URI:
       # taz.de -- Das Coronavirus in Peru: Die Infektion im Bergwerk
       
       > Sechzig Prozent der Exporte Perus entfallen auf den Bergbau, die
       > Förderung läuft weiter. Die Zahl der Infizierten in dem Land steigt
       > indes.
       
   IMG Bild: Warten auf den Coronatest im Almenara Krankenhaus in Perus Hauptstadt Lima
       
       Hamburg taz | Vierzig Kilometer entfernt von Cajamarca befindet sich
       Yanacocha, die größte Goldmine Perus. Dort wird das Edelmetall aus bereits
       geförderten Gestein extrahiert – auch während der Coronakrise. Das ist
       wichtig für den amerikanischen Mehrheitseigner Newmont Mining, denn seit
       Beginn der Coronakrise ist der Goldpreis nahezu explodiert: von 190 Dollar
       zu Jahresbeginn auf derzeit 1.705 Dollar.
       
       „Die Bergbaugesellschaften wollen Kasse machen und haben enormen Druck auf
       die Regierung ausgeübt, um trotz der strengen Quarantäne weiter fördern zu
       dürften“, sagt Carlos Monge, Lateinamerika-Koordinator des Natural Resource
       Governance Institute in Lima. Das Institut engagiert sich für einen
       transparenten und effektiven Umgang mit Ressourcen.
       
       Eigentlich war der Bergbau in den Augen der peruanischen Regierung nicht
       systemrelevant und sollte durch die seit 15. März geltenden Quarantäne
       genauso wie andere Industriebetriebe runtergefahren werden. Doch die
       massiven Proteste des einflussreichen Bergbauverbandes SNMPE haben die
       Regierung einlenken lassen. Nun zählt der Bergbau zu den „essentiellen
       Aktivitäten“. Die Goldmine Yanacocha hatte gleich zu Beginn der Coronakrise
       angekündigt, die Extraktion von Gold aus bereits gewonnenem Gestein
       weiterlaufen zu lassen.
       
       Anders sieht es bei den Minen aus, die Industriemetalle wie Kupfer, Blei,
       Zinn oder Zink fördern. Sie haben ihre Produktion heruntergefahren, wofür
       laut Monge die mangelnde Nachfrage und die niedrigen Weltmarktpreise
       verantwortlich sind. Das trifft auch auf die großen Kupferminen des Landes
       wie Antamina, Antapaccay oder Las Bambas zu, wo mit reduzierter Belegschaft
       gearbeitet wird.
       
       ## Zahl der infizierten Bergleute steigt
       
       Doch auch der reduzierte Betrieb habe katastrophale Folgen, warnt Jaime
       Borda vom bergbaukritischen Netzwerk Muqui. „Die Zahl der infizierten
       Bergleute steigt.“ In der ertragreichsten Mine Perus, Antamina, wurden Ende
       April 210 von insgesamt 254 Infektionsfällen im Bergbausektor registriert.
       Das hat landesweit für Aufsehen gesorgt, zumal das Unternehmen die
       Infektionsfälle erst nach Medienrecherchen bestätigte. „Der Verdacht liegt
       nahe, dass in der Kupfermine nicht alle Vorsichtsmaßnahmen eingehalten
       worden sind. Das hat für Proteste in der Umgebung anderer Minen gesorgt“,
       sagt Borda.
       
       Die Angst, dass Bergarbeiter aus den Städten das Coronavirus in abgelegene
       Regionen bringen, wo indigene Ethnien oft die Bevölkerungsmehrheit stellen,
       ist für Carlos Monge durchaus begründet. „Die Infektionszahlen
       konzentrieren sich in den Städten. In den ländlichen Regionen schotten sich
       immer mehr Dorfgemeinschaften ab, auch weil die Gesundheitsversorgung dort
       miserabel ist.“
       
       Bisher wurden in Peru 51.189 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet,
       davon knapp 30.000 in Lima – 1.444 verstarben (Stand 6. Mai 2020).
       Straßensperren, bei denen Fremde mit dem Slogan „Hier kommt Covid-19 nicht
       herein“ abgewiesen werden, hat es in mehreren Regionen gegeben. Im Süden
       des Landes protestieren die Menschen und die lokalen Verantwortlichen
       inzwischen gegen den Weiterbetrieb der Mine Bateas. Trotz sechs gemeldeter
       Infektionsfälle, wird dort weiter Gold, Silber, Zink und Blei gefördert.
       
       Die Zentralregierung in Lima, der bisher eigentlich ein gutes
       Coronakrisenmanagement bescheinigt wird, kommt beim Umgang mit dem Bergbau
       so langsam in Erklärungsnot.
       
       9 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Knut Henkel
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Peru
   DIR Bergbau
   DIR Peru
   DIR Peru
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bergbau in Peru: Tiefreichende Probleme
       
       Bei Protesten gegen eine Erdölanlage und ein Bergwerk gibt es Tote und
       Verletzte. Und auch das Coronavirus verbreitet sich in den peruanischen
       Stollen.
       
   DIR Hausangestellte in Lateinamerika: Kaserniert oder gefeuert
       
       In Lateinamerika schuften Millionen, meist Frauen, für Besserverdienende.
       Sie gehören zu den Verliererinnen der Pandemie. Peru will das jetzt ändern.
       
   DIR Corona-Folgen für Erneuerbare: Virus-Opfer Wind und Sonne
       
       2020 sollte weltweit ein neues Rekordjahr für die erneuerbaren Energien
       werden. Jetzt wird zum ersten Mal mit einem Dämpfer gerechnet.
       
   DIR Corona in Lateinamerika: Die soziale Zeitbombe
       
       Bis zu zwei Drittel der Bevölkerung in Lateinamerika lebt von der Hand in
       den Mund. Die Corona-Quarantäne wird für viele zur Überlebensfrage.