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       # taz.de -- Lungenarzt und Rechenfehler: Irrungen und Wirrungen
       
       > Mit neuen Äußerungen zeigt Dieter Köhler zunehmenden Realitätsverlust:
       > Mit Fakten hat seine jüngste Erklärung nicht viel zu tun.
       
   IMG Bild: Alles Lüge: Stickoxide bleiben gefährlich, auch wenn ein Rentner was anderes behauptet
       
       Eigentlich hatte ich ja gehofft, mich nach einer Woche mal wieder mit etwas
       anderem beschäftigen zu können als mit dem pensionierten Lungenarzt Dr.
       [1][Dieter Köhler]. Und keinesfalls sehe ich es als meine Aufgabe, von nun
       an jede weitere seiner Äußerungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
       Doch in seiner jüngsten [2][Pressemitteilung] vom Sonntag entfernt sich der
       Initiator der berühmten Lungenarzt-Stellungnahme gegen die Feinstaub- und
       Stickoxidgrenzwerte so weit von der Realität, dass doch noch mal eine kurze
       Einordnung geboten scheint.
       
       Beim Feinstaub (um den es in den aktuellen Fahrverboten übrigens gar nicht
       geht) sieht Köhler die „Aussagen der Stellungnahme in vollem Umfang
       bestätigt“, schreibt er in seiner Pressemitteilung. Schon das verwundert
       ein wenig, denn in einer am 14. Februar hinzugefügten „Ergänzung“ hat
       Köhler die ursprüngliche Stellungnahme online an mehreren Stellen
       [3][korrigiert].
       
       Die Feinstaubkonzentration im Zigarettenrauch hat er von „100–500 g/m³“
       verändert zu „25 g/m³“. Der Vergleichsfaktor zum Feinstaubgrenzwert wurde
       von „1 Million Mal“ zu „eine halbe Million Mal“ korrigiert. Das Ergebnis
       der Vergleichsrechnung bleibt (wie die taz auch [4][berichtet hatte])
       trotzdem in der gleichen Größenordnung. Statt „weniger als zwei Monate“
       sind es laut Köhler nun „2,1 Monate“, die man eine Schachtel pro Tag
       rauchen müsste, um genauso viel Feinstaub aufzunehmen wie in 80 Jahren aus
       der Außenluft. (Der Unterschied zum in der taz genannten Wert von 2,4
       Monaten liegt übrigens daran, dass Köhler bei seiner neuen Rechnung nicht
       nur den Feinstaubwert verändert hat, sondern auch die Luftmenge, die ein
       Mensch am Tag atmet – von den zuvor von ihm per Mail angegebenen 10.000 auf
       9.000 Liter am Tag.)
       
       Noch weitaus unverständlicher sind die neuen Aussagen zum Thema Stickoxid.
       Dazu erklärt Köhler nun, es sei „in den Aussagen der Stellungnahme keine
       Korrektur vonnöten“. Das überrascht, weil er auch hier die ursprüngliche
       Aussage in seiner „Ergänzung“ bereits korrigiert hat: Beim
       Stickoxid-Vergleich wurde „etwas geringer“ durch „entsprechend 25x
       geringer“ ersetzt – was Köhlers Fehler nur zum Teil beseitigt, aber ja
       schon eine erhebliche Veränderung ist.
       
       ## Köhler weist sein eigenes Kernargument zurück
       
       Besonders erstaunlich ist aber Köhlers folgender Satz, mit dem er
       begründet, warum keine Korrektur nötig ist: „Da NOx als Gas im Organismus
       als Naturstoff in den Stickstoffkreislauf eingebunden wird, ist die
       Berechnung einer kumulativen Dosis, wie von der TAZ ausgeführt, unsinnig.“
       Soll heißen: Das lebenslang eingeatmete Stickoxid zu addieren, um es dann
       mit der beim Rauchen aufgenommenen Menge zu vergleichen, ergibt keinen
       Sinn.
       
       Aber auf die Idee, das zu tun, ist natürlich nicht die taz gekommen, wie
       Köhler nahezulegen scheint. Sondern dieser Vergleich ist der Kern von
       Köhlers Argument. Es findet sich nicht nur in seinen Interviews und
       Vorträgen, sondern eben explizit auch in der Stellungnahme – eingeleitet
       mit den Worten, der Vergleich mit den Rauchern sei „das stärkste Argument“
       gegen die Grenzwerte.
       
       Köhler negiert also nachträglich seine bereits eingeräumten Fehler und
       leugnet seine früheren Aussagen. Das macht eine inhaltliche
       Auseinandersetzung praktisch unmöglich. Denn so sehr man über die
       Interpretation der Fakten streiten kann – man kann nicht die Tatsachen
       selbst so anpassen, dass sie zur eigenen Argumentation passen.
       
       Leider ist Köhler mit diesem Umgang nicht allein. CSU-Verkehrsminister
       Andreas Scheuer hat die Einschätzungen von Köhler sogar zur Grundlage
       seiner Politik gemacht – obwohl nur ein Bruchteil der von Köhler
       angeschriebenen Ärzte dessen Papier unterzeichnet hatte, Köhler selbst nie
       wissenschaftlich zu Stickoxid publiziert hat und die tatsächlich zum Thema
       arbeitenden ForscherInnen seine Argumentation von Anfang an als absurd
       bezeichneten.
       
       Auch nach Bekanntwerden von Köhlers Fehlern heißt es aus Scheuers
       Ministerium unverändert, dessen Berechnungen hätten „einen Impuls zur
       Debatte über die europäischen NOx-Grenzwerte gesetzt“. Ob ein Argument
       stimmt, ist offenbar weniger wichtig als die Tatsache, dass es nützt.
       
       18 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5572843/
   DIR [2] https://www.lungenaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/pressemeldung-zu-fehlerhafter-darstellung-der-gefaehrdung-durch-luftschadstoffe-in-den-medien/
   DIR [3] https://www.lungenaerzte-im-netz.de/fileadmin/pdf/Stellungnahme__NOx_und__Feinstaub.pdf
   DIR [4] /!5570715
       
       ## AUTOREN
       
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