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       # taz.de -- Geschichtszensur-Gesetz in Polen: Erinnern mit Einschränkungen
       
       > Polen und Israel streiten über ein geplantes polnisches Gesetz, das
       > „Polens guten Ruf“ schützen soll. Es verbietet etwa, von „polnischen KZs“
       > zu sprechen.
       
   IMG Bild: Anna Azari, israelische Botschafterin in Polen, bei ihrer Rede zum Holocaust-Gedenktag
       
       Warschau taz | Ausgerechnet am 27. Januar, dem Internationalen
       Holocaust-Gedenktag, sind sich die Premiers von Polen und Israel in die
       Haare geraten. Der Grund ist [1][eine Art Geschichtszensur-Gesetz], das
       Polens Abgeordnete jüngst beschlossen haben – unter dem Vorwand, den „guten
       Ruf Polens“ schützen zu wollen.
       
       Anna Azari, Israels Botschafterin in Polen, änderte daraufhin kurzfristig
       ihre Rede auf der zentralen Gedenkfeier im ehemaligen SS-Vernichtungslager
       Auschwitz-Birkenau ab. Sie forderte die Parlamentarier in Warschau auf, das
       Gesetz noch einmal zu überarbeiten, da es auch die Opfer und Zeitzeugen
       treffen könne. „Dieses Gesetz hat keine Grundlage“, sagte Israels Premier
       Benjamin Netanjahu. „Ich bin entschieden dagegen. Man kann nicht die
       Geschichte ändern und darf auch den Holocaust nicht negieren.“
       
       Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hingegen erinnerte an die
       polnisch-israelische Abmachung von 2016 zur gemeinsamen Sprachpolitik, wenn
       es um die Shoah gehe: Wer künftig bewusst oder versehentlich
       Wortkombinationen wie „polnisches KZ“, „polnisches Vernichtungslager“ oder
       „polnische Gaskammern“ verwendet, solle straf- wie auch zivilrechtlich zur
       Rechenschaft gezogen werden können. Das polnische Strafrecht sieht eine
       hohe Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor, das
       Zivilrecht erlaubt Klagen wegen Beleidigung und nationaler Ehrverletzung.
       
       Im Wortlaut klingt das Gesetz so: „Jeder, der öffentlich der polnischen
       Nation oder dem polnischen Staat faktenwidrig die Verantwortung oder
       Mitverantwortung für Verbrechen zuschreibt, die durch das Dritte Deutsche
       Reich begangen wurden, unterliegt einem Bußgeld oder einer Freiheitsstrafe
       von bis zu drei Jahren. Dies gilt ebenso für die Zuschreibung von
       Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Frieden sowie für
       Kriegsverbrechen.“
       
       ## Widerspruch zu Forschungsergebnissen
       
       Schon 2016, als das Gesetzesprojekt schon einmal dem Sejm vorlag, hatte die
       israelische Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem massiv
       protestiert und darauf hingewiesen, dass damit Forschungen behindert
       würden, die zum Aufdecken neuer Fakten führten. Damals hatte der
       renommierte Holocaust-Forscher Yehuda Bauer die polnischen Pogrome an Juden
       nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion 1941 im Sinn. Es soll
       rund 60 gegeben haben, doch noch fehlt es zu den meisten an Detailstudien.
       
       Tatsächlich behauptet der aktuelle Chef des Warschauer Instituts des
       Nationalen Gedenkens (IPN), dass das bekannte Pogrom von Jedwabne 1941
       nicht von christlichen Polen an ihren jüdischen Nachbarn verübt wurden,
       sondern von den Deutschen. Damit widerspricht er den Forschungsergebnissen
       seines eigenen Hauses.
       
       Ging es 2016 noch vor allem um die Pogrome, geht es heute um die
       gesellschaftliche Kollaboration zahlreicher Polen mit den Nazis. Erst
       kürzlich beschimpfte der stellvertretende EU-Parlamentarier Ryszard
       Czarnecki die polnische EU-Abgeordnete Roza Thun als „polnische
       Judenverräterin“ oder „Schmaltzownik“, da diese mit einer deutschen
       Fernsehjournalistin gesprochen hatte.
       
       In knapp drei Monaten sollen in Polen zwei Bände zu polnischen
       Kollaborateuren und Judenverrätern erscheinen. Sollte der Präsident das
       neue Gesetz unterschreiben, wird kein Journalist und keine Journalistin
       darüber schreiben können, ohne eine dreijährige Haftstrafe und hohe
       Geldbußen zu riskieren.
       
       28 Jan 2018
       
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