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       # taz.de -- Brasilianischer Minister tritt zurück: Ein Umweltzerstörer weniger im Amt
       
       > Nach Ermittlungen tritt Brasiliens Umweltminister zurück. In seiner
       > Amtszeit erreichte die Zerstörung von Lebensräumen Rekordwerte.
       
   IMG Bild: Proteste gegen Salles – die brasilianische Regierung will Indigene enteignen
       
       Berlin taz | Er sei nun Teil der Geschichte, sagte Brasiliens Präsident
       Jair Bolsonaro am Dienstagabend auf einer Pressekonferenz. Die warmen Worte
       waren an Umweltminister Ricardo Salles gerichtet, der kurz zuvor seinen
       Rücktritt eingereicht hatte.
       
       Salles nannte familiäre Gründe für seinen Abgang. Wahrscheinlicher ist,
       dass er sich dem wachsenden Druck beugen musste. Dem 46-Jährigen wird
       vorgeworfen in ein Netzwerk verstrickt zu sein, das den illegalen
       Holzhandel mit den USA und Europa abgewickelt haben soll. Es laufen
       Ermittlungen des Obersten Gerichtshofs. Am 19. Mai durchsuchte die
       Bundespolizei Büros und Wohnungen Salles’, mehrere Beamte seines
       Ministeriums wurden suspendiert. Der gelernte Jurist streitet alle Vorwürfe
       ab.
       
       Salles gilt als Hardliner und treuer Verbündeter Bolsonaros. Im April 2020
       sorgte er für Aufsehen, als er auf einer Kabinettssitzung forderte, den
       medialen Fokus auf die Coronapandemie dazu zu [1][nutzen, die
       Umweltschutzgesetze ohne Zustimmung des Kongresses zu lockern]. Immer
       wieder brachte er zudem Initiativen auf den Weg, die wirtschaftliche
       Ausbeutung Amazoniens voranzutreiben, er kürzte Schutzbehörden die Budgets
       und verspottete Indigene. Und in seiner Amtszeit erreichte die
       [2][Umweltzerstörung dramatische Rekordwerte].
       
       Satellitenbilder zeigten kürzlich, dass die Abholzung im Mai 2021 um 41
       Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen war. Salles’ harte Linie soll
       auch der Grund dafür sein, dass die von US-Präsident Joe Biden
       angestrebten Verhandlungen zur Rettung des Klimas derzeit auf Eis liegen.
       
       Für Bolsonaro ist der Rücktritt seines wichtigsten Ministers ein schwerer
       Schlag. So versuchte sich der Rechtsradikale in nebulösen Andeutungen und
       insinuierte eine Verschwörung gegen seine Regierung.
       Umweltschützer*innen begrüßen derweil den Rücktritt des
       Skandalministers. „Der Rücktritt von Salles kam spät, war aber notwendig“,
       schreibt Greenpeace Brasilien. Doch was bedeutet sein Abgang für den
       Umweltschutz? An einen Kurswechsel glaubt kaum jemand.
       
       Auch nicht Marcio Astrini, Koordinator des Klimaobservatoriums: „Wer nun
       zum Minister ernannt wird, muss die Befehle von Bolsonaro befolgen und die
       Politik der Umweltzerstörung weiterführen – genauso, wie Salles es getan
       hat.“ Neuer Minister wird voraussichtlich Joaquim Alvaro Pereira Leite,
       Ex-Sekretär für Amazonien und Umweltdienste. Leite war laut eigenen Angaben
       selbst Landbesitzer und für 20 Jahre Mitglied eines Agrarverbands.
       
       ## Einfluss der Agrarindustrie wächst
       
       Im brasilianischen Parlament wächst der Einfluss von Politiker*innen,
       die dem Agrobusiness nahestehen. Am Mittwoch verabschiedete die
       Justizkommission der Abgeordnetenkammer die umstrittene Gesetzesinitiative
       490. Die soll festlegen, dass Schutzgebiete für Indigene nur in Territorien
       ausgewiesen werden können, auf denen Stämme nachweislich bei der Verkündung
       der Verfassung im Oktober 1988 gelebt hatten.
       
       Viele Indigene besitzen dafür jedoch keine Nachweise oder wurden bereits
       zuvor von ihrem Land vertrieben. Bislang wurde die Ausweisung durch die
       Indigenenbehörde Funai und Expert*innen durchgeführt. Über die
       Gesetzesinitiative soll schon bald im Kongress abgestimmt werden.
       
       Seit zwei Wochen protestieren Indigene im Regierungsviertel Brasílias gegen
       das Gesetz. Am Dienstag kam es zu schweren Auseinandersetzungen, als die
       Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen gegen Demonstrant*innen
       vorging und Indigene mit Pfeilen zurückschossen. Mehrere Menschen wurden
       verletzt.
       
       Präsident Bolsonaro hatte mehrfach erklärt, dass Indigene zu viel Land –
       derzeit rund 14 Prozent des brasilianischen Territoriums – im Verhältnis zu
       ihrem Bevölkerungsanteil besäßen. Indigene befürchten wiederum, dass sie
       durch das Gesetz völlig legal von ihrem Land vertrieben und ihre Gebiete
       für den Bergbau geöffnet werden könnten.
       
       24 Jun 2021
       
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