# taz.de -- Personalmangel in Bremer Pflegeheimen: Die Bauverordnung soll's richten
> Die Bremer Sozialsenatorin will den Personalmangel in Pflegeheimen
> bekämpfen. Ihre Idee ist, Hedgefonds durch eine neue Bauverordnung
> abzuschrecken.
IMG Bild: Haben in Bremen zu wenig Zeit, um ihre Arbeit gut zu erledigen: Pflegekräfte
Bremen taz | Wenn Pflegekräfte nicht genügend Zeit haben, essen demente
Menschen in den Pflegeheimen mit den Händen, sagt der Sprecher der Bremer
Sozialbehörde, Bernd Schneider. Die Pflegekräfte seien dann verzweifelt.
Schuld seien nicht sie, sondern der Personalmangel, meint Schneider.
Dagegen will der Bremer Senat etwas unternehmen: Die Sozialsenatorin Anja
Stahmann (Grüne) hat nun eine neue Bauverordnung für Pflegeheime vorgelegt,
mit der die Situation in Bremer Einrichtungen verbessert werden soll. Doch
damit sind nicht alle zufrieden.
Der Verordnung zufolge sollen Einrichtungen der Altenpflege in Bremen
„künftig nur noch mit maximal 80 Plätzen und ausschließlich mit
Einzelzimmern“ gebaut werden dürfen. „Mit der Begrenzung der Platzzahlen
wollen wir Bremen als Standort für Hedgefonds und Großinvestoren ein
bisschen unattraktiv machen“, sagt Stahmann. Die Pflege sei in den
vergangenen Jahrzehnten immer mehr zum Gegenstand wirtschaftlicher
Interessen geworden. Das gehe zu Lasten der Qualität, sagt Stahmann.
Diese Einschätzung deckt sich etwa auch mit den Ergebnissen des
Recherchenetzwerks Investigate Europe: Das Netzwerk hatte jüngst
umfangreich in Deutschland über Pflegeheimkonzerne recherchiert und
Missstände in deren Heimen aufgedeckt. Die zunehmende Privatisierung gehe
einher mit Einsparungen beim Personal und Mängeln bei der Pflegequalität.
Die zuständigen Behörden würden vielerorts nichts dagegen unternehmen.
Heinz Rothgang, Professor für Pflege und Alterssicherung an der Uni Bremen,
betont, dass nicht alle privaten Träger problematisch sind. Die
Pflegewirtschaft in Deutschland sei immer noch sehr mittelständisch
geprägt, die Lage habe sich aber durch den Auftritt der Investoren
verschlechtert. Man müsse zwischen seriösen, inhabergeführten
Privatunternehmen und den großen Private-Equity-Firmen differenzieren.
Vor letzteren soll Bremens Bauverordnung zur Platzbegrenzung schützen. Denn
größere Heime seien tendenziell wirtschaftlicher, erklärt Schneider. Somit
sei der Neubau von kleineren Heimen weniger attraktiv für jene großen
Investoren, die an Profit interessiert sind.
Doch nicht alle sind in Bremen mit der neuen Bauverordnung zufrieden.
Reinhard Leopold, Sprecher der Angehörigen-Initiative „Heim-Mitwirkung“,
hält eine Begrenzung auf 80 Plätze für wenig hilfreich. Er verweist auf die
Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes. Da ist die durchschnittliche
Größe von Pflegeheimen unter privaten Trägern bei 58 Pflegebedürftigen
angegeben, gemeinnützige und öffentliche sind dagegen größer. Somit scheint
es, als seien private Träger durch die Platzbegrenzung am wenigsten
betroffen. Statt der Plätze müsse man die Renditen begrenzen, meint
Leopold.
Aus Sicht der Sozialbehörde wird die Verordnung langfristig trotzdem
helfen. Die Pflegestatistik bilde schließlich den heutigen Bestand ab,
nicht die künftige Entwicklung. Mit der Bauverordnung werde „noch ein
Deckel draufgemacht, bevor das Kind in den Brunnen fällt“, sagt
Behördensprecher Schneider.
Ob die Hoffnung berechtigt ist, da ist Pflegeforscher Rothgang unsicher.
Für die großen Konzerne sei es momentan sowieso kaum profitabel,
Pflegeheime neu zu bauen. Stattdessen würden sie bestehende Heime aufkaufen
oder in betreutes Wohnen in Kombination mit Tagespflege investieren. Wie
Leopold fordert er, dass die Politik die hohen Renditen der Konzerne auf
einen einstelligen Prozentsatz begrenzen müsse.
Die Bremer Sozialbehörde betont, sie könne auf Landesebene nicht
verhindern, dass Heime aufgekauft werden. Ebenso wenig könne sie die hohen
Gewinnspannen der Konzerne rechtlich einschränken. Sie will jedoch auf
Bundesebene auf Verbesserungen hinwirken.
25 Nov 2021
## AUTOREN
DIR Paul Petsche
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