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       # taz.de -- Forscherin über Diversity in Redaktionen: „Medienwandel schreckt schnell ab“
       
       > Wie werden Journalistenschulen und Redaktionen diverser? Monitoring wäre
       > ein erster Schritt, sagt die Wissenschaftlerin Julia Lück.
       
   IMG Bild: Besonders vielfältig geht es in der Bundespressekonferenz nicht zu
       
       taz: Frau Lück, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage: Alle Redaktionen
       wollen Diversity, aber sie kriegen es nicht hin? 
       
       Julia Lück: Es stimmt, dass das Problembewusstsein sehr hoch ist. Dass die
       meisten Redaktionen sich mehr Vielfalt wünschen – dass sie aber nicht alle
       in gleichem Maße Handlungsstrategien entwickelt haben, um das Problem
       anzugehen.
       
       Sie haben mit Redaktionsleiter*innen und Leiter*innen von
       Journalistenschulen gesprochen. Welche Erklärungen haben Sie da gehört,
       warum das noch nicht so läuft mit der Diversität? 
       
       Es gibt viele Ursachen, und alle stehen auch vor unterschiedlichen
       Herausforderungen. Was wohl alle gemein haben, ist, dass Medien und
       Journalismus im Wandel sind. Das schreckt generell ab, vor allem aber die
       jungen Leute, die es sich zweimal überlegen müssen, ob sie diesen Weg
       einschlagen. Die Bewerberzahlen gehen in einigen Medienhäusern offenbar
       zurück. Damit einher geht das Narrativ von der wirtschaftlich schweren Lage
       der Medien.
       
       Sie meinen das Problem, dass der Einstieg in den Journalismus sehr prekär
       ist? Es heißt ja gerne: „Journalismus muss man sich leisten können.“ 
       
       Interessanterweise habe ich mehrere Interviews in Schweden geführt, wo
       diese Frage gar nicht verstanden wurde. Ich musste weit ausholen, um zu
       erklären, was ich damit meine. Bei uns in Deutschland ist die Situation so:
       Wenn Sie sich bewerben, bei Journalistenschulen oder -studiengängen, dann
       müssen Sie ein gewisses Know-how schon mitbringen. Man muss eine Grundidee
       davon haben, wie man einen Bericht oder eine Nachricht aufsetzt, um
       überhaupt in die Ausbildung zu kommen. Dazu muss man Praktika gemacht
       haben, und die sind schlecht oder teilweise immer noch unbezahlt. Das gibt
       es so in Schweden nicht.
       
       Was haben Sie denn von ihren Interviewpartner*innen in den oberen Etagen
       gehört, was diese aktiv tun wollen? 
       
       Die Häuser versuchen durchaus, Strategien zu entwickeln. Einige sind da
       weiter als andere. Bei vielen ist der erste Schritt, zunächst einmal
       breiter für sich zu werben. Dass man etwa vermehrt in Schulen geht, um mit
       Leuten in Kontakt zu kommen. Wenn junge Leute nämlich null Kontakt im
       Freundes- oder Familienkreis zu Journalistinnen oder Journalisten haben,
       dann haben sie auch gar keine Vorstellung davon, was den Beruf ausmacht.
       Eine weitere Strategie, die bislang in Deutschland weniger verfolgt wird,
       die meines Erachtens aber zentral ist, ist ein konsequentes Monitoring.
       
       Was heißt das? 
       
       Wir haben jedes Mal gefragt: Können Sie uns Zahlen nennen? Wie sieht es
       denn bei Ihnen aus? In Großbritannien haben wir darauf aus mehreren Häusern
       Zahlen und oft auch Zielzahlen gehört. In Schweden wiederum wird das im
       Bereich der Geschlechtergerechtigkeit sehr genau kontrolliert. Dort sind
       per Gesetz sogenannte Equal Opportunity Plans gefordert, in denen man
       aufzeigen muss, wie man Geschlechtergerechtigkeit im Unternehmen herstellen
       will. All das wird in Deutschland noch so gut wie gar nicht gemacht. Da
       haben wir oft gehört: Wie sollen wir das denn überhaupt erheben?
       Datenschutzrechtliche Bedenken wurden angeführt. Das ist natürlich richtig,
       aber ich glaube, man muss Wege finden, sich erst einmal ein objektives Bild
       davon zu machen – Wie sieht es überhaupt aus bei uns im Haus, in der
       Redaktion? –, um das dann konsequent anzugehen.
       
       Zu der Frage nach journalistischem Nachwuchs mit Migrationshintergrund
       steht in Ihrer Studie, dass häufig fehlende Sprachkenntnisse als
       Hinderungsgrund genannt wurden. 
       
       Das ist tatsächlich oft, was man als Erstes zu hören bekommt. Das muss man
       kritisch hinterfragen. Es geht ja meistens um Menschen der zweiten und
       dritten Generation und nicht um gerade erst Eingewanderte. Aber auch wenn
       die Sprache nicht perfekt sein sollte: Gerade beim Schreiben machen
       Redakteure den ganzen Tag nichts anderes, als Sprache zu korrigieren. Das
       ist also behebbar. Schwieriger ist es tatsächlich für Einwanderer, selbst
       jene, die schon als Journalist im Heimatland gearbeitet haben, sich im
       hiesigen Mediensystem zurechtzufinden.
       
       In der Studie heißt es abschließend: Wenn man Kolleginnen mit diversen
       Hintergründen eingestellt hat, sei die Aufgabe nicht zu Ende. Was heißt
       das? 
       
       Die Erkenntnis, dass Vielfalt nicht mit dem Einstellungsprogramm endet, ist
       noch nicht vollständig durchgesickert. Wenn man unterschiedlichste Leute in
       der Redaktion hat, aber alles andere so macht wie immer, dann geht Vielfalt
       unter, in den etablierten Strukturen, in den Blattlinien, den Deadlines. Da
       muss man sich dann überlegen, wie man Vielfalt im Arbeitsalltag leben will.
       Sonst wird es für die Leute mit diverserem Hintergrund schnell
       frustrierend.
       
       26 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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