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       # taz.de -- Kommentar G20-Prozesse in Hamburg: Bluten für die anderen
       
       > Wegen einer Taucherbrille verurteilt: Die Strafen für zwei Menschen, die
       > am Rand der G20-Krawalle festgenommen wurden, sind lächerlich.
       
   IMG Bild: Dort wurden Gefangene über Stunden ohne Kontakt zu Anwälten festgehalten: Polizisten vor der „Gesa“
       
       Eine „harte Bestrafung der Täter“, die an den Ausschreitungen zum
       G20-Protest Schuld sind, hat Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD)
       gleich mehrfach öffentlich gefordert. Jetzt bekommt er sie: Die Gerichte
       liefern wie bestellt. Die beiden Haftstrafen, die bei den Verfahren gegen
       G20-Gegner [1][am Montag] und Dienstag verhängt wurden, sollen Exempel
       statuieren: „Wer sich an den Ausschreitungen beteiligt hat, geht in den
       Knast.“
       
       Dabei haben sich die beiden Verurteilten, der 21-jährige Peike S. und der
       24-jährige Stanislaw B., wahrscheinlich gar nicht an den Ausschreitungen
       beteiligt. S. sogar ganz sicher nicht – er wurde am Donnerstagabend
       festgenommen, saß also in Untersuchungshaft, als es zu den Krawallen im
       Schanzenviertel kam. Trotzdem wurde er explizit für die
       „bürgerkriegsähnlichen Zustände“ verantwortlich gemacht, die er aus der
       U-Haft verfolgen konnte. Das ist Hohn und Spott für ein Justizsystem, das
       individuelle Strafen für individuell nachweisbare Taten zur Prämisse hat.
       
       B. könnte theoretisch dabei gewesen sein – nur gibt es dafür keine
       Indizien. Ihm wird etwas ganz anderes zur Last gelegt: Er wurde mehr als
       eine Stunde vor Beginn der friedlichen Großdemo „Grenzenlose Solidarität“
       in 2,4 Kilometer Entfernung vom Startpunkt festgenommen, weil er Sachen
       dabei hatte, die man auf einer Demo nicht dabei haben darf:
       [2][Pfefferspray, Böller und eine Taucherbrille]. Das ist ein lächerlicher
       Vorwurf für eine Haftstrafe.
       
       Die Richter argumentierten jedoch in beiden Fällen, man müsse den
       „generalpräventiven Aspekt“ bedenken. Das heißt: Man muss Leute
       abschrecken, Straftaten zu begehen. Sie geben damit zu, dass das Gericht
       die Freiheit zweier Menschen opfert, um andere zu belehren. Wie kann das
       mit dem Rechtsstaat vereinbar sein?
       
       Hier werden Menschen in Sippenhaft genommen, indem sie für etwas bestraft
       werden, das andere getan haben. Die Richter nehmen, was sie kriegen können.
       Die, die randaliert haben, hat die Polizei nicht gekriegt. Für dieses
       Versagen müssen jetzt andere bluten.
       
       30 Aug 2017
       
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