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       # taz.de -- Kommentar Neuerung des Pressekodex': Eine Information, die nicht weiterhilft
       
       > Das Wissen um die Herkunft Tatverdächtiger ist überflüssig. Sie nährt nur
       > Vorverurteilungen, die besonders häufig People of Colour treffen.
       
   IMG Bild: In Köln hielt die Polizei an Silvester viele Männer stundenlang wegen äußerlicher Merkmale fest
       
       Das Leben der Royals interessiert viele Menschen. Sie alle haben Gründe für
       ihr Interesse. Trotzdem veröffentlicht niemand unvorteilhafte Videos aus
       dem Kreißsaal, wenn Kate Kinder kriegt. Begründetes öffentliches Interesse
       besteht an allen möglichen Themen. Es rechtfertigt nicht immer, dass
       berichtet wird oder wie berichtet wird.
       
       Dennoch [1][erlaubt der Presserat ab sofort,] bei Straftaten die Herkunft
       der Tatverdächtigen zu erwähnen, wenn Journalist*innen meinen, dass es ein
       „begründetes öffentliches Interesse“ gibt.
       
       Wozu soll das gut sein? Die Information, wo mutmaßliche Täter*innen geboren
       wurden, hilft niemandem weiter. Wer sie häufig liest, sieht oder hört,
       verknüpft Herkunft und Kriminalität miteinander. Mediennutzer*innen sind es
       gewohnt, dass Informationen im Bericht vorkommen, weil sie beim Verständnis
       der Tat helfen.
       
       Der (falsche) Eindruck, dass die meisten Straftaten von Menschen anderer
       Abstammung begangen werden, entsteht dadurch, dass Nationalitäten meist
       eben nicht erwähnt werden. Wenn bei verdächtigen Personen ihr „deutsches
       Aussehen“ nicht erwähnt wird, dann geraten Angehöriger bestimmter Gruppen,
       bei denen ihr Andersaussehen stets Thema ist, unter Generalverdacht. Die
       rechtspopulistische Forderung, sie alle abzuschieben, lauert gleich um die
       Ecke.
       
       Hinzu kommt, dass die entscheidenden Wörter „tatverdächtig“, „mutmaßlich“
       und „verurteilt“ schnell überlesen werden. Dabei werden zum Beispiel People
       of Color häufiger zu Unrecht verdächtigt. Schon jetzt sind sie im
       Polizeibericht überrepräsentiert.
       
       Selbst bei gesicherten Täter*innen ist es fragwürdig, sich auf persönliche
       Merkmale zu konzentrieren: Immer mehr Berichte über Kriminalität geraten zu
       Porträts der Kriminellen. Dabei sollten eigentlich nicht sie im Vordergrund
       stehen, sondern das, was passiert ist – und die Menschen, die unter der Tat
       leiden.
       
       23 Mar 2017
       
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