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       # taz.de -- Provokante Schuhmode: Das C-Wort – ein Bekenntnis
       
       > Crocs sind hässlich, Crocs sind bunt, Crocs sind camp. Die schuhgewordene
       > Modeverweigerung ist allen anderen Fußbekleidungen meilenweit überlegen.
       
   IMG Bild: Gehen überall: Crocs auf der London Fashion Week
       
       Jedes Mal, wenn meine Freund:innen mit ihren Ex-Lovern zusammenkommen und
       mir erzählen, dass Menschen sich ja ändern können, lache ich laut auf und
       benenne ihren Clowns-Move als solchen. Doch als ich mir an die eigene Nase
       fasste, hielt ich plötzlich eine mit Gummiband aufgespannte rote Kugel
       zwischen den Fingern. Wenn Menschen sich wirklich nicht ändern können, wie
       kann es dann sein, dass ich, die vor vielen Jahren [1][Crocs] als
       Beleidigung und nicht als Schuhwerk betrachtet hat, seit einem Jahr selber
       welche trage – und zwar nicht im Haus oder Garten?
       
       Mit Crocs ins Theater, auf Dates, zu Fotoshootings oder in den Club: Ich
       mach’s einfach. Wer ohnehin als hässlich gilt, muss sich keine Gedanken
       mehr über Fashion Crimes machen. Erst recht nicht, wenn man queer ist und
       an den Fashion-Gesetzen mitschreibt.
       
       Die Tante eines Freundes bezeichnet die gelöcherten, Clog-förmigen
       Plastiktreter als „Shrek-Schuhe“, und ja, die Bezeichnung passt. [2][Shrek
       ist ein riesiges, dickes Monster] – ein Oger. Shrek übersieht man nicht, er
       macht es sich bequem – and that bitch isn’t going anywhere! Manche mögen
       Crocs eher mit einer Claudia oder einem Detlef oder dem kleinen Lukas als
       mit einem Modesinn assoziieren, aber die Zeiten ändern dich.
       
       Crocs sind die Ugly Sneaker von heute. Zu camp für das Symbol der
       heterosexuellen Kleinfamilie. Für dieses Milieu sind außerdem schon
       Flipflops reserviert. Mit ihrer Möchtegern-Filigranität und dem
       aufdringlichen Klackergeräusch passen sie perfekt zum schnellen Gang
       unzufriedener Kund:innen, die gerne mal mit der Geschäftsführung sprechen
       möchten.
       
       Ob mit oder ohne Socken, durch kleine Anstecker wie eine punkige Jeansjacke
       verziert oder mit flauschigem Innenfutter: Die Geschichte eines Paar Crocs
       ist so vielfältig wie seine Farbauswahl. Einen wirklich angemessenen
       Anlass, um Crocs zu tragen, gibt es nicht, wenn wir ehrlich sind. Also
       schließe ich daraus, dass jeder Raum ein geeigneter ist, um mit Crocs an
       den Füßen einen Auftritt hinzulegen. Wenn ich nicht in Plastikschlappen
       kommen kann, ist es nicht meine Revolution.
       
       Mich für die Aneignung von Crocs zu loben oder mich deshalb als
       Stammspieler:in der Crocs-Community zu betrachten wäre spätestens seit dem
       Balenciaga-Upgrade der Schuhe unangebracht. Mein erstes Paar war kein
       Designermodell, sondern der flache Klassiker, übersät mit einer zufälligen
       Auswahl an Ansteckern, die schon dran waren, als ich sie bei Kleiderkreisel
       für ein paar Euro kaufte
       
       Mittlerweile trage ich ein zweites Paar – mit Plateausohle. Während ich mit
       ihnen an den Füßen, „6 Inch“ von Beyoncé auf den Kopfhörern sowie der
       Freiheit, die das Zelebrieren von Hässlichkeit und der Abschied von einem
       Normie-Anspruch in sich tragen, nach Hause spaziere, weiß ich: Für vier
       Minuten und zwanzig Sekunden gehören die Straßen mir.
       
       6 Jul 2020
       
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