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       # taz.de -- Krise bei Kaiser’s Tengelmann: Innovation allein reicht nicht
       
       > Die Supermarktkette hat sich frühzeitig auf moderne Kundenwünsche
       > eingerichtet. Wieso ist sie dennoch nicht profitabel?
       
   IMG Bild: Wohin geht die Reise der Tengelmann-Kaffeekannen?
       
       Berlin taz | Dass Kaiser’s Tengelmann [1][in die Krise gerutscht ist], ist
       eigentlich erstaunlich. Denn das Unternehmen machte den Kunden moderne
       Angebote – teilweise früher als die Konkurrenz.
       
       So wählt das Unternehmen seit Jahrzehnten Produkte nach ethischen Kriterien
       aus. Schildkrötensuppe verkaufte die Lebensmittelkette beispielsweise seit
       1984 nicht mehr. Die Tierart sei bedroht, hieß es zur Begründung. 1986
       etablierte Tengelmann die Eigenmarke Naturkind, unter der man heute
       Biomilch und weitere -produkte vertreibt. Mittlerweile ist das Ökosortiment
       so umfangreich, dass auch bewusste Konsumenten nicht in einen Biosupermarkt
       wechseln müssen.
       
       Nicht wenige der Kaiser’s-Filialen sind zudem großzügig eingerichtet und
       bieten viel Platz zum Einkaufswagenmanövrieren. Die Produkte in den Theken
       für frisches Obst, Gemüse, Käse und Wurst erfüllen auch die gehobenen
       Ansprüche urbaner Hipster. Wenn Discounter neuerdings versuchen, ihren
       Geschäften Lebensqualität einzuhauchen, hat Kaiser’s Tengelmann diesen
       Schritt schon hinter sich. Selbst Konsumenten, die keine Lust mehr zum Gang
       ins Geschäft haben, kommen mit dem Unternehmen zurecht: In Berlin und
       München liefern Lkws online bestellte Lebensmittel nach Hause.
       
       An Innovationskraft scheint es also nicht zu fehlen. „Im Sortiment oder der
       Preisstruktur liegen die Gründe für die Verluste bei Kaiser’s nicht“, sagt
       Gerrit Heinemann, Professor für Einzelhandel an der Hochschule Niederrhein
       in Mönchengladbach. Woran hat es dann gehakt?
       
       „Die Lebensmittelkette ist zu klein, weist zu hohe Fixkosten im Verhältnis
       zum Umsatz auf und kann deshalb nicht rentabel arbeiten“, so Heinemann.
       Unter dem Logo mit der lachenden Kaffeekanne gibt es noch rund 400
       Geschäfte mit einem Jahresumsatz von knapp 2 Milliarden Euro. Zum
       Vergleich: Marktführer Edeka erwirtschaftete 2015 einen Gesamtumsatz von
       nahezu 50 Milliarden Euro.
       
       ## Hohe Fixkosten, zu geringer Umsatz
       
       Wer bundesweit in dieser Liga mitspielen will, muss sich warm anziehen.
       „Unterhalb einer Schwelle von rund 20 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr lässt
       sich Lebensmitteleinzelhandel heute in Deutschland kaum rentabel
       betreiben“, sagt Heinemann. Denn auch Kaiser’s Tengelmann muss hohe Kosten
       für die zentralen Funktionen wie Einkauf, Vertrieb, EDV und Logistik
       stemmen. Ihnen steht aber nur ein vergleichsweise geringer Umsatz
       gegenüber.
       
       Angesichts der Größenverhältnisse und der harten Konkurrenz war Karl-Erivan
       Haub, Geschäftsführer der Tengelmann-Gruppe, dem Mutterkonzern von Kaiser's
       Tengelmann, bereits um die Jahrtausendwende klar, dass er sich aus dem
       Lebensmitteleinzelhandel zurückziehen wollte. Nach und nach verkaufte er
       Geschäfte.
       
       Haub und seine Familie gehören laut Forbes-Liste zu den reichsten Menschen
       weltweit. Warum hat er sich nicht entschieden, im Lebensmittelmarkt
       weiterzuwachsen und die kritische Größe zu erreichen? Laut Geschäftsbericht
       hielt Haubs Unternehmensgruppe im Jahr 2015 Beteiligungen an 77 Firmen.
       Zusammen erreichen sie einen Jahresumsatz von 27 Milliarden Euro.
       
       Kaiser’s ist nur eines von vielen Geschäftsfeldern und für Gewinnsteigerung
       einfach nicht interessant genug. Denn andere sind erheblich profitabler –
       etwa die Baumärkte von Obi, der Textildiscounter KiK und die
       Immobilieninvestments.
       
       6 Oct 2016
       
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