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       # taz.de -- Initiative kritisiert falsche Fakten: AfD will Wald in Hessen schützen
       
       > Abgeordnete der AfD protestieren gegen Windkraftanlagen im Reinhardswald.
       > Bürgerinitiativen fühlen sich vereinnahmt.
       
   IMG Bild: Der Reinhardswald in Hessen: Hier wanderten schon Rapunzel und Dornröschen
       
       Berlin taz | Eine Protestaktion zum Erhalt des hessischen Reinhardswalds
       planen Abgeordnete der AfD-Fraktion am Mittwoch. Dazu wollen die umwelt-
       und energiepolitischen Sprecher aus der Fraktion des Bundestags und der des
       Hessischen Landtags vor Ort Workshops veranstalten und in einem Zeltlager
       übernachten. Der Reinhardswald nördlich von Kassel gelte als „einer der
       letzten Urwälder Deutschlands“, begründet die AfD ihren Einsatz. Die
       hessische Landesregierung, bestehend aus CDU und Grünen, plane 2.000 Hektar
       (20 Millionen Quadratmeter) für Windkraftanlagen abzuholzen. „Die Proteste
       der Bürger hierzu werden ignoriert, das Genehmigungsverfahren hat bereits
       begonnen“, schreibt die AfD in ihrer Einladung zu der Aktion.
       
       Richtig ist, dass ab dem 7. September die Planungsunterlagen für 18
       Bauanträge für Windkraftanlagen im Reinhardswald öffentlich ausliegen und
       Betroffene bis Anfang November Stellungnahmen dazu einreichen können. Laut
       dem zuständigen Regierungspräsidium Kassel ist beantragt, 8,29 Hektar
       Waldfläche dauerhaft für Windräder zu roden und 12,14 Hektar temporär, etwa
       für die Bauarbeiten. Zusätzlich sollen 4,97 Hektar Wald dem Wegebau zu den
       Anlagen zum Opfer fallen, 3,53 Hektar werden dafür zunächst gerodet und
       dann wieder aufgeforstet. Insgesamt geht es bislang also um 28,93 Hektar,
       die gänzlich oder zeitweilig entwaldet werden. Dazu kommen Flächen für die
       Kabeltrasse – 1.971 Hektar dürften dafür allerdings nicht nötig sein.
       
       Der Naturpark Reinhardswald nördlich von Kassel ist das größte
       zusammenhängende Waldgebiet Hessens. Es umfasst insgesamt 20.000 Hektar und
       ist vor allem für seine alten Eichen- und Buchenbestände bekannt. Außerdem
       haben auch hier die Brüder Grimm einige ihrer Märchen spielen lassen. Die
       Debatte über Windräder in dem Waldgebiet wird seit Jahren heftig und
       emotional geführt.
       
       ## Naturschützer wehren sich
       
       In der Einladung zur Aktion am Mittwoch beziehen sich die AfD-Fraktionen
       auf diese Proteste. Sie verlinken darin Bürgerinitiativen wie „Pro
       Märchenland“ und einen Zeitungsartikel über den Schauspieler und
       Umweltaktivisten Hannes Jaenicke, der sich den Protesten vor Ort anschloss
       und ein Unterstützervideo drehte.
       
       Allerdings haben diese Gruppen es zum Teil schon im Vorfeld abgelehnt, mit
       der AfD zusammenzuarbeiten. So hatte im Juli der energiepolitische Sprecher
       der AfD-Bundestagsfraktion, Steffen Kotré, beim Aktionsbündnis Märchenland
       angefragt, „wie Sie sich ggf. weitere Unterstützung … vorstellen könnten“.
       
       Die Waldschützer vor Ort antworteten, ihnen gehe es „um ein Höchstmaß an
       sachlich korrekten Inhalten“, großpolitische und ideologische
       Richtungskämpfe halte man für „überaus kontraproduktiv“. Nun fühlen sich
       die Aktivisten von der AfD „zu Unrecht in die Tasche gesteckt“, sagt Oliver
       Penner vom Aktionsbündnis Märchenland. Falschinformationen wie „Der Urwald
       wird abgeholzt“ würden dem Ziel der Erhaltung des Reinhardswalds mehr
       schaden als nutzen, so Penner.
       
       Zwar heißt ein Teil des Waldes „Urwald Sababurg“, doch handelt es sich
       dabei um einen Hudewald aus alten Eichen, in den die Bauern früher ihr Vieh
       zur Fütterung trieben. „Im Reinhardswald gibt es keinen Urwald“, sagt Mark
       Harthun, Leiter Naturschutz des Nabu Hessen. Auch er hat „ein großes
       Problem damit, wie die AfD mit den Fakten umgeht“. Die Partei suggeriere,
       dass die Windkraftanlagen in den Teilen des Waldes geplant würden, die als
       Naturschutzgebiete ausgewiesen seien. „Das ist in Hessen aber gar nicht
       erlaubt“, so Harthun. In dem geschützten und auch als Märchenwald berühmten
       „Urwald Sababurg“ seien keine Windräder vorgesehen.
       
       ## Wirklich bedrohlich ist der Klimawandel
       
       „Was die hessischen Wälder wirklich bedroht“, sagt Nabu-Vertreter Harthun,
       „ist der Klimawandel“. 26.000 Hektar Wald – also mehr als die gesamte
       Fläche des Naturparks Reinhardswald – seien in den vergangenen drei Jahren
       akut [1][durch Hitze und Wassermangel in Hessen abgestorben]. Wer den Wald
       erhalten wolle, müsse also den Klimawandel bekämpfen und die Energiewende
       vorantreiben. „Es geht nicht darum, keine Windräder zu bauen“, sagt
       Harthun, „sondern darum, die Flächen zu finden, auf denen sie Mensch und
       Natur am wenigsten beeinträchtigen.“
       
       Die hessische Landesregierung hat 2 Prozent der Landesfläche als sogenannte
       Vorrangflächen definiert. Nur dort dürfen Windkraftanlagen gebaut werden,
       die restlichen 98 Prozent sind tabu.
       
       26 Aug 2020
       
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