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       # taz.de -- Vor dem Viertelfinale Schweden – England: Arbeit + Glück = Schweden
       
       > Würde im Fußball stets der Bessere gewinnen, wäre Schweden längst
       > ausgeschieden. Ist aber nicht so. Im Viertelfinale wartet England.
       
   IMG Bild: Vor dem Spiel gegen England: Schweden kreist um sich selbst
       
       Es muss immer Gründe geben. Absurdität ist schwer zu ertragen. Hinterher
       will man wissen, was zur Hölle da eigentlich gerade im Fußball zu sehen
       war. Warum es kam, wie es kam, und nicht ganz anders. Also werden Theorien
       gezimmert. Und wenn die nicht passen, kommen neue nach. Das macht man so
       lang, bis einer gewonnen hat, und dann macht man eine Meistererzählung
       draus.
       
       Es gab hunderte Erklärungen zum [1][WM-Aus der deutschen
       Nationalmannschaft], und entsprechend gab es hunderte Vorschläge, was sich
       jetzt zu ändern habe. Eine Erklärung hat man selten gelesen: es war
       schlichtweg Pech. [2][Deutschland hatte gegen Südkorea] 28 Torschüsse, das
       hätte in einem statistisch normalen Spiel für drei Tore gereicht. Aber hat
       es diesmal eben nicht. Der Ball ist eben dumm geflogen.
       
       Dafür sind nun die lustigen Schweden im Viertelfinale, die
       kokosnussklopfend durchs Turnier reiten. Ja, es ist natürlich harte Arbeit,
       eine Defensive derart stabil zu halten. Im Normalfall reicht das allerdings
       nicht. Bei Schweden hat es doch gereicht, und wie, fragt man sich, ganz
       unironisch.
       
       Zwei der drei Spiele, die Schweden im Turnier gewonnen hat, gewinnt man so
       nur ganz selten. Von Südkorea hat die Mannschaft einen s[3][trunzdummen
       Elfmeter geschenkt bekommen], von der Schweiz [4][ein endelegantes
       Eigentor]. Das ist, zweimal, Glück; Riesenglück; Wahnsinnsglück. Und da
       sind die Entscheidungsspiele gegen Italien noch gar nicht mit eingerechnet,
       als Schweden in 180 Minuten exakt zweimal aufs Tor schoss. Und der
       entscheidende Schuss war, selbstverständlich: abgefälscht.
       
       Entgegen gängiger Vorstellungen kann man sich Glück natürlich nicht
       verdienen, sonst wäre Dänemark jetzt ebenfalls im Viertelfinale. Aber ein
       gewisses Zutrauen in sich selbst hilft. [5][Marcus Berg] und Ola Toivonen
       nehmen sich Abschlüsse, als pflückten sie reife Äpfel vom Baum. Kommt ein
       Ball geflogen, versuchen sie es einfach mal, naja! Schaun mer mal, dann
       sehnmer schon. Und siehe da, irgendwas klappt, selbst wenn keiner weiß,
       wie. Fußball kann so einfach sein.
       
       Aktuell geht man davon aus, dass 40 Prozent der Tore auf Profiniveau aus
       Zufall entstehen, unterschiedliche Untersuchungen kommen auf das Ergebnis,
       dass bis zu 45 Prozent der Spiele von vermeintlich schwächeren Teams
       gewonnen werden. Die Versuche, den Zufall zu bändigen, sind vielfältig:
       Turniermodus mit Vorrundengruppen, die Qualität des Balles, die
       Beschaffenheit des Rasens, die vielen taktischen Analysetools, die
       Torlinientechnologie, jetzt der Videoassistent, all das soll den Fußball
       gerechter machen.
       
       Gerechter heißt: dass der Bessere gewinnt. Aber das ist ja ein redundanter
       Schluss. Wer der Bessere ist, weiß man ja gar nicht. Es kann Gerechtigkeit
       im Fußball gar nicht geben, sonst wäre er ja kreuzöde, da könnte man auch
       Billard kucken.
       
       Aber weil er so ungerecht ist, verlangt er umso mehr nach Erklärungen.
       Gewinnt Schweden [6][gegen England], braucht es noch eine: Wie kann in
       einer durch VAR und Torlinienassistent entchaotisierten, auf Gerechtigkeit
       gepolten WM diese Mannschaft in ein Halbfinale kommen? Die Erklärung wird
       absurd sein, das wird sie sicher umso schöner machen.
       
       7 Jul 2018
       
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