# taz.de -- Aufarbeitung des 1. Mai: Eskalativer Infektionsschutz
> Im Innenausschuss verteidigen die Verantwortlichen die harte
> Polizeitaktik auf der 18-Uhr-Demo. Die Linke sieht das Ziel des Einsatzes
> nicht erfüllt.
IMG Bild: Umsetzung des Infektionsschutzes
Berlin taz | Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat am Montag im
Innenausschuss den Polizeieinsatz am 1. Mai, der von der
Deeskalationsstrategie vergangener Jahre abgewichen ist, gelobt. Ihr
zufolge habe das Einsatzkonzept „umfassend getragen“, der Infektionsschutz
sei umgesetzt worden.
Sie verwahrte sich gegen Einschätzungen, dass es sich bei der Randale am
Rande der [1][Revolutionären 1.-Mai-Demo] in Neukölln um die heftigsten
Ausschreitungen der vergangenen Jahre gehandelt habe. Diese hätten „nicht
unbedingt etwas zu tun mit früheren Ausschreitungen in Kreuzberg“, so
Slowik. Innensenator Andreas Geisel (SPD) bezeichnete den Protesttag in der
Gesamtschau als „weitgehend friedlich“ und fügte hinzu: „Wir sollten uns
von diesen gewaltsuchenden Extremisten nicht die Botschaft des 1. Mai
kaputt machen lassen.“
Der Leitende Polizeidirektor und Einsatzleiter des Tages, Stefan Katte,
verteidigte das Auflösen des hinteren Teils der Revolutionären Demo bereits
nach wenigen hundert Metern. Katte zufolge wurden die beiden
anarchistischen und schwarzen Blöcke aufgrund massiver Verstöße gegen die
Hygienebestimmungen abgespalten. Auf die Einhaltung des Abstandsgebots habe
weder die Polizei noch der Versammlungsleiter hinwirken können. Gleichwohl
gab er zu, dass der überwiegende Teil der Teilnehmer*innen Masken
getragen habe: „Hätte keiner eine Maske tragen wollen, hätten wir sofort
aufgelöst und die Demo nicht loslaufen lassen.“
Angesichts der Bilanz von 93 verletzten Beamt*innen, von denen vier ihren
Dienst nicht fortsetzen können, sei er „nicht zufrieden“. Andererseits
sagte Katte: „Wie wir es gemacht haben und dass wir es gemacht haben, damit
bin ich schon zufrieden.“ Die daraufhin folgende gewaltvolle Reaktion war
einkalkuliert. Man sei sich bewusst gewesen: „Wenn man in diesen Aufzug
reingeht, dann bleibt das nicht unkommentiert.“
Slowik sprach von „90 Minuten Gewalt“, der „sehr deutlich begegnet“ worden
sei. Insgesamt waren 6.000 Polizist*innen im Einsatz, davon bis zu
5.300 gleichzeitig. 354 Menschen wurden im Tagesverlauf festgenommen, die
meisten wegen Verstößen gegen die Infektionsschutzverordnung, aber auch
wegen Widerstands, Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung.
Für drei Festgenommene wurde Untersuchungshaft angeordnet.
## Kritik an Auflösung
Der Innenpolitiker Niklas Schrader (Linke) kritisierte die Auflösung des
Demozugs auf Höhe einer Baustelle am Rathaus Neukölln: „Die Durchsetzung
von Mindestabständen ist im Ergebnis nicht passiert. Es sind mehr Kontakte
zwischen Menschen geschaffen als vermieden worden“, so Schrader. Katte
hingegen sagte, es habe keinen optimalen Ort auf der Demoroute gegeben, um
die beiden Blöcke auszuschließen. Bis auf die beiden Blöcke hätte die Demo
weiterziehen können. Sie sei allerdings von der Versammlungsleitung nach
einem Angriff auf diese aufgelöst worden.
Eine politische Aufarbeitung des Polizeieinsatzes blieb der Ausschuss
überwiegend schuldig. Die SPD war einfach zufrieden, die Opposition teilte
lieber aus. CDU-Fraktionschef Burkhard Dregger sagte in Richtung von Linken
und Grünen, die das Volksbegehren Deutsche Wohnen und Co. enteignen
unterstützen: „Sie spalten die Stadt und setzen einen politischen
Brandsatz, der sich dann auch am 1. Mai in Gewalttaten gegen Polizeibeamte
entlädt.“
Um dies fortan zu verhindern, forderte Dregger mehr Polizei sowie
„gesetzliche Befugnisse“, um Personen im Vorfeld von Demos „aus dem Verkehr
zu ziehen“ – mit oder ohne richterlichen Beschluss. Niklas Schrader
erwiderte: „Wenn das Ihr Vorschlag ist, die Gewalt am 1. Mai einzudämmen,
läuft es allen, denen die Grundrechte etwas wert sind, kalt den Rücken
herunter.“
3 May 2021
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## AUTOREN
DIR Erik Peter
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