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       # taz.de -- SPD-BaWü-Chefin über Erneuerung: „In der Mitte ist es recht eng“
       
       > Wohin steuert die SPD? Baden-Württembergs Landeschefin Breymaier über
       > Kapitalismuskritik, die männerlastige Führungscew und einen Mindestlohn
       > von 12 Euro.
       
   IMG Bild: „Die SPD ist eine linke Volkspartei“, sagt Leni Breymaier
       
       taz: Frau Breymaier, Martin Schulz kritisiert den Neoliberalismus und
       fordert, die SPD müsse ihre eigene Politik der letzten 20 Jahre
       hinterfragen. Zu Recht? 
       
       Leni Breymaier: Ich finde seinen Ansatz richtig. Die SPD muss gegen die
       Auswüchse des freien Marktes kämpfen. Die neoliberale Lehre ist in
       Deutschland ja zum Allgemeingut geworden. Ihre Verfechter haben Geld ohne
       Ende, um sie zu verbreiten. Jüngst hat das Bankhaus Metzler in einer großen
       Sonntagszeitung eine ganzseitige Anzeige geschaltet – und von einer
       Jamaika-Koalition mehr Engagement für Aktien zur Sicherung der Rente
       gefordert. Und wer heutzutage Kapitalismuskritik fordert, wird verspottet.
       So geht es nicht.
       
       Manche SPDler sagen, der Fokus auf Gerechtigkeit reiche nicht. Dafür gehe
       es den Deutschen zu gut. 
       
       Gerechtigkeit ist nicht das falsche Thema. Solche Thesen halte ich für
       dummes Zeug. Jedes Politikfeld lässt sich auf Gerechtigkeit runterbrechen,
       das ist der historische Auftrag der SPD. Ob es um bezahlbare Wohnungen
       geht, um die Altersvorsorge oder um die Digitalisierung, die alle Menschen
       betrifft.
       
       Olaf Scholz fordert einen Mindestlohn von 12 Euro. Damit alle, die ihn
       beziehen, im Alter nicht auf Hilfen angewiesen sind. Das müsste Sie freuen,
       oder? 
       
       Jeder muss vom Ertrag seiner Arbeit gut leben können. Das gilt auch für den
       Fall, dass er krank wird oder in Rente geht. Der aktuelle Mindestlohn von
       8,84 Euro pro Stunde wird diesem Anspruch nicht gerecht. Es ist deshalb
       richtig, eine Vision zu entwickeln. Aber ich wundere mich schon ein
       bisschen über den Zeitpunkt der Forderung. Warum macht Olaf Scholz jetzt
       diese Diskussion auf?
       
       Weil er sich selbst für den besseren SPD-Chef hält – und Schulz an den
       Karren fahren will? 
       
       Diese Unterstellung teile ich nicht. Ich weise nur darauf hin, dass der
       Mindestlohn von einer Kommission regelmäßig neu festgelegt wird, hat ja
       einen Grund. Auf diese Struktur haben sich SPD und Union bei der Einführung
       geeinigt. Das sollte man bei Vorschlägen bedenken.
       
       Muss die SPD, die sich neu aufstellen will, linker werden? 
       
       In der Mitte, wo sich alle drängeln, ist es recht eng. Deshalb bin ich der
       Überzeugung: Die SPD ist eine linke Volkspartei und muss diesen Anspruch
       klar vertreten. Im Wahlkampf hatten wir mehrere Probleme, zum Beispiel
       keine glaubwürdige Machtoption. Entscheidend war aber auch, dass die SPD zu
       verkopft wirkte. Wir müssen für die Sache brennen, Lust und Leidenschaft
       ausstrahlen. Der Funke sprang nicht über.
       
       Die SPD-Führung im Bund besteht vor allem aus Männern. Es gibt Schulz,
       einen Generalsekretär, einen Fraktionsgeschäftsführer und
       Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann. Steht dieses Tableau für
       Erneuerung? 
       
       Sie vergessen die Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles. Dass zum ersten Mal
       überhaupt eine Frau an der Spitze der Bundestagsfraktion sitzt, ist ein
       wichtiges Signal. Aber natürlich müssen die Personen zu der Ansage passen,
       die Partei werde weiblicher und jünger. Außerdem kann man nicht mit
       Hardcore-Agenda-Befürwortern linkere Politik machen. So nachvollziehbar
       Entscheidungen im Einzelfall sind: Ich habe schon den Eindruck, dass das
       Gesamttableau zu wenig im Blick gehalten wurde. Ich würde mich freuen, wenn
       zum Beispiel Johanna Uekermann, die ehemalige Juso-Vorsitzende, in Zukunft
       eine wichtigere Rolle spielte. Dass die Jusos für sie einen Platz im
       Parteivorstand fordern, ist richtig.
       
       7 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
       
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