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       # taz.de -- Neuer Studiengang in Hamburg geplant: Hebammen im Hörsaal
       
       > SPD und Grüne wollen einen neuen Studiengang für Hebammen einführen und
       > stellen sich damit auf eine neue EU-Verordnung ein. Hebammen begrüßen
       > diesen Schritt.
       
   IMG Bild: Hebamme bei der Arbeit: Der Beruf hat sich im Lauf der Zeit verändert
       
       HAMBURG taz | SPD und Grüne wollen die Hebammenausbildung überarbeiten.
       Dafür soll ein „Studiengang der Hebammenkunde“ an einer staatlichen
       Hochschule eingerichtet werden, ein entsprechender Antrag der
       Regierungsfraktionen wird am 16. Mai in der Bürgerschaft diskutiert. Die
       akademische Ausbildung werde zur „Attraktivität des Berufes“ und zur
       „Nachwuchssicherung bei den Hebammen beitragen“, heißt es darin.
       
       Susanne Lohmann, zweite Vorsitzende des Hamburger Hebammenverbandes,
       begrüßt die Initiative des Senats, hält sie aber auch für einen „längst
       überfälligen Schritt“: Dass Hebammen studieren, sei in den meisten
       EU-Ländern gang und gäbe, es könne „nicht sein, dass Deutschland hier noch
       immer das Schlusslicht bildet.“
       
       Tatsächlich führt wohl gar kein Weg an einer Neuordnung der Ausbildung
       vorbei – Hamburg stellt sich lediglich auf eine neue EU-Verordnung ein, die
       2020 in Kraft treten soll. Die besagt, dass künftig zwölf Jahre allgemeine
       Schulbildung für die Ausbildung zur Hebamme nötig sind, das heißt: ein
       Realschulabschluss wird als Zulassungsvoraussetzung nicht mehr ausreichen.
       
       Ob es mit dieser Regel weiterhin Hebammenschulen in Deutschland geben wird
       oder ob bald alle Geburtshelferinnen studieren müssen, ist noch völlig
       offen. Doch auch SPD und Grüne berufen sich im Antrag bereits auf das
       EU-Recht. Mit der längeren Schulbildung sei „bildungspolitisch
       grundsätzlich eine Akademisierung verbunden“, schreiben die Fraktionen.
       
       Dass Geburtshilfe nicht mehr in drei Jahren Ausbildung, sondern im Rahmen
       eines Studiums gelehrt werden sollte, sei mit Blick auf die gestiegenen
       Anforderungen dringend nötig, sagt Susanne Lohmann: „Der Beruf ist heute
       auf einem völlig anderen Niveau als noch vor 30 Jahren. Inzwischen wird
       erwartet, dass Hebammen neue medizinische Erkenntnisse in ihre Arbeit
       einbeziehen, Studien lesen und wissenschaftlich arbeiten können.“
       
       Die Debatte um neue Ausbildungswege fällt in eine Zeit, in der Hebammen
       bundesweit für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Probleme gibt es viele:
       Schlechte Bezahlung, hohe Haftpflichtprämien für Freiberuflerinnen und eine
       enorme Arbeitsbelastung. Kann Akademisierung dabei helfen, die prekäre Lage
       der Hebammen zu verbessern?
       
       Der Hamburger Hebammenverband hofft es zumindest. „Wer besser ausgebildet
       ist, kann auch anders über Preise verhandeln“, glaubt Susanne Lohmann.
       Entsprechend ihrer Qualifikation müssten studierte Hebammen auch mehr
       verdienen – „vielleicht gab es auch deswegen lange Widerstand gegen die
       akademische Ausbildung, aus Sorge, Hebammen mehr zahlen zu müssen.“
       
       Letztlich gehe es aber auch um eine gesellschaftliche Aufwertung der
       gesamten Berufsgruppe und um mehr Eigenständigkeit: Mit der zunehmenden
       Professionalisierung sollten Hebammen auch eine eigene Kontroll- und
       Regierungsinstanz bekommen, ähnlich der Ärztekammer und Apothekenkammer.
       
       ## Ausbildung mit Praxisanteil
       
       Wie das neue Studium in Hamburg genau aufgebaut sein könnte, steht indes
       noch nicht fest. Dem Senat schwebt eine interdisziplinäre Ausbildung mit
       Praxisanteil vor, möglich wäre eine Kooperation der Hochschule für
       Angewandte Wissenschaften (HAW) und dem Universitätsklinikum Eppendorf
       (UKE).
       
       Ein neues Bundesgesetz, Grundlage für die Hebammenausbildung, ist gerade in
       Arbeit, es soll Rahmenbedingungen für die Erstellung der Studienkonzepte
       festlegen. Lohmann plädiert für 50 Prozent Praxis – außerdem sollte es
       neben medizinischen Inhalten aus solche aus der Kommunikationsforschung und
       dem Qualitätsmanagement geben.
       
       An der Universität Lübeck ist vergangenen Herbst Deutschlands erster
       universitärer Bachelorstudiengang „Hebammenwissenschaft“ gestartet, mit 20
       Studentinnen pro Semester. Die bekommen mit der Immatrikulation einen
       Ausbildungsvertrag und eine Ausbildungsvergütung. Zu 3.000 Stunden Praxis
       kommen 1.600 Stunden Theorie.
       
       ## Vorbereitung auf die Selbständigkeit
       
       Ob die Absolventinnen später mal bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt
       haben, ließe sich jetzt noch nicht sagen, sagt Christiane Schwarz, die den
       Studiengang leitet. In Lübeck studieren und arbeiten die angehenden
       Hebammen über vier Jahre. Im letzten Jahr werden sie gezielt auf die
       Selbstständigkeit vorbereitet. Doch vor allem will Schwarz den angehenden
       Hebammen kritisches Denken vermitteln: „Gerade Hebammen müssen Erlerntes
       auch hinterfragen.“
       
       Ein Beispiel: Noch vor 30 Jahren hätten Schwangere bei der Geburt sehr oft
       einen Dammschnitt bekommen – ohne medizinische Indikation, weil man eben
       glaubte, das würde die Gebärmutter schonen. „Inzwischen weiß man, dass
       Frauen nach dem Einschnitt lange unter Beschwerden leiden. Aus heutiger
       Sicht ist das die westliche Genitalverstümmelung«, so Schwarz. Von einer
       besseren Ausbildung würden also letztlich nicht nur die Hebammen
       profitieren – sondern gerade auch schwangere Frauen und deren Kinder.
       
       15 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Annika Lasarzik
       
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