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       # taz.de -- Proteste von Ende Gelände in Hamburg: „Es gibt eine koloniale Komponente“
       
       > Klimakrise und Rassismus hängen für Aktivistin Elia Nejem zusammen.
       > Deshalb will sie bei Ende Gelände einen migrantischen Protest starten.
       
   IMG Bild: Anti-Braunkohle Proteste von Ende Gelände im Rheinland 2020
       
       taz: Frau Nejem, zeitgleich zu einer Blockade von Ende Gelände am
       Flüssiggasterminal in Brunsbüttel rufen Sie auch zu einer „Anti-Kolonialen
       Attacke“ in Hamburg auf. Was kann man sich denn darunter vorstellen? 
       
       Elia Nejem: Das wird auch eine Aktion des zivilen Ungehorsams für
       Klimagerechtigkeit. Und sie wird vor allem von Menschen of Colour getragen.
       Blockaden wird es geben, aber zum genauen Konzept und Ort kann ich noch
       nichts sagen.
       
       [1][Weiße Aktivist:innen sind „auch eingeladen“,] sollen sich aber
       nicht in den Vordergrund drängen. Haben Sie da böse Mails bekommen? 
       
       Nein, zumindest habe ich davon nichts mitbekommen. [2][Es gab in der
       Klimagerechtigkeitsbewegung in der letzten Zeit viel Kritik an der nicht
       vorhandenen Rassismus-Reflektion.] Ich denke, dass sich Menschen vermehrt
       damit auseinandergesetzt haben, dass wir solche Räume brauchen.
       
       Schwarze Menschen und People of Colour haben vor ein paar Jahren extra das
       [3][Kollektiv Black Earth gegründet], um so einen eigenen Raum zu haben.
       Warum ist die Klimabewegung in Deutschland so weiß? 
       
       Ein Grund dafür, dass Menschen of Colour sich in weißen Räumen häufig
       unwohl fühlen, ist auf jeden Fall die rassistische Dynamik. Wenn man
       ständig gefragt wird, wo man herkommt oder gleich auf Englisch angesprochen
       wird, bekommt man das Gefühl, dass man da nicht hingehört.
       
       Also liegt es am Verhalten der weißen Klimaaktivist:innen? 
       
       Ja, aber nicht nur. Ein weiterer Grund ist strukturelle Ungleichheit.
       Aktivismus ist für weiße Menschen tendenziell einfacher. Sie haben eher
       Zugang zu Bildung und Studium. Sie müssen sich seltener damit rumschlagen,
       wie sie nun Geld verdienen, weil Reichtum sich eben eher in weißen Familien
       sammelt. Und dann muss man auch sagen: Speziell Aktionen zivilen
       Ungehorsams sind für Menschen of Colour riskanter. Wir leben in einer
       Gesellschaft, die rassistisch geprägt ist, mit einem Polizeiapparat, der
       auch rassistisch geprägt ist.
       
       Sie sind ja selbst als Person of Colour zur Klimabewegung gestoßen, wie
       haben Sie das erlebt? 
       
       Ich glaube, es ist erst mal wichtig zu sagen, dass ich Person of Colour,
       aber nicht Schwarz bin. Ich bin schon auch manchmal white-passing, würde
       ich sagen.
       
       Das heißt, manche Menschen ordnen Sie als weiß ein und dann machen Sie
       natürlich keine persönlichen Rassismus-Erfahrungen. 
       
       Genau. Ich habe mich auf jeden Fall von Anfang an sehr wohlgefühlt bei Ende
       Gelände. Aber dann hab ich schon auch manchmal die Erfahrung gemacht, dass
       Leute antirassistische Kämpfe einfach nicht so wichtig fanden. Da war ich
       etwas vor den Kopf gestoßen und habe gemerkt: Die Menschen haben das gar
       nicht so auf dem Schirm. Sie kommen oft erst auf die Idee, sich damit zu
       beschäftigen, wenn Menschen of Colour auf den Tisch hauen.
       
       Das heißt, Sie fanden, dass Rassismus in den politischen Forderungen nicht
       ausreichend berücksichtigt wurde? 
       
       Wobei bei Ende Gelände im Vergleich zu anderen Teilen der Klimabewegung
       jetzt schon eher die Leute sind, die solche Verbindungen ziehen. Also, dass
       man auch den Kapitalismus bekämpfen muss, der darauf basiert, den Planeten
       und die Menschen auszubeuten – und den Rassismus, der es legitimiert, dass
       das in besonderem Maße People of Colour sind. Koloniale Strukturen haben
       auch heute noch Bestand, davon profitieren Länder wie Deutschland. Auch
       beim Thema Gas gibt es so eine koloniale Komponente.
       
       Inwiefern? 
       
       Wir hier in Deutschland wollen kein Fracking, weil das zu riskant ist. Es
       ist aber nicht ausgeschlossen, dass wir durch Fracking gefördertes Gas
       importieren, zum Beispiel über das Flüssiggas-Terminal in Brunsbüttel. Und
       das kommt dann vor allem aus dem globalen Süden.
       
       Na ja, und aus den USA. 
       
       Das stimmt. Aber in den USA sind besonders oft indigene Communitys von den
       Risiken betroffen. Auch das sind People of Colour, die unter dem
       Kolonialismus gelitten haben und immer noch leiden.
       
       29 Jul 2021
       
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