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       # taz.de -- Petition der Woche: Bluten für Deutschland
       
       > Frauen haben keine Lobby. Anders ist nicht zu erklären, dass auf Tampons
       > und Binden 19 Prozent Mehrwertsteuer zu zahlen sind. Weg damit!
       
   IMG Bild: Frankreich senkte die Steuer zuletzt von 20 auf 5,5 Prozent
       
       Luxus oder lebensnotwendig? 19 oder 7? Es könnte ein Vorabendquiz im
       Fernsehen sein: Den KandidatInnen werden Produkte präsentiert, sie müssen
       diskutieren und raten, ob dafür 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig sind oder
       7. Ob es sich um Grundbedarf handelt oder um Luxus. Und ständig gäbe es
       „Ohhs“ und „Ahhs“ und „Das gibt’s ja nicht“.
       
       Denn es gibt unzählige Produkte und Dienstleistungen, die dem ermäßigten
       Steuersatz unterliegen. Eingeführt wurde der 1968, um „bestimmte Güter des
       lebensnotwendigen Bedarfs“ zu verbilligen. Doch die Liste der Ausnahmen ist
       gewachsen – weit über den lebensnotwendigen Bereich hinaus: Schnittblumen,
       Hotelübernachtungen, Katzenfutter, Rennpferde, Skiliftfahrten.
       
       Oft setzten das Lobbyisten, durch (Lieblingsargument: „der internationale
       Wettbewerb!“). Frauen haben – trotz ihres hohen Bevölkerungsanteils
       verglichen mit Hoteliers und Floristen – keine derart wirkmächtige Lobby.
       Anders ist nicht zu erklären, dass auf Damenhygieneartikel wie Tampons und
       Binden 19 Prozent Mehrwertsteuer zu zahlen sind.
       
       Seit einigen Jahren kämpfen AktivistInnen weltweit für die Abschaffung der
       im englischen Sprachraum als „tampon tax“ beschriebenen Ungerechtigkeit. In
       Deutschland gab es mehrere Petitionen. Geschehen ist bislang nichts.
       
       Helena Serbent startete vergangene Woche einen neuen Anlauf. Unter dem
       Hashtag #BloodyLuxuryTax fordert sie einen ermäßigten Steuersatz auf
       Damenhygieneprodukte und hat eine Petition aufgesetzt. Sie ist 25, lebt in
       Berlin und beschäftigt sich mit feministischen Themen. „Während des
       Studiums wurde am Ende des Monats oft das Geld knapp. Wenn ich dann noch
       meine Tage bekam, bin ich schon mal zu meiner Mutter gegangen und habe um
       Geld gebeten“, sagt sie. Dabei sei sie noch privilegiert. Obdachlose etwa
       und Frauen mit Hartz IV belasteten die hohen Preise für Tampons und Binden
       viel stärker.
       
       ## In Deutschland tut sich nichts
       
       Auf ihrer [1][Kampagnenseite] zeigt Serbent Fotos von Frauen in Unterwäsche
       mit Sprüchen wie „Ich blute für mein Land“ und „Ich blute. Deutschland
       profitiert“. Außerdem lässt sich berechnen, dass zum Beispiel eine
       45-jährige Frau bislang rund 7.200 Euro für ihre Periode gezahlt hat, davon
       1.350 Euro Steuern.
       
       Deutschland ist neben Schweden das einzige EU-Land, das auf
       Damenhygieneprodukte derart hohe Steuern nimmt. In Großbritannien begann
       die Diskussion um die „tampon tax“ 2015 mit einer Petition, die 300.000
       UnterstützerInnen fand, war Thema im Parlament und auf einem EU-Gipfel.
       Frankreich senkte die Steuer zuletzt von 20 auf 5,5 Prozent. Kanada strich
       die Steuer 2015, sechs Monate nachdem eine Kampagne von Feministinnen
       gestartet wurde.
       
       In Deutschland hingegen tut sich nichts. Schon früher wurde immer wieder
       eine Reform des Mehrwertsteuersystems angedacht. FDP-Parteichef Christian
       Lindner regte zuletzt eine überparteiliche Kommission an. „Sie sollten
       einen Vorschlag machen für ein faires Mehrwertsteuersystem, das von seinen
       Widersprüchen befreit ist.“ Die Grünen sehen das ähnlich: „Wir wollen
       darüber reden, wie man Ausnahmen abbaut. Solange das aber nicht in Sicht
       ist, geht die Welt nicht unter, wenn wir auch Damenhygieneprodukte
       begünstigen“, sagt Grünen-Steuerexpertin Lisa Paus. Die Initiative sei
       deshalb richtig, weil sie ein sehr gutes Symbol sei, um auf
       geschlechterungerechte Besteuerung hinzuweisen, die auch in anderen
       Bereichen vorherrsche. „Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass eine
       Reform der Mehrwertsteuer Topthema in den Sondierungen ist.“
       
       11 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://bloodyluxurytax.de/index_de.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Paul Wrusch
       
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