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       # taz.de -- Prozess gegen schwedische Journalisten: Bestrafte Humanität
       
       > Ein Journalist und sein Team halfen einem syrischen Jungen über die
       > Grenze. Nun wurden sie wegen Menschenschmuggel verurteilt.
       
   IMG Bild: Fredrik Önnevall (im Fokus) vor Gericht
       
       Stockholm taz | Frühjahr 2014: Der schwedische Journalist Fredrik Önnevall
       dreht in Athen für eine TV-Serie über wachsenden Nationalismus. Er hat
       Flüchtlinge auf der Balkanroute getroffen. Die Kamera läuft. Abed, 14 Jahre
       alt aus Syrien, hat von seiner Flucht vor Terror und Krieg erzählt und wie
       er nun in Griechenland festsitzt und nicht weiß, wie es weitergehen soll.
       Er kann die Tränen kaum unterdrücken. Und dann kommt die Frage: „Can you
       take me with you?“ Kannst du mich mitnehmen?
       
       Einige Monate später wird diese Szene in der Dokumentarserie „Fosterlandet“
       („Vaterland“) in Schwedens öffentlich-rechtlichem Fernsehen SVT
       ausgestrahlt. Der Film zeigt auch, wie Önnevall und sein Team sich
       entschließen, die Rückreise statt wie geplant per Flug mit einem Mietwagen
       anzutreten. Und mit Abed. Über Italien, Österreich, Deutschland und
       Dänemark bringen sie den Jungen nach Schweden. Unmittelbar nach der
       Ausstrahlung des Films zeigt eine Privatperson Önnevall wegen
       Menschenschmuggel an.
       
       „Eine gemeinschaftliche, vorsätzliche und strafbare Handlung, mit der einer
       Person illegal ins Land geholfen wurde“, entschied am Donnerstag ein
       Gericht im südschwedischen Malmö. Mildernde Umstände gebe es nicht. Der
       Journalist, sein Kameramann Clas Elofsson und Dolmetscher Hanin Shakrah
       wurden zu je zwei Monaten Haft verurteilt. Die gelten als abgegolten, wenn
       die Verurteilten jeweils 75 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.
       
       Es gab in Schweden in den letzten Monaten mehrere Verurteilungen wegen
       Menschenschmuggel gegen Privatpersonen, die Flüchtlingen über die Grenze
       geholfen hatten. Noch eifriger als die schwedische war die dänische Justiz
       mit gleich mehr als 300 solcher Verfahren.
       
       ## Berichten oder handeln?
       
       Önnevall sei nicht zum ersten Mal in eine solche Situation geraten, „wo du
       dich entscheiden musst, ob du berichtest oder handelst“. Er habe sich immer
       für das Berichten entschieden. Doch dieses Mal nicht. „Soll ich einen
       moralischen Kompass als Mitmensch und einen anderen als Journalist haben?
       Das funktioniert nicht.“
       
       Vor Gericht sagte er: „Wir hatten keine andere Wahl und ich bereue keine
       Sekunde, was wir getan haben.“ Diesen Satz wiederholt Önnevall auch am
       Donnerstag nach ergangenem Urteil. Und fügt hinzu: „Ich hatte gehofft, dass
       es mit unserem Rechtssystem vereinbar sein würde, einem Kind in einer
       Notsituation zu helfen.“
       
       Gegen das Urteil will er Berufung einlegen. Die Vorsitzende des Gerichts
       erklärte, sie hoffe ebenfalls, dass eine höhere Instanz eine
       Grundsatzentscheidung treffen werde: „Ich sah angesichts der Gesetzeslage
       jedenfalls keine Möglichkeit, anders zu urteilen.“
       
       Und Abed? Der wurde zwischenzeitlich als Flüchtling anerkannt, konnte seine
       Familie aus Syrien nach Schweden nachholen, wie er als Zeuge vor Gericht
       erzählt. Er besucht derzeit ein Gymnasium und will die ganze Geschichte
       „endlich vergessen und nach vorne schauen“.
       
       9 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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