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       # taz.de -- Kommentar Misstrauensvotum Österreich: Kurz entschlossen
       
       > Österreichs Kanzler muss dank eines Misstrauensvotums gehen – will aber
       > sein Projekt unbedingt vollenden. Neuauflage leider nicht ausgeschlossen.
       
   IMG Bild: Auf Wiedersehen! Fragt sich nur, mit wem
       
       Rachegelüste der SPÖ. So erklärt der abgesetzte Bundeskanzler [1][den
       erfolgreichen Misstrauensantrag] gegen ihn und seine Regierung. Sebastian
       Kurz ist ein begnadeter Selbstvermarkter und seine Darstellung als Opfer
       der billigen Vendetta einer Verliererpartei passt in die Inszenierung.
       
       Kurz – [2][der ÖVP-Sieg bei den EU-Wahlen belegt das] – erfreut sich nach
       wie vor hoher Sympathiewerte. 64 Prozent der Wahlberechtigten sprachen sich
       am Sonntag in einer Umfrage gegen seine Absetzung aus. Die SPÖ muss damit
       rechnen, dass ihr das bei den nächsten Wahlen auf den Kopf fällt.
       
       Dass Revanche bei den Überlegungen, dem Kanzler das Misstrauen
       auszusprechen, eine Rolle gespielt hat, kann nicht ausgeschlossen werden.
       In Wahrheit hatten die Sozialdemokraten aber keine andere Wahl. Sebastian
       Kurz hatte sie mit der Sprengung der von Christian Kern (SPÖ) angeführten
       Regierung vor zwei Jahren gelehrt, dass bei ihm [3][taktisches Kalkül]
       schwerer wiegt als Vertragstreue.
       
       Nach dem folgenden Wahltriumph galt sein Bestreben, mit dem Juniorpartner
       FPÖ möglichst viele Bastionen der SPÖ zu schleifen. Dafür nahm er in Kauf,
       Rechtsextreme in Spitzenjobs zu befördern. Entgegen der in Österreich über
       Jahrzehnte gepflegten Konsensdemokratie hatte er 17 Monate lang nie den
       Kontakt zur größten Oppositionspartei gesucht – und auch nach dem Platzen
       der jüngsten Regierung traf er alle Entscheidungen im Alleingang. Für
       jemanden, der demnächst darauf angewiesen ist, einen neuen Partner zu
       finden, zeugt es von wenig Weitsicht, mögliche Partner zu verprellen.
       
       Kurz ist davon besessen, [4][den neokonservativen Umbau der Republik], den
       er mit der FPÖ so erfolgreich begonnen hat, auch zu vollenden. Und man muss
       sich fragen, welche Konstellation außer einer Alleinregierung ihm das
       ermöglichen würde. Eine Neuauflage von Türkis-Blau – also ÖVP-FPÖ – nach
       den Nationalratswahlen im kommenden September ist nicht ausgeschlossen.
       
       Der SPÖ-Basis wäre es jedenfalls schwer zu vermitteln gewesen, hätte ihre
       Partei, die ja am Wirken der Regierung kein gutes Haar gelassen hatte, dem
       Kanzler das Vertrauen ausgesprochen.
       
       28 May 2019
       
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