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       # taz.de -- Problemsüßigkeit Gummibärchen: Haribo macht voll nicht froh
       
       > Erwachsene zwingen arme Kinderseelen, farblose Gelatineabgüsse in sich
       > hineinzustopfen. Dabei machen Gummibärchen dumm!
       
   IMG Bild: Eine Bärchenattacke jagt die nächste
       
       Kinder sind gar nicht so doof wie gedacht. Sie haben einen voll
       ausgestatteten Wahrnehmungsapparat, können fehlerfrei geradeaus laufen und
       die Sonne durch die Ohren zischen lassen. Das ist Erwachsenen nicht klar.
       Der Erwachsene verfolgt das Prinzip: Mein Kind heißt Hase, es weiß von
       nichts. Der Erwachsene tut und sagt einfach mal; alles, wogegen das Kind
       nicht explizit protestiert, wird schon richtig gewesen sein.
       
       So kommt es, dass gemeint wird, Kindern könne man die abartigsten
       Sachverhalte untermogeln. Und mehr noch: Ihnen gefiele das sogar. Mögen
       doch alle Kinder! Heißt es dann, wenn das Kind sich weigert, „nach der
       Wurst“ zu „schnappen“. Wenn es am Schlammbadtag des Ferienlagers
       Dreckklötze plötzlich genug hat. Wenn es den Labrador abfackelt, [1][den es
       nie geschenkt haben wollte].
       
       Auch Gummibärchen sind so ein abartiger Sachverhalt. Sie gelten als
       klassisches Kinderessen. Dabei teilt sich die Schar der menschlichen
       Miniwürmer, in deren Nähe sie gebracht werden, folgendermaßen auf: In
       diejenigen Kinder, die dieser self-fulfilling prophecy naiv aufsitzen, sich
       prügelnd den Weg zur saftigst glitzernden Stopfpackung bahnen, euphorisch
       den Gummiglubsch reinschlabbernd, weil sie tatsächlich glauben, das, was es
       da gibt, sei etwas Tolles, ihnen geschehe gerade Gutes.
       
       Und eben in die anderen Kinder, denen nur noch die spuckefarbenen
       Gelatineabgüsse angeboten werden können, denn alles andere ist schon leer
       geputzt. Bestimmt – und heimlich froh – lehnen sie ab, wecken damit aber
       nicht mehr Mitleid, sondern Unverständnis in den erwachsenen
       Anbietpersonen. Was? Aber alle Kinder mögen doch!
       
       So geht es weiter, Woche für Woche, Bärchenattacke für Bärchenattacke. Je
       größer das Unverständnis der großen Süßigkeiteninvasoren, umso sicherer
       werden die kleinen Gummiverweigernden sich, dass ihre Ahnung richtig war:
       Das, was die da ihre Hälse runterdrücken, das sollte niemals einen Mund von
       innen sehen.
       
       Um die „Trends“ zu erkennen, heißt es in einem Artikel von 2002, lese der
       greisen Gummibärchenmagnaten Hans Riegel junior, persönlich die Bravo. Auch
       wenn das nicht stimmt: Geht's noch creepier? Gummibärchen sind ein
       unbeschwertes, heiteres Essen, für Kinder – und für das Kind im
       Erwachsenen: Das ist eine Lüge. Gummibärchen verkleben den Magen. Ihre
       Abbauprodukte lagern sich in der Kiddiedrüse an, die ist im Gehirn und kann
       platzen, und wenn das passiert, dann muss man für immer den Kinderkanal
       gucken, und Super RTL und Nickelodeon gleichzeitig. Man wird seines Lebens
       nicht mehr fröhlich.
       
       23 Aug 2020
       
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