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       # taz.de -- Ekelobst Weintraube: Vor dem Wein ist's Essig mit lecker
       
       > Bei wenigem ist die Diskrepanz zwischen Roh- und Endprodukt so groß wie
       > bei Weintrauben und Wein. Erstere sind die Schimmelfrüchte schlechthin!
       
   IMG Bild: A Nightmare in Eltville: Weinbeeren, zusammgerottet zu Weintrauben
       
       Wussten Sie, dass es gar nicht „Weintrauben“ heißt, sondern „Weinbeeren“?
       Ja, toll, ich auch nicht. Genau, also eine dieser grünen oder roten
       Fruchtkugeln ist dann eine „Weinbeere“. Und ein ganzes Gebälk aus diesen
       „Beeren“ plus Ästen ist eine „Weintraube“. Ergibt schon Sinn, oder? So wie
       alles, irgendwann. Prost!
       
       Dieser Tage geht der „Spaß“ wieder „los“. Pfalz auf, Mosel ab werden die
       Reben nach Pressbarem abgeklaubt, werden die Füße der reinsten Jungfrau des
       Dorfs vor der Pressung eine Woche nicht gewaschen, damit der Wein auch
       Aroma bekommt. Okay, das war gelogen. Natürlich werden sie nie gewaschen.
       
       Das ist auch völlig in Ordnung und gehört so. Aber Weintrauben? Also
       Weinbeeren? Pfui! Schmecken, ja, halt irgendwie süß. Und vor allem: richtig
       ekelhaft. Bei wenigem ist die Diskrepanz zwischen Roh- und Endprodukt so
       groß wie bei Weinfrüchten und Wein.
       
       Es beginnt beim Biss auf ein für immer trockenes Häutchen, das an den
       Zähnen kleben bleibt, dann am Gaumen herabflunscht und sich fies auf die
       Luftröhre deckelt, dabei das Geräusch eines kaputten Reißverschlusses
       machend. Dann das Innere der Frucht: irgendwie süß, eben, und wabbelig,
       undefiniert, leicht pissig, vor allem – durchsetzt mit Kernen, die sich in
       der Arschritze anreichern, bis die zugehörige Person an Vergammlung stirbt.
       
       Denn was sich niemand zu sagen traut: Weindinger sind die Schimmelfrüchte
       schlechthin. So schimmlig sind sie ihres puren Wesens nach, dass aus
       manchen dieser Schimmelbeeren wiederum besonders edle Weine werden. Alle
       anderen sind aber einfach ganz normal ungenießbar. Spätestens zwei Tage
       nach dem Kauf kuschelt sich zuverlässig weißgraue Giftwolle auf die ohnehin
       schon widerliche Frucht und erlöst einen endlich von der qualvollen
       Erwartung, so etwas essen zu müssen.
       
       Ja, ich weiß doch, ihr Riesenzucchinis: Es gibt die Ekelbeeren seit einiger
       Zeit auch in kernlos. Seltsamerweise schmecken die dann noch furchtbarer.
       Beinahe wie Quallen, bestenfalls sauer aus Unreife. Außerdem hat die Schale
       hier noch eine fünf Zentimeter dicke Schicht aus Wachs und Gift verpasst
       bekommen, die man sich viel lieber ins Gesicht oder unter die Achseln
       schmieren würde, um nicht vor die schizoid gewordenen Hunde zu gehen.
       
       Könnte man nicht gesüßtes Radiergummi verwenden? Oder Esspapier? Anstatt
       für ein paar müde Sachbearbeiter und unempfindliche Aerobiclehrerinnen
       Tonnen dieser als Obst bezeichneten Seinsunwürdigkeit jährlich um den
       Globus zu fliegen, auf dass sie es bloß wieder ihrem äußeren und inneren
       Biomüll zuführen?
       
       25 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Adrian Schulz
       
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