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       # taz.de -- Wahlkampfstrategie der FDP: Lindners vergiftetes Angebot
       
       > Ihr euer Klimaschutzministerium, ich die Finanzen? Die Grünen spotten
       > über eine Jamaika-Offerte von FDP-Chef Christian Lindner.
       
   IMG Bild: FDP-Chef Christian Lindner im Wahlkampf in Binz, einem Seebad auf Rügen im Juli 2021
       
       Berlin taz | Christian Lindner überbrachte sein vergiftetes Angebot in der
       FAS: „Käme es zu einer Jamaika-Koalition, dann würde die FDP Wert darauf
       legen, den Finanzminister zu stellen“, sagte der FDP-Chef. Und fügte hinzu:
       „Ein Klima- und Umweltministerium würden dann vermutlich die Grünen
       beanspruchen.“ Was für ein Zufall. Die Grünen-ChefInnen Annalena Baerbock
       und Robert Habeck hatten just ein aufgewertetes [1][Klimaschutzministerium]
       gefordert.
       
       Lindners Vorstoß ist ungewöhnlich. Andere SpitzenkandidatInnen halten sich
       mit Koalitionsaussagen zurück, wissend, dass die Mehrheitsverhältnisse nach
       der Wahl unübersichtlich werden. Unkonventionell ist auch, sieben Wochen
       vor einer Wahl Ressorts gedanklich zu verteilen – die werden erst ganz am
       Ende von Koalitionsverhandlungen festgelegt. Dass Lindner gegen solch
       ungeschriebene Gesetze verstößt, gehört zu seinem Plan.
       
       Sein Ziel ist einfach: Die FDP soll unbedingt Teil der nächsten Regierung
       sein. Lindner hat die Zuschreibung des Drückebergers satt. Er und seine FDP
       wurden jahrelang für die überraschende Weigerung verspottet, im Jahr 2017
       einem Jamaika-Bündnis mit Union und Grünen beizutreten („Es ist besser,
       nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“).
       
       Dieses Mal soll es anders laufen. Zu Lindners Strategie gehört auch, einen
       Lagerwechsel zu vermeiden. Der starke Mann der FDP hat wenig Lust auf ein
       Ampelbündnis mit SPD und Grünen. Intern soll er nach Medienberichten
       bereits ausgeschlossen haben, eine Kanzlerin Baerbock ins Amt zu wählen.
       
       ## Ein offensives Wünsch-dir-was
       
       Auch eine Ampel unter einem Kanzler Olaf Scholz wäre für die FDP schwer zu
       argumentieren. Während die Liberalen für Steuersenkungen für Gutverdiener
       kämpfen und zum Beispiel den Solidaritätszuschlag für die obersten 10
       Prozent abschaffen wollen, werben SPD und Grüne für eine Vermögensteuer und
       einen höheren Spitzensteuersatz – [2][Teufelszeug für die FDP]. Bleiben
       Lindners Lieblingsvarianten, Optionen mit der Union, Schwarz-Gelb oder
       Jamaika.
       
       Deshalb betreibt Lindner seit Wochen Politik als selbsterfüllende
       Prophezeiung. Er tut so, als sei ein Sieg der Union geradezu
       unausweichlich. Vor zwei Wochen sagte er im ARD-Sommerinterview, dass die
       Bundestagswahl im Grunde entschieden sei, dass nämlich CDU-Kandidat Armin
       Laschet ins Kanzleramt einziehen werde. Die Frage sei nur noch, wer
       wichtige Rollen einnehme und etwa Finanzminister werde. Lindner erklärte
       seine Bereitschaft – und fügte sicherheitshalber hinzu, dass er für eine
       Ampel keine reelle Chance sehe.
       
       Lindner fährt mit dem Kurs des offensiven Wünsch-dir-was erfolgreich. Seine
       FDP liegt in Umfragen bei 12 bis 13 Prozent. Sie dürfte von liberalen
       Unions-WählerInnen profitieren, die von Laschet nicht überzeugt sind – oder
       die Angst vor Schwarz-Grün haben. Auch in der Coronapandemie machte die FDP
       phasenweise eine gute Figur, indem sie Bürger- und Freiheitsrechte
       hochhielt, ohne in Populismus abzudriften. Es ist also Lindners ureigenes
       Interesse, die Wahl zu einer Entscheidung Jamaika gegen Ampel zu
       stilisieren.
       
       Bei den Grünen kam sein Werben naturgemäß schlecht an. „Das Letzte, was
       unser Land braucht, ist ein FDP-Finanzminister“, twitterte der
       Europaabgeordnete Rasmus Andresen. „To be very clear: Mit gelb-schwarzer
       Kaputtsparpolitik wird es keine gute Klimapolitik geben.“ Lindner bringe
       sich für Posten ins Spiel, weil er inhaltlich keine Ideen für eine
       klimagerechte Finanzpolitik habe.
       
       ## „Ein dolles Angebot“, lästert Jürgen Trittin
       
       Ex-Minister Jürgen Trittin nannte Lindners Vorschlag ironisch ein „dolles
       Angebot“ an die Grünen. „Lindner, der mitten in der Klimakrise und Corona
       für Mindereinnahmen von gut 90 Milliarden Euro kämpft, als
       Finanzminister?“, fragte Trittin. „Für ihn gilt zu Recht: ‚Lieber nicht
       regieren, als schlecht regieren.‘“ Die Grünen-Spitze äußerte sich auf
       taz-Anfrage nicht zu Lindners Vorstoß. Sie hält sich alles offen – und will
       den FDPler nicht aufwerten.
       
       Manche bei den Grünen hoffen auf eine grüne Ampel unter einer Kanzlerin
       Baerbock. Sie spekulieren darauf, die FDP in eine unangenehme Lage zu
       bringen. Wenn es nach der Wahl im September für Schwarz-Grün und für eine
       Ampel reicht, steckte Lindner in der Klemme. Er könnte mit Baerbock
       regieren – oder mal wieder gar nicht.
       
       8 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
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   DIR Ulrich Schulte
       
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