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       # taz.de -- Neues Talkshowformat bei „funk“: Gesittet und divers
       
       > In „Karakaya Talk“ wird künftig wöchentlich über Pop und Politik
       > diskutiert. Es sollen Menschen zu Wort kommen, die sonst nicht gehört
       > werden.
       
   IMG Bild: Esra Karakaya ist Host und Namensgeberin des neuen Talkshow-Formats
       
       Knapp einen Monat ist es her, da wurden vier Talkshowformate der
       Öffentlich-Rechtlichen mit dem [1][Negativ-Medienpreis die „Goldene
       Kartoffel“] ausgezeichnet. Das Netzwerk der „Neuen deutschen
       Medienmacher*innen“ begründete ihre Auszeichnung von „hart aber fair“,
       „Maischberger“, „Anne Will“ und „Maybrit Illner“ unter anderem mit der
       fehlenden Diversität bei der Gästeauswahl. Dass es auch anders gehen kann,
       zeigt die neue [2][funk-Talkshow „Karakaya Talk“].
       
       Das Ziel der Show, die jeden Mittwoch bei Youtube und funk.net erscheint,
       ist, Menschen einzuladen, „die für gewöhnlich in der deutschen
       Medienlandschaft entweder nicht zu Wort kommen oder nicht gehört werden“.
       Die Moderatorin Esra Karakaya möchte mit ihren Gästen unterhaltsam und
       leicht verständlich über gesellschaftlich relevante Themen aus Pop und
       Politik sprechen. So sitzen in der ersten Folge fünf junge PoC um den
       Tisch, trinken Çay und diskutieren über die Frage: Wie weiß ist
       Klimaaktivismus?
       
       Dass der Klimaaktivismus in Deutschland zu privilegiert und damit
       ausschließend ist, darin sind sich Karakaya und die vier geladenen
       Expert*innen einig. Trotz Einigkeit wird auch bei „Karakaya Talk“, wie man
       es aus den Talkshows des linearen Fernsehens kennt, gestritten und
       diskutiert.
       
       Neben der Sozialwissenschaftlerin Imeh Ituen sind auch die freie
       Journalistin Yasmine M’Barek, Sarah Lee Heinrich von der Grünen Jugend
       sowie Quang Anh Paasch, Mitorganisator und Pressesprecher von Fridays for
       Future unter den Gästen. Ituen kritisiert gleich zu Beginn, dass Schwarze
       Menschen oder PoC in klimaaktivistischen Gruppen häufig nicht mitgedacht
       werden. Quang Anh Paasch verteidigt Fridays for Future daraufhin, dass sie
       die erste Bewegung sei, die nicht „Individuen shamen“, sondern die Politik
       in die Verantwortung zwingen wolle. Und damit für alle offen sei.
       
       ## Verantwortung Europas
       
       Daraus entspinnt sich eine gut 30-minütige Debatte um die Frage der
       Ressourcen, Verantwortung und Privilegien – auch ihre eigenen. Immer wieder
       richtet sich die Kritik auch an FFF, die ihren Aktivismus zu sehr auf den
       globalen Norden beschränken würden. Ituen schlägt vor, dass FFF seine
       finanziellen Mittel mit den Aktivist*innen des globalen Süden teilen
       sollte, um andere Menschen im medialen Diskurs hör- und sehbar zu machen.
       
       Auch das Publikum aus dem Studio wird mit in die Diskussion eingebunden. So
       erzählen zwei Gäste, warum oder warum sie sich nicht dafür schämen, dieses
       Jahr in den Urlaub geflogen zu sein. Die Follower*innen bei Instagram
       konnten im Vorhinein Fragen einreichen, die die Expert*innen beantworten
       sollen.
       
       Zum Abschluss formulieren die vier Gäste dann noch konkrete Forderungen.
       Heinrich plädiert an die Verantwortung Europas in der Klimakrise: „Es ist
       schon schwer genug, dass wir in Europa das 1,5-Grad-Ziel packen, aber
       meiner Meinung nach müssen wir mehr erreichen, da wir eine größere Schuld
       an der Erderwärmung tragen.“ M'Barek ruft alle, die die nötigen Mittel dazu
       haben, dazu auf, sich zu engagieren und in die Politik zu gehen: „Wir
       brauchen mehr Diversität in der Politik.“
       
       ## Sich mal ausreden lassen
       
       Wer sich noch nie mit der Thematik auseinandergesetzt hat, könnte
       Schwierigkeiten haben, der knapp 45-minütigen Diskussion zu folgen. So wird
       beim Einstieg [3][die Kritik Chefkets an FFF erwähnt], jedoch nicht
       erklärt. Der Rapper wurde im Mai von der Bewegung für ein Konzert angefragt
       und kurz darauf wieder ausgeladen. Er warf FFF Rassismus vor, bezeichnete
       sie als „White Days for Future“ und löste damit eine Debatte aus.
       
       Was der Sendung zu Beginn nicht gelingt, holt sie an anderer Stelle wieder
       raus. Mit den regelmäßigen Einblendungen „Jetzt du weißt“ erklären sie
       beispielsweise, was der ökologische Fußabdruck ist, was liberalistisch
       bedeutet und um was es sich beim 1,5-Grad-Ziel handelt.
       
       Esra Karakaya hatte schon einmal eine Talkshow bei Youtube: Acht Folgen
       sind 2018 unregelmäßig unter dem Namen [4][„Black Rock Talk“] erschienen.
       Nun aber hat funk, das gemeinsame Jugendangebot von ARD und ZDF, die
       Sendung eingekauft und ihr einen neuen Namen verpasst. Es ist „Karakaya
       Talk“ nur zu wünschen, dass sie dadurch eine größere Reichweite bekommen.
       
       Mit einer Diskussion auf Augenhöhe, in der sich die Expert*innen
       gegenseitig ausreden lassen, und einer am Alltag orientierten Debatte
       bietet es eine unterhaltsame und informative Alternative zu den sonstigen
       Talkshows. Und diverser als „Maischberger“, „Anne Will“, „hart aber fair“
       und „Maybrit Illner“ ist es allemal.
       
       23 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Preis-fuer-diskriminierenden-Journalismus/!5637204
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=iXtzy2RLjc8
   DIR [3] /Chefket-gegen-Fridays-for-Future/!5597614
   DIR [4] https://www.youtube.com/channel/UCyczvB_IvA7V1a5BXXu3CRg
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carolina Schwarz
       
       ## TAGS
       
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