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       # taz.de -- Soziale Spaltung in Pandemie: Corona trifft Arme besonders hart
       
       > Die soziale Ungleichheit in Deutschland könnte sich verschärfen – auch
       > wegen der Pandemie. Das zeigt ein Report mehrerer Einrichtungen.
       
   IMG Bild: Der Handel und seine Mitarbeiter:innen sind von den Folgen der Pandemie besonders hart betroffen
       
       Wer hierzulande arm ist, bleibt immer öfter lange arm. Zudem verschärft die
       Coronapandemie die finanzielle Situation benachteiligter Gruppen wie die
       der Alleinerziehenden, Geringqualifizierten und Migrant:innen. Das sind
       die beiden zentralen Ergebnisse des Datenreports 2021, eines Sozialberichts
       zum Gesamtbild der Lebensverhältnisse in Deutschland. Für den mehr als 500
       Seiten starken Bericht, der seit 1985 alle zwei Jahre erscheint, arbeiten
       Einrichtungen wie das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
       (WZB), das Statistische Bundesamt und die Bundeszentrale für politische
       Bildung zusammen.
       
       Zum ersten Mal zeigt der Bericht in diesem Jahr, welchen Einfluss die
       Pandemie auf die Lebensverhältnisse hierzulande hat. „Wir werden die vielen
       Folgen dieser unglücklichen Zeit erst in einigen Jahren vollständig
       verstehen“, sagte [1][WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger] bei der digitalen
       Vorstellung des Berichts am Mittwoch. Die Daten reichten belastbar bis
       maximal Mitte 2020. Trotzdem ist schon jetzt klar, dass sich Corona „auf
       nahezu alle Bereiche der Gesellschaft ausgewirkt hat“, wie es im Report
       heißt.
       
       Wirtschaftliche und soziale Folgen der Pandemie würden vor allem bei
       Personen mit höheren Bildungsabschlüssen abgefedert: Betriebliche
       Instrumente wie Kurzarbeit und Homeoffice etwa beträfen deutlich häufiger
       qualifizierte Beschäftigte. Zwar stieg der Anteil der Menschen, die häufig
       oder jeden Tag zu Hause arbeiten, während des ersten Lockdowns im Frühjahr
       2020 von 5 auf 23 Prozent.
       
       Dabei allerdings zeigen sich große Unterschiede je nach Beruf und
       Bildungshintergrund: In der unteren Einkommensgruppe mit unter 1.000 Euro
       arbeiteten nur 13 Prozent im Homeoffice – in der oberen von mehr als 2.500
       Euro dagegen mehr als 40. Von finanziellen Problemen infolge der Pandemie
       berichteten neben Selbstständigen zudem vor allem Menschen mit
       Migrationshintergrund, an- und ungelernte Arbeiter:innen sowie Personen
       mit niedrigen Einkommen. Philipp Wotschack vom WZB sagte über diese Gruppe:
       „Sie waren in Zahlungsschwierigkeiten und ernsthafte Geldprobleme geraten,
       mussten Kredite aufnehmen, Sozialleistungen beantragen oder ihren
       Lebensstandard drastisch einschränken.“
       
       ## Frauen stärker betroffen
       
       Die bislang vorliegenden Studien zu den Auswirkungen der Pandemie deuten
       zudem darauf hin, dass Frauen von den negativen Krisenfolgen stärker
       betroffen sind als in früheren Wirtschaftskrisen: Sie arbeiten eher in
       jenen Branchen, in denen harte Kontaktbeschränkungen galten und gelten, zum
       Beispiel in der Gastronomie, der Kultur und im Tourismus. „Die
       bundesdeutsche Gesellschaft ist durch Corona insgesamt und perspektivisch
       ungleicher geworden“, sagte Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für
       politische Bildung. Die Zahlen seien „bedrückend“. Dabei sei die Lage zu
       Beginn der Pandemie weichenstellend für deren Auswirkungen gewesen.
       
       Denn der Bericht zeigt auch: [2][Die soziale Ungleichheit war in
       Deutschland lange vor der Pandemie angelegt.] So lebten 2018 knapp 16
       Prozent der Menschen unterhalb der Armutsrisikoschwelle. Die liegt für
       einen Einpersonenhaushalt bei 1.040 Euro monatlich, bei einem
       Ein-Eltern-Haushalt mit Kind bei rund 1.350 Euro. Das Armutsrisiko liegt
       dabei deutlich über dem Niveau Ende der 1990er Jahre, als es noch 11
       Prozent der Bevölkerung betraf.
       
       Zudem verfestigten sich die Armutsrisiken: Wer einmal unter die
       Armutsgrenze rutscht, bleibt dort länger. Fast 90 Prozent derjenigen, die
       2018 unter diese Schwelle fielen, waren schon in den vier Jahren zuvor
       mindestens einmal von Armut bedroht. Der Anteil der dauerhaft von Armut
       Bedrohten innerhalb aller Armen verdoppelte sich in den vergangenen 20
       Jahren. Mit 41 Prozent ist das Risiko, in Armut zu leben, besonders hoch
       für Alleinerziehende, die weit überwiegend weiblich sind.
       
       ## Soziale Ungleichheit beeinflusst Einstellungen
       
       Die noch immer bestehende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der
       Gesellschaft wirke sich generell „kurz-, mittel- und langfristig“ auf die
       finanzielle Situation von Müttern aus, sagte Uta Brehm vom Bundesinstitut
       für Bevölkerungsforschung. So werden noch immer 90 Prozent der
       Elternzeitmonate von Müttern in Anspruch genommen. Der Anstieg bei der
       Erwerbsbeteiligung ist zudem überwiegend auf Teilzeit zurückzuführen.
       „Familiengründung ist in der Karriere von Müttern ein sehr starker
       Einschnitt“, sagt Brehm. Gründe dafür seien unter anderem gesellschaftliche
       Stigmata gegenüber Vollzeit arbeitenden Müttern, zudem strukturelle
       Fehlanreize wie das Ehegattensplitting und ein Mangel an
       Vollzeitbetreuungsplätzen.
       
       Das hohe Maß sozialer Ungleichheit hat Einfluss auf die Einstellungen der
       Menschen: Drei Viertel der Menschen in Westdeutschland und rund 80 Prozent
       derjenigen im Osten befürworten, dass sich der Staat für den Abbau von
       Einkommensunterschieden starkmachen solle. „Viele haben Interesse an einem
       starken Sozialstaat, der die Schwachen nicht zurücklässt“, sagte Krüger.
       
       10 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Jutta-Allmendinger-ueber-Frauenpolitik/!5739224
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   DIR Patricia Hecht
       
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