hamburg.de/sportarten/wasserball-aquaball/
## AUTOREN
DIR Emmy Thume
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