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       # taz.de -- Elfmeterschießen beim Fußball: Probleme vom Punkt
       
       > In der Bundesliga wollen die Elfer oft nicht glücken. Kein Zufall, meint
       > ein Sportwissenschaftler. Die Fußballspieler müssten sich besser
       > vorbereiten.
       
   IMG Bild: Februar 2017, Eintracht gegen Ingoldstadt: Frankfurts Makoto Hasebe (li) kommt an Torwart Martin Hansen nicht vorbei
       
       Nun also auch noch Paul Verhaegh. Dabei war eigentlich alles wie immer für
       Augsburgs Kapitän. Ball genommen, hingelegt. Strammer Anlauf, scharfer
       Schuss. Und dann? Schalkes Schlussmann Ralf Fährmann wehrte den Ball ab.
       Verhaegh hatte sich eingereiht in die immer länger werdende Liste der
       Versager vom Punkt.
       
       Statt 1:2 hieß es alsbald 0:3. Der Fehlschuss des sonst so sicheren
       Schützen (17 Versuche, 15 Tore) fügt sich ein ins schlechte Bild, das die
       Bundesliga derzeit bietet. Nach 24 Spieltagen haben 21 von 63 Elfmetern
       nicht zu einem Tor geführt. Jeder dritte Strafstoß wird vergeben. Eine
       miserable Quote.
       
       Viel fehlt nicht mehr, und die Bundesliga-Profis unterbieten noch die
       Negativ-Rekordsaison 1979/1980, in der 35 von 94 Elfmetern versiebt wurden.
       Legt man langjährige Statistiken auf internationaler Ebene zugrunde,
       müssten drei von vier Elfmetern zu einem Tor führen.
       
       „Die aktuelle Situation ist eine Folge der besseren und vermehrten
       Vorbereitung der Torhüter“, sagt Georg Froese. „Es wurde ein brachliegendes
       Potenzial erkannt, das durch detaillierteres Statistik- und Videomaterial
       ausgeschöpft wird, während die Schützenseite nicht reagiert hat.“ Der
       Sportwissenschaftler der Uni Heidelberg hat mit seiner Dissertation
       „Sportpsychologische Einflussfaktoren der Leistung von Elfmeterschützen“
       vor vier Jahren den Wissenschaftspreis des Deutschen Fußball-Bundes
       gewonnen – und sieht durch diese Spielzeit seine Thesen bestätigt.
       
       ## Zufall spielt mit
       
       Schon 15 Mal fausteten oder fingerten die Erstliga-Keeper die
       Kunststoffkugel aus der antizipierten Ecke – oder hielten sie, wie am
       Freitagabend der Bremer Felix Wiedwald, gleich fest. Der bislang nicht als
       Elfmetertöter aufgefallene Werder-Tormann erzählte in der Leverkusener
       Arena freimütig, er habe es beim missglückten Versuch von Ömer Toprak
       „anders gemacht“ als vorher, denn: „Zuletzt bin ich immer in die Ecke
       gegangen, die auf meiner Elfmeterliste stand, und habe nicht gehalten.“
       
       Laut Froese verlassen sich viele Profitorhüter durchgängig auf
       wissenschaftlich erhobene Daten: „Dafür sind verschiedene Systeme auf dem
       Markt.“ Der Torwart (oder Torwarttrainer) habe häufig auf dem Laptop oder
       dem Smartphone umfangreiche Profile angelegt. Derjenige, der zur Ausführung
       antritt, überlässt hingegen immer noch „vieles dem Zufall“, wie der Experte
       kritisiert.
       
       Der ehemalige Spieler von Union Berlin musste nach dem Elfmeterdrama beim
       EM-Viertelfinale Deutschland gegen Italien im vergangenen Jahr feststellen,
       dass selbst deutsche Nationalspieler in dieser Hinsicht schlecht geschult
       sind. „Mats Hummels hat beispielsweise bekannt, dass er vor der Ausführung
       mehrfach hin und her überlegt habe. Das zeigt, dass er auf diese
       Ausnahmesituation nicht richtig vorbereitet war.“ Motto: wird schon
       irgendwie gut gehen. Tut es aber nicht.
       
       ## Schiss vorm Schießen
       
       Unrühmliches Schlusslicht im Elfmeter-Ranking ist derzeit Bayer Leverkusen:
       Nur ein einziger von sechs Elfmetern saß. Auch Eintracht Frankfurt und
       Borussia Mönchengladbach (je einer von vier) weisen peinliche Werte auf.
       Ist es denn so schwer, in ein 7,32 mal 2,44 Meter großes Gehäuse zu
       treffen? Eigentlich nicht, erklärt der Sportpsychologe, wenn Trainer die
       Schützen nach ihrer Rolle und Persönlichkeit auswählen und auch bestimmen
       würden.
       
       Als Schlüsselmerkmale gelten neben der Schusstechnik die sogenannte
       Wettkampfängstlichkeit und Wahrnehmungsfähigkeit, die etwa ermöglicht, den
       Torwart auszugucken. Überdies lasse sich die Exekution simuliert werden.
       „Es gibt effektive Möglichkeiten, einen Elfmeter vor Zuschauern oder bei
       Erschöpfung zu simulieren“, so Froese. Es sei ein Totschlagargument,
       Elfmeter ließen sich nicht üben. „Das sind Floskeln von vorgestern.“
       
       Froese empfiehlt „mindestens einmal wöchentlich ein Elfmetertraining“ und
       kann nicht verstehen, dass diese Ressource nicht besser genutzt wird.
       „Schießt ein Fußballer durch Elfmeter fünf Tore mehr, steigert das den
       Marktwert erheblich.“ Zudem gefährde die Bundesliga einen Ruf, den die
       Nationalmannschaft bei großen Turnieren aufgebaut habe: „Deutsche Spieler
       haben kein besonderes Elfmeter-Gen. Wir setzen gerade einen Mythos aufs
       Spiel.“
       
       14 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Hellmann
       
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