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       # taz.de -- Bürgermeisterwahl in Ungarn: Querfront gegen Fidesz
       
       > Die Wahl für ein Bürgermeisteramt in Südungarn gewinnt ein
       > Oppositioneller. Er wird von den Sozialdemokraten und der rechtsextremen
       > Jobbik gestützt.
       
   IMG Bild: Keine Trendwende: Protest gegen die Fidesz-Regierung am 23. Februar in Budapest
       
       Wien taz | Wünschen sich die Ungarn einen politischen Wechsel? Sechs Wochen
       vor den bevorstehenden Parlamentswahlen hat die regierende
       nationalkonservative Fidesz eine unerwartete Schlappe erlitten. In der
       südungarischen Stadt Hódmezővásárhely (Neumarkt an der Theiß) setzte sich
       bei kommunalen Nachwahlen überraschend der Kandidat der Opposition für den
       Posten des Bürgermeisters, der Unabhängige Péter Márki-Zay, mit 57,5
       Prozent der Stimmen gegen Zoltán Hegedűs (41,5 Prozent) von Orbáns Fidesz
       durch. Die Nachwahlen waren durch den Tod des Fidesz-Bürgermeisters
       notwendig geworden.
       
       Das Erfolgsrezept der Opposition war die Überwindung der ideologischen
       Vorbehalte. Von der sozialdemokratischen MSZP über die Öko-Partei LMP bis
       zur rechtsextremen Jobbik konnten sich alle Kräfte auf den parteilosen
       Márki-Zay einigen – einen gemäßigt konservativen Fidesz-Dissidenten, der
       seiner Partei aus Entrüstung über die ausufernde Korruption den Rücken
       gekehrt hat.
       
       Die rechtsextreme Jobbik gibt sich in jüngster Zeit auffällig konstruktiv
       und geläutert. Symptomatisch ist die Wandlung des 40jährigen Abgeordneten
       Márton Gyöngyösi, der 2012 die Erstellung einer Liste der in Ungarn
       lebenden Juden, die „eine Bedrohung für die nationale Sicherheit
       darstellen“ gefordert hatte. Später entschuldigte er sich dafür.
       
       Heute bezeichnet er seine Aussagen von damals als eindeutig falsch. Jobbik
       bemühe sich, die gespaltene Gesellschaft zu einen und suche
       Konsenslösungen, so der Politiker am Montag im Interview mit dem Ö1
       Mittagsjournal.
       
       ## Nepotismus und Korruption
       
       Dass die Regierungspartei ausgerechnet in Hódmezövásárhely eine Schlappe
       erlitt, ist kein Zufall. Die 47.000-Einwohner-Stadt nahe der rumänischen
       Grenze ist ein Schaufenster von Nepotismus und Korruption.
       
       Dass sich die Affären nicht nur auf der Gerüchteebene abspielen, belegt
       eine Untersuchung der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf, die einen
       landesweiten Skandal um neue Beleuchtungskörper für die Gemeinden
       aufgedeckt hat. Orbáns Schwiegersohn István Tiborcz soll sich über ein
       Firmengeflecht mehrere Millionen Euro durch manipulierte Ausschreibungen in
       die eigene Tasche gesteckt haben.
       
       Beleuchtungskörper mit weit geringerer Lebensdauer als angegeben wurden zu
       überteuerten Preisen angeboten. Die Tiborcz zugerechnete Firma Elios, die
       federführend beteiligt war, hat ihren Sitz in Hódmezövásárhely.
       
       In dieser Stadt begann auch die Karriere von Orbáns einflussreichem
       Kanzleramtsminister János Lázár, der hier Bürgermeister war. Auch er ist
       immer wieder Gegenstand von Recherchen der wenigen verbliebenen
       unabhängigen Medien zu Korruptionsaffären.
       
       Dass die Wahl eine Trendwende in der öffentlichen Meinung bewirkt, ist
       nicht anzunehmen. Umfragen lassen erwarten, dass sich Fidesz am 8. April
       mit knapp der Hälfte der Stimmen – dank des maßgeschneiderten Wahlrechts –
       bis zu 70 Prozent der Parlamentssitze sichern kann. Außer der Opposition
       gelingt es, in vielen Wahlkreisen Einheitskandidaten aufzustellen.
       
       26 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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