URI:
       # taz.de -- Hannoversche Vereinskultur: Neue Fans unerwünscht
       
       > Hannover 96 sucht eigentlich immer neue Mitglieder. Es sei denn, sie
       > stehen der Vereinsführung um Klubchef Martin Kind kritisch gegenüber.
       > Dann werden sie abgelehnt.
       
   IMG Bild: Keine Lust auf Fans: Hannover 96 gebart sich gegenüber potentiellen Mitgliedern sonderbar
       
       Hannover taz | Eigentlich ist Hannover 96 ein beliebter Sportverein. Gerade
       wieder aufgestiegen in die 1. Fußball-Bundesliga, in der Summe von 20.200
       Mitgliedern getragen. Und ob jetzt dem Erfolg geschuldet oder nicht,
       bekommt offenbar so mancher Lust, dem Verein beizutreten.
       
       Dummerweise steht Hannover 96 derzeit aber als jener Verein in die
       Schlagzeilen, der willkürlich über seine Zusammensetzung entscheidet. 119
       Anträge auf eine Mitgliedschaft sind abgelehnt worden. Der dicke Stapel
       Papier Anträge war Ende Mai der Geschäftsstelle abgegeben worden. Lange
       mussten die Antragsteller auf eine Antwort warten. Ende dieser Woche kam
       sie, mit einem herzlichen „Nein, Danke“. Eine Begründung dafür, warum alle
       119 Anträge abgelehnt wurden, steht immer noch aus.
       
       Geworben wurden die Fans Ende der abgeschlossenen Saison von der
       Interessengemeinschaft „Pro Verein 1896“. Die hat sich auf die Fahnen
       geschrieben, Hannover 96 gut zu finden und Klubchef Martin Kind kritisch zu
       begleiten. Kind, der Hannover 96 als resoluter Entscheider, Geldgeber und
       Ehrenamtlicher lenkt, macht sich mit seiner Art nicht immer nur Freunde.
       Ein Sprecher von „Pro Verein 1896“, der nicht namentlich genannt werden
       möchte, sagt: „Der Verein wirbt ja auch um neue Mitglieder. Da unterstützen
       wir ihn gerne.“
       
       Tatsächlich dürfte es auch darum gehen, die Zahl der Kind-Kritiker zu
       erhöhen. Mit einzeln abgegebenen Anträgen wäre es einfacher gewesen, dieses
       Ziel zu erreichen. Jetzt aber ist der Verein sensibilisiert und macht, um
       es noch einigermaßen nett zu formulieren, an der Grenze der Belastbarkeit
       des Vereinsrechts von seinem Hausrecht Gebrauch. Es darf vermutet werden,
       dass die Vereinsführung eine stärker werdende Opposition fürchtet.
       
       Warum bloß bekommt Kind, der Hannover 96 in den vergangenen 20 Jahren mit
       viel Mühe und Geld aufgepäppelt hat, so viel Gegenwind? Weil er die
       Trennung zwischen normalem Sportverein und millionenschwerem Profigeschäft
       vorantreibt, ohne sich dabei genauer in die Karten schauen zu lassen. Kind
       möchte erreichen, dass die aktuellen und künftigen Investoren von Hannover
       96 mehr Einfluss bekommen. Seine Kritiker wollen verhindern, dass ihr
       geliebter Verein verkauft oder in die falschen Hände geraten kann.
       
       An der 50+1-Regel, die die deutschen Profivereine bisher vor dem zu starken
       Einfluss von Geldgebern schützt, scheiden sich die Geister. Kind will sie
       ausrangieren. Seine Gegner möchten sie erhalten. Um ihn theoretisch noch
       stoppen zu können, werden bei der nächsten Jahreshauptversammlung von
       Hannover 96 sehr viele gut informierte Mitglieder nötig sein. Angeblich
       versuchen derzeit nach den 119 unerwünschten Antragstellern viele weitere,
       sich dem Verein anzuschließen, scheitern aber ebenfalls mit ihren Anträgen
       auf Mitgliedschaft. Die Pressestelle von 96 bestreitet tapfer, dass es
       weitere Ablehnungen gegeben hat.
       
       Wozu so bockig? Wieso dieses hohe Maß an Vorverurteilungen gegenüber
       potenziellen Mitgliedern? Antworten auf solche Fragen gibt Hannover 96
       nicht. Kind lässt nur ausrichten, dass der Vorstand ganz im Sinne des
       Vereins handele. Von Rückfragen sei bitteschön abzusehen. Wer so merkwürdig
       agiert, lädt den nächsten Ärger förmlich zu einem Gastspiel ein. „Pro
       Verein 1896“ und der Fanbeirat von Hannover 96 fordern den Verein zu einer
       Stellungnahme auf.
       
       Die Stimmung zwischen dem harten Kern der Fans und der Vereinsführung
       bleibt stark belastet. Es steht zu befürchten, dass in den nächsten Wochen
       mehr geklagt als miteinander gesprochen wird. „Die Ablehnung der 119
       Anträge ist aus meiner Sicht nicht rechtmäßig“, sagt Andreas Hüttl. Er ist
       96-Mitglied und als ein in der Fanszene geschätzter Anwalt tätig. Hüttl
       bemängelt, dass die Vereinsführung von Hannover 96 ein gleichberechtigtes
       Nebeneinander von unterschiedlichen Meinungen schlichtweg nicht zulasse.
       
       9 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Otto
       
       ## TAGS
       
   DIR Hannover 96
   DIR Fußballvereine
   DIR Fußballfans
   DIR Fußball
   DIR Fankultur
   DIR Fußball
   DIR Hannover 96
   DIR 50+1-Regel
   DIR Eintracht Braunschweig
   DIR Hannover 96
   DIR Fußball
   DIR DFL
   DIR Gewalt
   DIR Entwicklungszusammenarbeit
   DIR 50+1-Regel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Streit bei Hannover 96: Wenn Fußball-Fans schweigen
       
       Die Fronten zwischen den Ultras und dem Präsidium von Hannover 96 sind
       verhärteter denn je. Trotz des sportlichen Erfolgs versagen die Fans den
       Spielern die Unterstützung.
       
   DIR Widerstand bei Hannover 96: „Das ist zu viel unkritische Dankbarkeit“
       
       Vereinsboss Martin Kind will, dass im Profibereich Investoren das Sagen
       haben. Robin Krakau von der Interessenvertretung Pro Verein 1896 wirft dem
       Chef vor, Hannover 96 zu verramschen.
       
   DIR Übernahme von Hannover 96: Mitglieder klagen gegen Martin Kind
       
       Der Präsident vom Fußballclub Hannover 96 versucht mit allen Mitteln, den
       Profiklub zu übernehmen. Exkanzler Schröder unterstützt ihn dabei.
       
   DIR Razzien in Braunschweig und Hannover: Ultras wehren sich
       
       Die Polizei durchsuchte 101 Wohnungen von Fußballfans in Hannover und
       Braunschweig. Dagegen wollen die Betroffenen juristisch vorgehen.
       
   DIR Ultras in Braunschweig: Die unerwünschten Störenfriede
       
       Die linken Ultras sind in Braunschweig letztlich am Kampf gegen rechts
       zerbrochen. Der Verein sagt aber, es habe nie ein Problem mit einer rechten
       Szene gegeben.
       
   DIR Kolumne Pressschlag: Heiß, heißer, am heißesten
       
       Wenn ausnahmsweise in der Bundesliga mal nicht Fußball gespielt wird, dreht
       sich das Wechselkarussell. Und wie! Ein schwindeliger Überblick.
       
   DIR Kommentar Polizeikosten im Fußball: Der Staat spielt mit
       
       Der Fußball tut doch längst alles, um Problemfans Probleme zu bereiten. Was
       soll also dieses seltsame Einklagen von Geld?
       
   DIR Gericht gibt Deutscher Fußball Liga Recht: Bremen bleibt auf Fußball-Kosten sitzen
       
       Bremen kann Kosten von Polizeieinsätzen für Risikospiele nicht dem
       Deutschen Deutschen Fußball Liga (DFL) in Rechnung stellen. Das entschied
       das Verwaltungsgericht.
       
   DIR Trainer und Globetrotter Michael Krüger: „Unsere Arbeit wird belächelt“
       
       Der Kandidat für den Titel „Deutscher Fußballbotschafter 2017“ Michael
       Krüger, erklärt, wie man als Trainer im Ausland nicht Schiffbruch erleidet.
       
   DIR Kommerzialisierung des Profi-Fußballs: Hannover öffnet neuem Geld die Tür
       
       Klub-Chef Martin Kind will Hannover 96 von der 50+1-Regel lösen und den Weg
       für Investoren frei machen. Dagegen gibt es Protest.